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Ruf Der Tiefe

Ruf Der Tiefe

Titel: Ruf Der Tiefe
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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Wasser sind wir fast immer zusammen.«
    Er sah, dass sie das komisch fand. Oder es sich jedenfalls nicht richtig vorstellen konnte. »Ist das so was wie dein Haustier?«
    Entsetzt schüttelte Leon den Kopf. »Nein, nein, wir sind Partner.« Er zögerte. Durfte er ihr überhaupt davon erzählen? So richtig viel Wert legte der Konzern nicht darauf, dass sich das mit den Mensch-Tier-Partnerschaften herumsprach, solange alles noch ein Experiment war. Aber es hatte ihn auch niemand von der ARAC ausdrücklich gebeten, den Mund zu halten. »Wir helfen uns gegenseitig. Im Meer ist das eine Menge wert.«
    Das Mädchen spähte neugierig nach draußen. »Wie heißt dein Krake? Und wo ist er jetzt? Ich sehe ihn gar nicht …«
    Lucy hatte sich selbst einen Namen gegeben, doch diesen Namen auszusprechen hatte Leon noch nie geschafft, er war auch mehr ein fremdartiges Gefühl oder ein Bild als ein tatsächliches Wort. Deswegen hatten sie sich auf »Lucy« geeinigt, und das war auch der Name, den er jetzt Carima nannte. »Es ist ein Weibchen. Deshalb sage ich auch lieber die Krake. Sie ist hier hinter uns«, fügte er hinzu und deutete auf eine Stelle der Außenhülle.
    »Aber wird sie denn nicht weggespült, wenn wir so schnell fahren?«
    Leon musste unwillkürlich lächeln. »An ihren Armen sind ziemlich große Saugnäpfe. Sie gegen ihren Willen abzureißen, wenn sie sich an einer glatten Fläche festklammert, schafft man nicht mal mit einem Brecheisen.«
    Das Mädchen gab auf, nach Lucy Ausschau zu halten, und drehte sich wieder zu ihm um. »Sag mal, wie alt bist du eigentlich?«
    »Sechzehn«, erwiderte Leon und hoffte, dass die Fragestunde allmählich beendet war.
    »Wow, nur ein Jahr älter als ich«, meinte das Mädchen und schien irgendwie beeindruckt.
    Zum Glück kamen in diesem Moment ein paar handtellergroße rote Atolla-Quallen in Sicht, keine Armlänge waren sie vom Tauchboot entfernt und versuchten sich unruhig pulsierend davon zu entfernen. Staunend glotzten die beiden Besucherinnen nach draußen. Natürlich schaltete Patrick sofort die Scheinwerfer des Tauchboots aus: AtollaQuallen, die sich bedroht fühlten, waren ein toller Anblick, sie glitzerten in einem wahren Feuerwerk aus blauen Blitzen. Das lockte Beutegreifer aus der ganzen Umgebung herbei, doch genau das war Sinn der Sache – die Neuankömmlinge würden mit etwas Glück denjenigen verjagen, der die Qualle angegriffen hatte. »Lebende Alarmanlagen« hatte Ellard die Atollas mal genannt.
    Leon hatte schon viele Atolla-Quallen gesehen, und nach einem kurzen Blick wandte er sich der Seitentasche des Sitzes zu, in der normalerweise immer ein paar Müsliriegel oder Traubenzuckerstücke deponiert waren. Na also, da waren sie. Gierig schlang er zwei der Riegel herunter. Es war gut und schön, dass sein Anzug für ihn Plankton aus dem Meer aufbereitete, aber ständig durch einen Schlauch in seiner Armvene ernährt zu werden war nicht wirklich ein Genuss. Außerdem verbannte der Riegel den leicht chemischen Geschmack des Perfluorcarbons aus seinem Mund.
    Eigentlich war er müde, und er wusste, dass ihnen eine lange, eintönige Fahrt zur Station bevorstand. Aber Leon schaffte es nicht, einzuschlafen, während diese Fremden da waren. Sie machten ihn nervös. Schließlich tat er so, als würde er schlafen, und so mussten sie sich mit ihren Fragen an Patrick wenden.
    »Was bringt es eigentlich, mit Flüssigkeit zu tauchen?« Die Stimme des Mädchens. »Ich meine, es geht doch auch prima mit Pressluft, Edelgasen und so …«
    Patrick schnaubte. »Aber nur bis zu einer bestimmten Tiefe, dann ist es aus. Richtig tief, weit unter tausend Meter, kommt man nur mit Flüssigkeit, sonst wird einem durch den Druck die Lunge zerquetscht. Das Problem ist: Eigentlich können nur Kinder richtig gut Flüssigkeit atmen. Schließlich lebt jedes Baby im Bauch der Mutter neun Monate lang praktisch im Wasser und schnauft es ab und zu ein, damit sich die Lunge richtig entwickelt. Jugendliche können dieses Atmen noch lernen, so ein alter Knacker wie ich hätte keine Chance. Aber ich bin ja auch nur ein einfacher U-Boot-Pilot. Wie sagte schon Jean-Jacques Rousseau: ›Der höchste Genuss besteht in der Zufriedenheit mit sich selbst.‹«
    Leon fand, dass Patrick manchmal arg weit heraushängen ließ, dass er Philosophie studiert hatte. Aber es funktionierte auch diesmal.
    »Sie kennen sich in der Philosophie aus?«, fragte die blonde Frau beeindruckt.
    Patrick schlug einen bescheidenen Ton
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