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Ruf Der Tiefe

Ruf Der Tiefe

Titel: Ruf Der Tiefe
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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wirklich schöner Anblick. Und ich als Neuseeländer bin’s kalt und feucht gewohnt. Alles kein Problem.«
    »Das ist aber sehr nett von Ihnen.« Ihre Mutter wirkte erleichtert. Auf dünnen, weichen Überziehschuhen tappten sie und Carima zur Schleuse; auch ihre normalen Schuhe hatten sie nicht mit hinunternehmen dürfen, weil man mit denen im Tauchboot versehentlich gegen einen der hochsensiblen Schalter treten konnte. Carima konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal so dermaßen kalte Füße gehabt hatte. Kein Wunder, dass der Pilot zwei dicke Paar Socken übereinander trug.
    Als Carima ihren Rucksack holte, merkte sie, dass der Junge immer noch schlief. Er sah erschöpft aus. Wie hieß er noch mal? Ach ja, Leon. Als sie ihn vorsichtig weckte, zuckte er vor ihr zurück, als wäre sie dieser gefräßige Fisch, von dem Patrick erzählt hatte. Ohne ein weiteres Wort schob er sich in die Station und verschwand in irgendeinem Gang. Schade, jetzt konnte sie ihn nicht mal fragen, wo seine Krake nun hinschwimmen würde. Sie musste wieder daran denken, wie er in der Schleuse auf den Boden gespuckt hatte. Mann, was für ein Freak. War er überhaupt ein richtiger Mensch?
    Ein paar Minuten später hatten sie sich alle aus dem Tauchboot hinausgezwängt und standen in einem kleinen Vorraum, umgeben von Kunststoffkisten mit kryptischen Beschriftungen, blau lackierten Gasflaschen und anderem Krempel. Carima beäugte alles neugierig, während Patrick sämtliche mitgebrachte Fracht auslud. Dann folgten sie und ihre Mutter Patrick durch einen schmalen Gang, der hinter dem Vorraum begann. In der Luft lag ein metallischer Geruch, und das war kein Wunder, denn nicht nur sämtliche Wände und Türen waren aus beige gestrichenem Metall, sogar der Boden, über den sie tappten, bestand aus geriffeltem Stahl.
    »Was passiert eigentlich, wenn eine dieser Wände ein Leck hat?« Ihre Mutter klang nervös. »Der Druck hier unten …«
    Ja, der Druck. Er war in dieser Tiefe fünfzig Mal höher als in einem Autoreifen. Carima blickte instinktiv zur Decke. Was für ein seltsamer Gedanke, dass jetzt Tausende von Tonnen Wasser – oder waren es Millionen? – auf ihnen lasteten. Auf der Fahrt hier herunter hatte Patrick vergnügt eine leere Plastikflasche in den offenen Sammelkorb des Tauchboots gelegt und sich geweigert, zu verraten, wofür das gut sein sollte. Als sie mit der Marlin in die Tiefe fuhren, war die Flasche nach und nach zerquetscht worden wie von der Faust eines Riesen – der jämmerliche Rest hätte in einen Fingerhut gepasst. Kein sehr beruhigendes Experiment!
    »Ach, keine Sorge, die Außenhülle der Station ist doppelwandig.« Patrick winkte ab. »Wir hatten vor zwei Jahren nur mal einen kleinen Wassereinbruch in den Labors. Zum Glück gab es fast keine Verletzten.«
    »Oh«, murmelte Carima. Anscheinend war das ganz in der Nähe passiert, denn gerade gingen sie an einer Tür vorbei, auf der Laboratory 01/S/BN stand. Die nächste Tür war offen und Carima erhaschte einen Blick auf ein paar Tische mit Geräten, ein Mikroskop und ein paar Aquarien. Dann ging es weiter in einen gebogenen Gang, von dem aus seltsam geformte Türen – runde Öffnungen in der Wand, die erst auf Knöchelhöhe begannen – in die verschiedenen Arme des Seesterns führten.
    Patrick hatte ihren Blick auf die runden Türen bemerkt. »Die nennt man Schotts. Im Notfall können sie alle automatisch geschlossen werden und riegeln jeden Bereich druckdicht ab.« Ein paar Meter weiter kündigte er an: »Da sind wir. In diesem Modul befinden sich fast alle Quartiere.« Er stieg durch das Schott und öffnete eine Tür am Ende des Moduls. »Hier werdet ihr wohnen.«
    Das Zimmer, das er ihnen mit großer Geste präsentierte, wirkte kahl und nicht sehr gemütlich. Es gab darin zwei Kojen, von denen eine gerade an die Wand geklappt war, einen Tisch von der Größe eines Gästehandtuchs – ebenfalls hochklappbar natürlich – und daneben ein fest installiertes Computerterminal. »Ein Gemeinschaftsbad ist gleich nebenan. Lunch gibt’s um 11.30 Uhr drüben in der Messe. Also dann, bis später!« Patrick winkte noch einmal und verschwand wieder im Gang.
    Sie waren allein.
    »Tja, nicht gerade das Waikiki Parc«, sagte ihre Mutter mit einem schiefen Lächeln und ließ sich auf die Koje fallen.
    »Hast du das erwartet?«, sagte Carima, inspizierte die Bettdecke – oje, schrecklich dünn, und dabei wurde ihr nachts so leicht kalt – und musterte dann die
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