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Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33

Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33

Titel: Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33
Autoren: Delacroix Claire
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– hatte Hugues das etwa zu interessieren?
    Sicher nicht. So wurden derlei Verbindungen nun einmal geregelt, insbesondere in kleineren Städten wie dieser hier. Hugues selbst hatte derartigen Bräuchen allerdings noch nie viel abgewinnen können. Er gab sich vielmehr der Hoffnung hin, noch in verhältnismäßig jungen Jahren heiraten und sich ein ungefähr gleichaltriges Eheweib auserwählen zu können.
    Hugues wusste, dass kein Anlass bestand, sich darüber jetzt Gedanken zu machen, weil sein Vater, zwar noch rüstig, nicht ganz gesund war. Und erst recht waren solche Überlegungen an diesem Ort und zu diesem Zeitpunkt völlig unangemessen. Bewusst wich er dem weiblichen Augenpaar aus und ließ noch einmal den Blick über die Versammlung schweifen. Zu seinem Unbehagen stellte er fest, dass seine Offerte doch nicht so ernsthaft in Betracht gezogen wurde, wie er es sich erhofft hatte.
    Verdammtes Weibsbild! Bringt das Frauenzimmer dich doch völlig durcheinander, ausgerechnet jetzt, wo so viel auf dem Spiel steht! Das sah den Weibsleuten ähnlich, dass sie einem mit ihrem Unfug in gewichtige Angelegenheiten hineinpfuschten! Stirnrunzelnd wandte er sich an einen Ratsherrn, der am wenigsten überzeugt wirkte. Ihm trug er mit ganz besonderem Nachdruck noch einmal seine Beweggründe vor, wobei er nur hoffen konnte, dass es noch nicht zu spät war, den Magistrat zum Umdenken zu bewegen.
    Als Sophie schon glaubte, nicht mehr länger warten zu können, wurde die Sitzung des Stadtrats doch endlich geschlossen. Die Stadtväter wirkten zutiefst verstimmt, wenngleich Sophie nicht die leiseste Ahnung hatte, warum. Ganz und gar in die Betrachtung ihres Ritters vertieft, hatte sie vollkommen überhört, was eigentlich erörtert wurde.
    Ach, doch nur Politik, dachte sie abfällig. Sie sah, wie der Ritter dem Bürgermeister noch eine Frage beantwortete, während die übrigen Ratsmitglieder nach und nach die Kirche verließen und sich dabei heftig stritten. Der Bürgermeister quittierte die Antwort des Ritters mit einem bedächtigen Nicken und wandte sich ab, worauf der Ritter mit einem raschen Wink seinen Knappen herbeibeorderte.
    Er will aufbrechen! Beim bloßen Gedanken, er könne womöglich abreisen, ohne ein Wort mit ihr gewechselt zu haben, brach Sophie beinahe der Angstschweiß aus. Traute er sich etwa nicht, sie vor aller Augen anzusprechen? Vor ihrem Vater? Wo aber soll te sie ihn finden, falls er davonritt, ohne ihr zu verraten, wohin? Die Furcht verlieh ihr eine ungewöhnliche Kühnheit, und daher stahl sie sich, als ihr Vater sich gerade mit einem Ratsmitglied unterhielt, heimlich von seiner Seite.
    „Pardon, Milord – auf ein Wort!“
    Ohne sich umzudrehen, wusste Hugues sofort, dass es dieses Frauenzimmer war, das ihn ansprach. Deshalb machte er sich schon darauf gefasst, dass sie ihn wieder auf diese dreiste Weise ansehen würde. Was sie wohl von ihm wollte?
    Er drehte sich um. „Zu Diensten“, erwiderte er mit einer artigen Verbeugung. Als er merkte, dass sie allein vor ihm stand, tat sein Herz einen hektischen Sprung. Rasch schweifte sein Blick durch das inzwischen menschenleere Kirchenschiff. Keine Spur von dem Ehemann, wie Hugues zu seinem wachsenden Entsetzen feststellte. Ob das ein abgekartetes Spiel war? Wollte man ihn als Vertreter der Krone öffentlich blamieren?
    Argwöhnisch musterte er die Frau, doch in ihrer Miene stand keine Arglist. Sie lächelte ihm sogar scheu zu, sodass er verwirrt überlegte, ob sie sich vielleicht einmal begegnet waren und er sich nur nicht an sie erinnern konnte.
    Wieder sah er sie genau an, ob sich wohl ein Hinweis fände, der seinem Erinnerungsvermögen auf die Sprünge helfen würde. Erst jetzt bemerkte er den honiggoldenen Ton ihrer Haut, die schlanke Figur unter dem Gewand, die feingliedrigen Hände, die so gar nicht zu der gesunden Bräune passten, die nur von der Arbeit bei Wind und Wetter herrühren konnte. Als er den Blick wieder zu ihrem Gesicht hob, bemerkte er zwar das energisch gereckte Kinn, auch die Entschlossenheit in den veilchenblauen Augen, doch all das kam ihm nicht im Geringsten bekannt vor.
    „Hatten wir vielleicht schon einmal das Vergnügen?“, fragte er schließlich, als sie stumm blieb. Fast schien es ihm, als müsse sie sich ein Lächeln verkneifen, aber dann schüttelte sie den Kopf, was seine Verwirrung nur noch steigerte.
    „Nein, das nicht“, entgegnete sie schlicht. „Doch wäre es möglicherweise höchste Zeit dafür.“
    Vergebens
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