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Rücksichtslos

Rücksichtslos

Titel: Rücksichtslos
Autoren: Kirsten Slottke
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bin ich eine rauchen gegangen. Dabei geh ich normalerweise immer zuerst zum unteren Schleusentor, dann zum oberen und dann auf die Brücke.“ Er seufzte und blickte Katharina in die Augen, die nichts erwiderte, sondern abwartete, ob er noch weitersprechen würde.
    „ Ich bin halt so sentimental. Schleusenwärter war mein absoluter Traumberuf. Und seit ich in Rente bin, zieht es mich jeden Tag hierher.“
    Katharina nickte und fragte als nächstes nochmals nach dem Leichenfund. Östermann schluckte und erzählte mit stockender Stimme weiter. „Als ich am oberen Tor ange kommen bin, ist mir dieses Geräusch aufgefallen. Ein ‚ klong, klong ‘ . Und da hab ich nachgeschaut. Es war noch dämmrig. Zuerst habe ich überhaupt nichts erkennen können, und dann habe ich diesen hellen Körper entdeckt. Ich hab gleich gewusst, dass das eine Leiche sein muss. Ich bin sofort heim gerannt und habe die Polizei angerufen.“
    Er bearbeitete weiterhin die Mütze vor seinem dicken Bauch.
    Katharina blickte aus dem Fenster des Kombis, das in Richtung Main gewandt war. In einiger Entfernung zur Schleuse kreuzten Boote der Wasserpolizei, um heranfahrende Schiffe zu stoppen. Schiffe!
    „ Wissen Sie, wann das letzte Schiff die Schleuse passiert hat?“, fragte sie nach.
    „ Hm.“ Er kratzte sich am Kopf und überlegte. „Als ich hier ankam fuhr gerade eines aus der anderen Schleuse mainauf wärts. An dieser hier war das obere Tor geschlossen, wie jetzt, und das Wasser war unten. Ein Stück weiter den Main runter habe ich gerade noch die Lichter eines Kahns sehen können, bevor es um die Kurve ver schwand.“
    Katharina dachte angestrengt nach. Dieses Schiff musste demzufolge kurz zuvor diejenige Schleuse passiert haben, an dessen Tor die Leiche gestrandet war. Ungefähr zwanzig Minuten dauerte es, bis die Schleuse geflutet war, wie sie von Östermann erfuhren. Die nächste Staustufe flussaufwärts bei Offenbach war zehn Kilometer entfernt. Wenn man zunächst einmal davon ausging, dass die Tote in der Nacht nicht durch die Offenbacher Schleuse getrieben war, musste sie zwischen dieser und der Griesheimer Stau stufe ins Wasser gebracht worden sein. Allerdings konnte sie auch weiß Gott wo in den Fluss geworfen worden sein. Das heraus zubekommen würde mühsam werden.
    „ Haben Sie, als Sie die Leiche fanden, noch andere Geräusche gehört? Von Autos oder einem Motorboot?“, fragte Thomas und unterbrach Katharinas Gedankenfluss. Öster mann verzog nachdenk lich das Gesicht und schüttelte den Kopf. Die beiden bedankten sich bei dem Zeugen und stiegen aus.
    „ Kannst du dir vorstellen, wann die Leiche angeschwemmt wurde?“, fragte Katharina ihren Kollegen.
    „ Keine Ahnung. Irgendwann heute Morgen.“
    „ Nicht irgendwann. Ich denke, sie muss in der Zeit nach der Passage des Schiffes angeschwemmt worden sein, von dem Öster mann noch die Rücklichter sehen konnte. Ansonsten wäre sie entweder innerhalb der Schleuse gefunden worden oder sogar noch weiter flussabwärts getrieben.“
    „ Das klingt sehr wahrscheinlich.“
    Zwischenzeitlich waren ein Boot sowie ein Fahrzeug der Wasserrettung angekommen. Zwei Männer zwängten sich gerade in ihre Neoprenanzüge. Sie kletterten in das Schlauch boot, das von einem dritten Mann vorsichtig neben den toten Körper gefahren wurde. Anschließend zogen sie Flossen und Taucherbrillen an und ließen sich langsam ins Wasser gleiten. Katharina fing bei diesem Anblick an zu frösteln. Selbst in einem Spezialtaucheranzug würde sie nie bei Außen temperaturen um fünf Grad in das kalte Main wasser gehen. Zuerst schwammen die Männer um die Leiche herum, dann entfernten sie das große Holzstück und bugsierten schließlich beides ins Boot. Ein Stück flussaufwärts fuhren sie ans Ufer. Pohl erwartete sie bereits. Er stieg ins Boot um die Leiche, die dort auf dem Rücken lag, kurz zu untersuchen. Im Anschluss daran ließ er sie ans Ufer bringen, wo sie von seinen Helfern in die untere Hälfte eines stählernen Transportsarges gelegt wurde.
    Katharina und Thomas warteten, bis die Leiche im Sarg lag. Sehr lange konnte die Frau noch nicht tot sein. Katharina ging neben Pohl in die Knie. Die Tote lag mit offenen Augen auf dem Rücken. Einzelne Strähnen der langen, schwarzen, nassen Haare hingen wirr in ihrem blass-gelben europäisch aussehen den Gesicht. Am gesamten Körper befanden sich große, unregelmäßige, ineinander fließende rötlich-blaue Flecken. Leichenflecken. Katharina wartete, bis Pohl
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