Rücksichtslos

Und wie kommt dann unsere französische Hebamme ins Spiel?“
    „ Die wurde von Professor Hagen erpresst. Gerold Hagen hatte sie damals, unter dem Namen Kowatz, als persönliche Hebamme für seine angebliche Frau Irene engagiert, um die werdende Mutter während Schwangerschaft und Geburt im Haus am Waldrand zu begleiten. Dafür hat er sich finanziell großzügig revanchiert, sie sind in losem Kontakt geblieben, und er schickte ihr jedes Jahr zu Weihnachten ein kleines Geschenk. Beauchamp hatte keinerlei Verdacht geschöpft und den Professor für einen integren Mann gehalten, der seine Familie zu Hause betreut wissen wollte. Dass er in Wahrheit weder Kowatz hieß, noch mit Irene verheiratet war, wusste sie bis vorgestern nicht. Der Herr hat ein feines Doppelleben geführt.
    Vor ein paar Jahren war Madame Beauchamps in einen Autounfall verwickelt. Sie hat betrunken auf einem Feldweg einen Mann totgefahren, ist daraufhin in Panik geraten und hat den Unfallort fluchtartig verlassen. Da sie privat sehr zurückgezogen lebt, wenig Bekannte und kaum Freunde hat, war ihr erster Reflex, den Professor anzurufen und ihn um Rat und Hilfe zu bitten. Der sorgte dafür, dass sowohl Fahrzeug als auch Leiche verschwanden und der Unfall so nie aufgeklärt werden konnte. Nachdem er Deborah getroffen hatte und sie begannen konkrete Pläne zu schmieden, aktivierte er diese Quelle. Madame Beauchamp vermittelte die passenden Mäd chen weiter. Was mit ihnen geschah, wusste sie nicht und wollte es auch nicht wissen.“
    „ Zum Glück konnten wir ihnen das Handwerk legen.“
    Katharina und Thomas stimmten Alfred zu, betrübt nickend, als sie an die vielen toten Frauen dachten. In Hagens Heimlabor fanden sie Hinweise auf mindestens vier weitere Frauen und Babys. Die Kinder hatten sie ausfindig machen können, die Frauenleichen jedoch nicht. Noch nicht.
    Alfred gähnte laut.
    „ Das reicht für heute.“ Katharina stand entschlossen auf.
    „ Wir besuchen dich morgen wieder“, ergänzte Thomas.
     
    Zu Hause wartete Philipp bereits ungeduldig. Auch ihm fiel ein Stein vom Herzen, als er hörte, dass es Alfred gut ging und vor allem, dass sein Gehirn keinen Schaden davongetragen hatte. Er zog Katharina zärtlich an sich.
    „ Ich habe alles für ein herrlich warmes Bad mit an schließ ender Massage vorbereitet. Der Sekt steht auch schon kühl.“
    „ Das hört sich super an“, murmelte Katharina, schon halb in Philipps Kuss versunken.
    „ Dann komm mit … “

Kirsten Slottke wurde 1972 in Offenburg geboren. Nach der Ausbildung zur Krankenschwester studierte sie in Freiburg im Breisgau Medizin. 2004 folgte die Promotion. Seit 2001 arbeitet sie , mit Unterbrechung durch die Geburten ihrer drei Kinder, als Ärztin in Offenburg.
    Aus Freude und Faszination am Schreiben entstand ihr erster Krimi „Mörderische Pläne“ im Nepa-Verlag. Geschichten zu erfinden und niederzuschreiben ist seither ein lieb gewordenes Hobby, bei dem sie abschalten kann.
    2012 wurde der Kurzkrimi „Mord und andere Leckereien“ veröffentlicht, den sie exklusiv für die Willstätter Kulturtage schrieb . Im gleichen Jahr folgte die Veröffentlichung eines weiteren Kurzkrimis „Ein perfekter Coup“ in der Anthologie „Von abgeknickten Ohren und anderen Ungerechtigkeiten“ des Schweizer Twinmedia-Verlags.
     
    K ir sten Slottke ist im Internet bei Facebook zu finden und unter ihrer Autorenhomepage : http://www.kirstenslottke.de/