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Rücksichtslos

Rücksichtslos

Titel: Rücksichtslos
Autoren: Kirsten Slottke
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Oberschenkel rieb. Ihre Zusammen arbeit verlief großartig, da sie sich prima verstanden. Jeder konnte sich blind auf den anderen verlassen. Selbst wenn der andere scheinbar aus dem Bauch heraus Entscheidungen traf, stand der Partner voll dahinter. Auch privat trafen sie sich häufig. Katharina war die Patin seiner beinahe dreijährigen Tochter Sarah, und ihr Herz erwärmte sich beim Gedanken an das kleine quirlige Kind.
    Gerade als Thomas wieder ins Büro kam läutete das Telefon auf Katharinas Schreibtisch. Sie nahm den Hörer ab und meldete sich. Dann legte sie seufzend auf und warf einen bedauernden Blick auf die dampfende Kaffeetasse.
    „ Die Arbeit ruft. An der Griesheimer Staustufe wurde eine Leiche gefunden.“ Sie trank einen kleinen Schluck des heißen Getränks und stellte die fast volle Tasse bedauernd auf ihren Schreibtisch. Danach zog sie ihr Schulterhalfter an, nahm ihre Jacke und verließ das Büro. Thomas folgte ihr. Auf dem Weg zum Auto holten sie ihre Dienstwaffen aus dem Waffenschrank.
     
    Sie fuhren vom Schwanheimer Ufer her an die Staustufe. Schon von Weitem erkannten sie, dass die direkte Zufahrts straße abgesperrt war. Nachdem sie den Streifenpolizisten begrüßt hatten, wurden sie durchgelassen. Sie parkten ihren Dienst-Passat unterhalb der riesigen blauen Fußgängerbrücke. Hier wehte der Wind noch heftiger als in der Stadt. In Katharinas Augen schossen unmittelbar Tränen, die sie mit dem Ärmel ihrer Jacke abwischte. Ihre Wangen kühlten durch den ständigen Luftstrom sofort aus, weshalb sie sich mit dem Rücken gegen den Wind stellte und den Kragen ihrer Steppjacke höher zog.
    „ Dort vorn steht Pohl“, bemerkte Thomas, der seine Hände tief in der Jacke vergraben hatte.
    Auch Katharina sah den Rechtsmediziner und freute sich, dass er zuständig war, da sie gern mit ihm zusammenarbeitete. Er stand am Ufer des Mains in Höhe des oberen Schleusen tores und starrte ins Wasser. Seine schlanke Gestalt war in einen langen dunklen Wintermantel gehüllt. Er trug eine Baskenmütze. Die beiden gingen, vom Wind in ihrem Rücken angetrieben, auf ihn zu und begrüßten ihn. Er schaute kurz auf und erwiderte den Gruß. Die Gläser seiner Nickelbrille waren mit feinen Regentropfen übersät, sodass sich Katharina wunderte, wie er überhaupt noch etwas sehen konnte. Pohl wandte sich wieder dem Wasser zu, und die beiden Kom missare folgten seinem Blick. Vor dem geschlossenen Schleusentor trieb eine Leiche mit dem Rücken nach oben. Ihre Arme waren, soweit sie erkennen konnten, an einem Baumstamm festgebunden, der regelmäßig im Takt der Wellen gegen das große stählerne Tor schlug. Die Beine befanden sich meist unter Wasser, wippten jedoch im Wellengang langsam und stetig auf und ab. Wie sie sofort sahen, war die Leiche vollkommen nackt. Körperbau und lange dunkle Haare ließen darauf schließen, dass es sich um eine Frau handelte. Es sah beinahe so aus, als würde die Tote den Stamm festhalten.
    „ Verdammt.“ Katharina sprach aus, was alle dachten. „Wer hat sie gefunden?“
    „ Ein ehemaliger Schleusenwärter“, antwortete Pohl. „Er sitzt im Polizeikombi.“
    Katharina und Thomas nickten und drehten sich gleichzeitig um. Als sie auf den Kombi zugingen, der ebenfalls unter der Fußgänger brücke stand, kam ihnen Klaus Arnold, einer der Polizeifotografen entgegen. Sie schilderten ihm kurz den Leichenfundort und baten ihn darum, auch bei der Bergung der Leiche Bilder zu knipsen. Am Fahrzeug angelangt klopfte Thomas an die Schiebetür und öffnete sie beinahe gleichzeitig. Sie kannten den Polizeibeamten, Thilo Theissen, der sich mit einem älteren Mann in dem Fahrzeug aufhielt, und nickten ihm zu.
    „ Das sind meine Kollegen von der Kriminalpolizei“, erklärte Theissen dem Mann, den er als Gerd Östermann vorstellte. „Sie werden Ihnen auch noch mal einige Fragen stellen.“ Mit diesen Worten stieg er aus.
    Katharina und Thomas setzten sich Östermann gegenüber. Er trug unter einem geöffneten graugrünen Parka einen dunkelblauen Rollkragenpullover. Hellgraue, kurze lockige Haare saßen wie ein Nest auf seinem Kopf. Der graue Vollbart sah nicht minder wirr aus. Seine Hände kneteten nervös eine dunkle Strickmütze.
    „ Wann und wie haben Sie die Leiche entdeckt?“, fragte Thomas.
    „ Gegen halb neun“, erwiderte Östermann stockend. „So ’ne Scheiße. Dass das ausgerechnet mir passieren muss. Ich war hier früher Schleusenwärter und wohne gleich um die Ecke. Wie jeden Morgen
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