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Rücksichtslos

Rücksichtslos

Titel: Rücksichtslos
Autoren: Kirsten Slottke
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des Fingerhuts. Ihre Oma hatte dieses Medikament für ihr Herz eingenommen. Über die Wirkungsweise konnte Katharina nichts sagen, aber sie wusste, dass das Gift des Fingerhuts bereits in kleinen Dosen tödlich sein konnte. Pohl erwähnte noch Barbiturate und Benzodiazepine. Aber auch illegale Gifte wie beispielsweise Heroin kamen als Todesursache in Frage.
    „ Na, da bin ich mal gespannt“, meinte Thomas und fuhr sich durch sein Haar. Er öffnete seinen warmen Parka, da ihm mittlerweile schon Schweißtropfen auf der Stirn standen, und zog ihn aus.
    „ Haben Sie schon einen Anhaltspunkt, wer die Tote sein könnte?“, fragte Pohl.
    Katharina zeigte ihm Fotografien von vier jungen Frauen, die sie in der Vermisstendatei gefunden hatten. Doch jetzt, im direkten Vergleich mit der Leiche, stellten die drei keine Ähnlichkeit fest. Pohl würde ihnen ein Foto der Toten zusenden, damit es in den Nachrichten veröffentlicht werden konnte. Katharina seufzte und steckte die Bilder wieder ein. Es war erschreckend, wie viele junge Frauen als vermisst galten.
    Sie verabschiedeten sich von Pohl und verließen das Institut. Draußen angelangt atmeten sie tief durch.
    „ Wie man in einem solchen Geruch arbeiten kann, ist mir schleierhaft“, meinte Thomas und schlüpfte wieder in seinen khakifarbenen Parka.
    „ Tja. Beruf kommt eben von Berufung. In Pohls Fall trifft das voll und ganz zu.“ Sie grinste, als sie an den älteren Rechtsmediziner dachte. Er ging in seinem Beruf auf. Stets arbeitete er hochkonzentriert und korrekt. Nach außen wirkte er auf viele ihrer Kollegen wie ein kalter Fisch. Doch Katharina wusste, dass er eine humorvolle Seite hatte. Auch wenn einige ihrer Kollegen diesen schwarzen Humor oft nicht verstanden. Sie setzten sich in ihren Dienstwagen und Thomas startete. Er wollte eben etwas erwidern, da fuhr Katharina ihn an, er solle ruhig sein. Thomas rümpfte die Nase und trat auf das Gaspedal. Zwischendurch warf er immer wieder einen neugierigen Seitenblick auf sie. Katharina hatte den Kopf auf ihre Finger gestützt und starrte geradeaus.
    Als sie auf den Parkplatz der Kriminaldirektion fuhren, legte sie ihre Hände in den Schoß.
    „ Und? Was hast du ausgebrütet?“, fragte er sofort.
    „ Erst einmal muss ich mich bei dir entschuldigen, weil ich dich vorhin so angefahren habe.“
    „ Vergessen. Was ist dir eingefallen?“
    „ Schon vorhin im Institut hatte ich eine Art D éjà-vu. Irgendetwas, was Pohl erwähnt hatte, hat das ausgelöst. Ich wusste nur nicht genau, was es gewesen ist. Der Leichenfundort, dass es eine junge Frau war, oder dass sie ein Kind zur Welt gebracht hatte.“
    „ Aber jetzt ist es dir wieder eingefallen.“
    „ Ja. Vor ein paar Monaten erwähnte unser Kollege Alfred, dass sie im Mordfall einer jungen Frau ermittelten, die kurz zuvor entbunden hatte.“
    Thomas schaute sie noch immer fragend an, und Katharina fiel ein, dass er zum betreffenden Zeitpunkt im Sommerurlaub gewesen war.
    „ Es war im August, als du mit deiner Familie an der Nordsee warst. Die Tote wurde damals in einer Müllverbrennungsanlage gefunden. Deshalb gingen die Kollegen von Anfang an von einem Mord aus.“
    „ Ja. Ich erinnere mich wieder. Nach meinem Urlaub hatte ich davon erfahren. Der Täter wurde bislang nicht gefunden, oder?“
    „ Nein. Der Mörder wurde noch nicht gefasst. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob die Identität der Toten überhaupt festgestellt werden konnte, oder wie sie an den Fundort gelangte.“
    Der Fall hatte damals groß in allen Zeitungen gestanden. Die Presse hatte sich nach dem Sommerloch darauf gestürzt, wie ein Verhungernder, der etwas zu essen findet. Eine Woche lang war der Fall in sämtlichen Lokalzeitungen hoch und runter diskutiert worden, bevor sich die Lage langsam wieder beruhigt hatte.
    Für kurze Zeit schwiegen sie , dann stöhnte Thomas und meinte: „ Lass uns reingehen. Die Arbeit ruft. Wir haben noch v iel zu tun.“
    Sie öffneten nahezu gleichzeitig die Autotüren und sofort blies eine Windböe die warme Luft aus dem Auto. Katharina stieg schnell aus, zog sich die Kapuze ihrer Jacke über den Kopf, da es noch immer nieselte, und betrat raschen Schrittes neben Thomas die Kriminal direktion.
     
    *
     
    Karl stand breitbeinig zwischen Schaulustigen am Griesheimer Ufer auf Höhe der Staustufe. Mit seiner massigen Gestalt überragte er die meisten der Anwesenden deutlich. Er trug einen ungefütterten, schwarzen Lederblouson über einem kurzärmeligen grauen
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