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Rückkehr nach Wedenbruck

Rückkehr nach Wedenbruck

Titel: Rückkehr nach Wedenbruck
Autoren: Tina Caspari
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tiefsten Punkt des Durchgangs eine große Pfütze gebildet hatte. Schmelz- und Regenwasser hatten Zweige und Laub mitgenommen und über dem Gulli angeschwemmt, sodass der Abfluss völlig verstopft war.
    „Wollen wir da durch oder umkehren?“, fragte Bille ihre Klasse.
    „Durch natürlich!“
    „Das bisschen Wasser! Es ist doch nicht kalt!“
    Von allen Seiten kam Zustimmung.
    „Okay. Dann reitet bitte mit reichlich Abstand hintereinander her und ganz dicht am Rand entlang! Habt ihr gehört?“, rief Bille.
    Alle hatten es gehört. Bis auf zwei. Otto und Kilian waren unbemerkt zurückgeblieben und stritten sich darüber, ob es eine Gemeinheit von Otto gewesen war, Kilian davonzugaloppieren , oder ob er einfach ein dämlicher Angeber war, der der Lehrerin imponieren wollte. Der Streit wurde heftiger.
    „Du Idiot!“
    „Du Arsch!“
    „Selber Arsch!“
    Wenig gräfliche Ausdrücke fielen. In der Hitze des Wortgefechts befanden sie sich unvermutet in der Unterführung, fast Pferdeschulter an Pferdeschulter, genau vor dem moorig-schwarzen Tümpel. Die Pferde waren sich einig: Sie mussten so schnell wie möglich da raus, den anderen nach! In gewaltigen Sprüngen hetzten sie vorwärts - und landeten unvermutet bis zum Bauch im Wasser! Schlammige braune Fontänen schossen hoch und ergossen sich in einem Schwall über die beiden Streithähne.
    Als Otto und Kilian am anderen Ende der Unterführung vor den staunenden Augen der Klasse erschienen, waren sie nicht mehr wieder zu erkennen.
    „Da seid ihr ja!“, sagte Bille und betrachtete grinsend die seltsame Verwandlung der Jungen. „Schade, ich habe den anderen gerade gesagt, dass ich euch alle in Wedenbruck zu einem Eis beim Italiener einlade. Aber ihr zwei müsst wohl auf dem direkten Weg in den Stall und erst mal eure Pferde reinigen. Keine Sorge, im Reitstall Wedenbruck gibt’s eine super Waschbox. Am besten, ihr stellt euch gleich mit da rein.“

Jede Menge Überraschungen

    Am ersten Wochenende im Mai sollte geschehen, wovor Bille sich am meisten gefürchtet hatte. Der künftige Besitzer von Sindbad wollte sein Pferd abholen.
    „Mach dich auf eine Überraschung gefasst“, hatte Simon gesagt. „Ich hoffe, es haut dich nicht aus den Pantoffeln, wenn du sie siehst.“
    „Ist es eine Frau, die ich kenne?“, fragte Bille neugierig.
    „Ein Ehepaar.“
    Immer wieder ging Bille alle reitenden Ehepaare durch, die sie kannte, doch sie kam nicht darauf, um wen es sich handeln könnte. Viele waren es ohnehin nicht, denn wer von ihnen hatte schon so viel Geld, dass er sich ein Pferd wie Sindbad leisten konnte? So musste Bille sich gedulden. Sie war nur froh, dass die Übergabe auf ein Wochenende fiel und Simon ihr seelischen Beistand leisten konnte.
    Als die Käufer dann auf den Hof fuhren, Bille das französische Kennzeichen am Wagen sah und gleich darauf Nathalie mit ihrem attraktiven Ehemann ausstieg, blieb ihr vor Verblüffung der Mund offen stehen. Dass Sindbad nach Frankreich gehen könnte, war das Letzte, was sie erwartet hatte! Wie eine Welle überkam sie kurz die alte Eifersucht. Aber gleich darauf siegte der Gedanke: Nein. Nathalie ist eine Reiterin, der ich Sindbad gönne. Bei ihr wird er es gut haben. Und außerdem kann ich ihn dort jederzeit besuchen.
    Sie lief zu den beiden hinüber, umarmte Nathalie und schüttelte ihrem Ehemann herzlich die Hand. Da ihr Französisch lückenhaft war, ging sie fast automatisch zum Englisch über, das auch die beiden fließend sprachen. Als Simon von der Reithalle herankam, waren alle drei bereits in ein lebhaftes Gespräch vertieft.
    Nathalie und Alain hatten erst vor kurzem geheiratet. Leider hatten sie nur wenige Stunden Zeit, bevor sie sich wieder auf den Rückweg machen mussten. Hans Tiedjen lud alle zu einem Imbiss auf seiner Terrasse ein, doch wenig später hieß es schon Abschied nehmen. Zu Billes Erstaunen wurde noch ein weiteres Pferd verladen, eine zweijährige Tochter von Jakaranda , die Simon in Nathalies Auftrag für sie ausgesucht hatte. Bille war froh, dass Sindbad auf dem langen Transport nicht allein war, auch wenn die Fahrt zweimal durch Übernachtungen bei befreundeten Reitern unterbrochen werden sollte.
    Der turbulente Abschied machte es Bille leichter, sich von Sindbad zu trennen. „Mach mir keine Schande, mein Kleiner!“, flüsterte sie ihm zu und umarmte ihn ein letztes Mal. „Ich besuche dich bald. Ich hab Nathalie und Alain versprechen müssen, gleich nach unserer Hochzeit zu kommen! Und du
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