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Rückkehr nach Wedenbruck

Rückkehr nach Wedenbruck

Titel: Rückkehr nach Wedenbruck
Autoren: Tina Caspari
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Betrieb.
    Im April zogen Handwerker ins Schloss ein. Das Dachgeschoss sollte zu einer weiteren Lehrerwohnung ausgebaut werden. Im kommenden Jahr würde die Anzahl der Schüler wieder um einiges anwachsen, deshalb mussten zusätzliche Lehrer eingestellt werden. Auf Daddy Tiedjens Schreibtisch durfte Bille die Baupläne für ein zukünftiges Wohngebäude studieren, das dem Schloss gegenüber für die älteren Schülerjahrgänge errichtet werden sollte. Dafür musste der alte Gutsgarten weichen, der aber ohnehin seit Jahren vernachlässigt worden war. Seit der alte Gärtner nicht mehr lebte, wurden nur noch die Obstbäume abgeerntet und auf einem kleinen Beet Kräuter für die Internatsküche gezogen.
    „Ich weiß, du hast mehr als genug zu tun!“, sagte Hans Tiedjen eines Tages zu Bille. „Trotzdem habe ich eine große Bitte an dich. Du hast so einen guten Geschmack, und ich brauche dringend jemanden, der mich bei der Einrichtung der Lehrerwohnung berät. Teppichböden, Kacheln für Küche und Bad, Einbauschränke, Armaturen aussuchen und was man da sonst so braucht. Ich habe wenig Ahnung von diesen Dingen. Würdest du mir dabei helfen?“
    „Aber klar, Daddy! Du weißt doch, Einrichten macht mir riesigen Spaß. Und bei Simon und mir wird es ja noch dauern, bis wir mal die obere Etage bei Mutsch und Onkel Paul in Wedenbruck beziehen können.“
    „Wunderbar, dann lass uns doch nachher ins Schloss rübergehen und die Sache unter die Lupe nehmen. Hier habe ich einen ganzen Stapel Kataloge, die uns bei der Planung helfen können.“
    Als sie später gemeinsam durch die hübsche geräumige Wohnung gingen, brach Bille immer wieder in Begeisterungsrufe aus und meinte, dass sich die künftigen Mieter zu so einem Schmuckstück von Wohnung gratulieren könnten. Anschließend ließ Hans Tiedjen sie mit Zollstock, Block, Stift und Katalogen allein, damit sie die Einrichtung planen konnte. Bille war begeistert. Das war keine Arbeit, das war pures Vergnügen, die Wohnung ganz nach ihrem Geschmack einzurichten.
    In den nächsten Wochen verbrachte sie viele Stunden damit, den Einbau des gewählten Materials zu überwachen.
    Wenn Mutsch wieder mal mahnte, sie solle sich nicht ständig überfordern, lachte Bille nur. „Wenn du wüsstest , wie viel Spaß das macht! Außerdem ist es eine gute Generalprobe für die Zeit, wenn Simon und ich eine eigene Wohnung einrichten wollen. Ich kann jetzt schon feilschen wie ein arabischer Teppichhändler. Du solltest die zauberhaften Kacheln für die Küche sehen! Ein Restposten, ich hab sie auf den halben Preis runtergehandelt.“
    „Du bist eben doch meine Tochter“, sagte Mutsch bei solchen Gelegenheiten. „Kaufmann durch und durch. Das wird Simon viel Geld sparen - beim Pferdekauf!“
    Bille, Bettina, Simon und Tom waren übereingekommen, eine Doppelhochzeit zu feiern. Sie sollte Anfang Juni stattfinden. Auch dafür gab es eine Menge Vorbereitungen zu treffen. Bille wusste oft gar nicht, was sie zuerst machen sollte. Aber nach der bedrückenden Winterzeit und dem zähen Ringen um den richtigen Weg für ihre Zukunft war sie jetzt wie befreit und hatte das Gefühl, ständig einen Meter über dem Boden zu schweben.
    Das milde, sonnige Frühlingswetter trug zu ihrer guten Laune bei. Die Zeit der langen Ausritte lag vor ihnen, in eine blühende, duftende, von Vogelgezwitscher erfüllte Natur. Und dann der Sommer - sie konnte mit ihren Schülern Ausflüge an die Ostsee machen, mit abendlichem Lagerfeuer und Picknick. Auch auf das große Schülerturnier zum Ende des Schuljahres freute sie sich jetzt schon. Bille war in einer Stimmung, in der sie am liebsten ununterbrochen gesungen und getanzt hätte. Ottos spitze Nebenbemerkungen, von der Sorte „Abartig, wie die in ihren Typen verknallt ist, die Mutter“, konnten ihr höchstens ein Schmunzeln entlocken und wurden Simon abends am Telefon als Witz des Tages präsentiert.
    Simon allerdings hatte seine eigene Erklärung für Ottos Verhalten: „Wenn du mich fragst - der Bursche ist selber abartig verknallt in dich, mein Schatz. Das ist eben die Art eines Zwölfjährigen, seine Angebetete das fühlen zu lassen.“
    Bille lachte. „Da könntest du Recht haben - so ruppig, wie er sich dir gegenüber benimmt. Eindeutiger Fall von Eifersucht.“ Einen Grund, mich anzuhimmeln, hat Otto ja, dachte Bille. So wie ich ihn und seinen Hektor in Schuss gebracht habe!
    Das Pferd zeigte keine Spur von Angst oder Hysterie mehr, und Otto hatte sich zu einem
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