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Rückkehr nach Wedenbruck

Rückkehr nach Wedenbruck

Titel: Rückkehr nach Wedenbruck
Autoren: Tina Caspari
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verantwortungsbewussten Reiter gemausert. Seinen Unfug trieb er zum Glück nur noch anderswo.
    „Ich habe eine Überraschung für euch!“, verkündete Bille ihren Schülern kurz vor den Osterferien im Anschluss an die gemeinsame Theorie-Stunde. „Wir werden am Sonntag einen Ausritt machen. Einen richtigen Frühlingsritt. Gesetzt den Fall, das Wetter bleibt so schön und es gießt nicht in Strömen.“
    Die Begeisterung war groß. Sofort begannen die Verhandlungen unter denen, die kein eigenes Pferd besaßen, wer welches Schulpferd reiten sollte. Fast alle wollten die Stuten Darling oder Regula haben. Die Ängstlicheren unter ihnen wünschten sich den ruhigen Schwarzschimmel Bobby. Oder den großen Rappen Luzifer, mit dem konnte man vor Spaziergängern mächtig Eindruck machen, dabei hatte er das Gemüt eines Lämmchens. Die schöne Natascha war da schon schwieriger, sie nahm falsche Behandlung schnell übel.
    Bille machte dem Streit ein Ende: „Also, bevor ihr euch in die Wolle kriegt, habe ich einen Vorschlag: Wir werden die Pferde verlosen. Dann geht es auf jeden Fall gerecht zu. Wir müssen ohnehin ein paar Pferde aus dem Wedenbrucker Reitstall dazunehmen. Und wenn einen von euch besonders große Angst vor dem Geländeritt packt, weil er da noch keine Erfahrung hat, dann bekommt er meinen Zottel. Der ist wie eine Lebensversicherung.“
    „Besonders, wenn er abhaut“, murmelte Otto in ihrem Rücken.
    Bille drehte sich lachend zu ihm um. „Irrtum, mein Lieber. Abhauen tut er nämlich nur, wenn er sicher sein kann, dass es niemand sieht.“
    Seltsam, wie viele Schüler plötzlich behaupteten, vor einem Geländeritt Angst zu haben. Doch Bille kannte ihre Meute inzwischen zu gut, um darauf hereinzufallen. Natürlich gab es unter ihren Schülern einige, die zu Hause einem Reitverein am Stadtrand angehörten, bei dem es weder Koppeln noch die Möglichkeit zu Ausritten gab. Ein kleiner Außenreitplatz für die wärmeren Jahreszeiten war alles an Auslauf, was den Pferden zur Verfügung stand. Bille gab es jedes Mal einen Stich, wenn sie an die Lebensbedingungen der Pferde in diesen Ställen dachte. Doch die Ärmsten waren in ihren Augen jene hochgezüchteten Dressur- und Springstars, die zwar die Möglichkeit des Koppelgangs gehabt hätten, aber von ihren Besitzern aus Angst vor Verletzungen ständig in der Box gehalten wurden. Eine Stunde Training am Tag in der Halle oder auf dem Reitplatz war alles, was ihnen zugestanden wurde. Dreiundzwanzig Stunden in der Box, das war wie Gefängnis ohne Bewährung! Kein Wunder, wenn gerade solche Pferde oft körperlich oder seelisch krank wurden.
    Dass es ausgezeichnete Reiter gab, die Angst vor dem Abenteuer eines Spazierrittes hatten, das hatte Bille erst von ihren Schülern gelernt. Sie konnte sich glücklich schätzen, dass sie selbst von Anfang an im Gelände geritten war, es war für sie das Natürlichste von der Welt. Ihren jungen Reithallenhelden dieses Bewusstsein zu vermitteln war eines ihrer wichtigsten Ziele.
    Das Wetter meinte es gut mit ihnen. Als sie am Sonntag nach dem Mittagessen vor dem Schulstall in den Sattel stiegen, strahlte die Sonne vom Himmel, und die Luft war sommerlich warm.
    Bille ließ ihre jungen Reiter im Halbkreis um sich Aufstellung nehmen und gab ihnen ein paar Verhaltensregeln und Hinweise.
    „Also, passt auf: Die Gruppe bleibt immer zusammen, ist das klar? Ich werde mal vor, mal hinter euch reiten. In jedem Fall haltet ihr euch an den vorgegebenen Weg. Keine Extratouren! Wenn ihr nicht wisst , wie’s weitergeht, dann haltet an und wartet auf mich. Auf manchen Wegen werden wir hintereinander reiten müssen, dann achtet darauf, dass ihr genug Abstand zu dem Pferd des Vordermanns habt, genau wie in der Reitbahn. Und nehmt bitte Rücksicht auf Fußgänger! Die möchten ihren Sonntagsspaziergang auch genießen können. Im Zweifelsfall weicht ihr seitlich aus und bleibt stehen. Alles klar? Dann los. Ich reite voraus. Und jetzt: In Zweierreihen rechts seitlich abbrechen.“
    Zur Sicherheit hatte Bille Mini gebeten mitzureiten. Das Mädchen hielt sich am Schluss des Zuges und achtete darauf, dass alles seine Ordnung hatte und niemand Unfug trieb. Sie ritt heute Luzifer, ihren ganz besonderen Freund, denn Bille hatte Zottel der kleinen Saskia gegeben. Die gehörte zu denjenigen, die zu Hause nur in der Halle reiten konnten, und die sich deshalb im Freien noch unsicher fühlte.
    Saskia war ein Mädchen, das Bille besonders gern mochte. Sie ähnelte
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