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Roxelane

Titel: Roxelane
Autoren: Johannes Tralow
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lieben als seine Kinder.
    Ich jedoch stellte mich vor sie, wie ich mich vor die Katze stellte, und fragte nicht nach gut und böse.
    Und wisse, daß es bei uns ein Gesetz gibt, nach dem meine Söhne einst sterben sollten vor ihrer Zeit. Und ich lehnte mich auf, weil es Menschensatzung sei, von der Allah nichts wisse. Gepriesen sein Name! Einer aber von meinen und den Söhnen des Kaisers, den ich liebe, sprach anders. Ein göttliches Opfer sei es, sagte der Sohn, als Fürst zu sterben für den Frieden der Welt.
    Ich aber glaubte ihm nicht.
    Das Leben eines Mannes, der meinen Söhnen eine Gefahr gewesen war, hatte Ich bereits gefordert. Und er liegt begraben bei den Derwischen zu Galata, und ein Baum bezeichnet die Stätte.
    Doch jetzt war da ein Mann, schön und jung und fürstlich und nicht ohne Tugend, der Sohn meines Geliebten von einer anderen Frau und der Freund meines Sohnes, von dem ich schreibe. Glaube nicht, o Serafim, daß ich Mustafa haßte! Doch ich liebte ihn weniger als meine eigenen Söhne. So brach ich einen Eid und ließ ihn sterben um ihretwillen und rettete ihn nicht.
    Da schlug mich Gott.
    Und er nahm mir den eigenen Sohn, der mir wegen seiner Ungestalt nur um so inniger wert war. Wegen seiner Liebe zu Mustafa starb er, und Ich hatte Mustafa getötet! Und Dschihangir vergab mir nicht vor seinem Sterben. Seine Seele aber wird traurig sein immerdar, weil er Allah nicht sehen wollte, obwohl er ein guter Sohn war und eine Freude der Menschen.
    Auch ich bin traurig, mein Serafim. Und ich sehe die Sünde nicht, um die Allah mich schlug. Darf eine Mutter ihre Kinder nicht schützen? Ich will, daß sie leben! Ich bin eine Frau. Kann ich meine Söhne auf den Opferstein legen, wie es Abraham tat mit seinem Sohn Isaak? Will Gott das? Kann eine Frau das?
    Ich kann es nicht.
    Auch Maria nagelte ihren Sohn nicht ans Kreuz, sondern sie beweinte ihn.
    Viele Sünden habe ich begangen wie andere Menschen. Und ich bereue sie, weil Ich sie aus Haß beging oder aus Eitelkeit oder Stolz. Nur was ich aus Liebe tat, kann Ich nicht bereuen.
    Darum schicke ich Dir Dein Kreuz. Ich trug es, seit Ich Dich verließ. Ich verlor es und gewann es zurück. Und nun mußt Du es wiedernehmen, weil Du nicht mehr mit einem fröhlichen Herzen an mich denken kannst. Ich aber gab Dir meine Katze und werde Dich immer lieben.
    Dies schreibt Dir Deine Tochter“, schloß der Brief.
    Und darunter stand: „Roxelane Kaiserin.“
    Es dauerte lange, bis Serafim seine Antwort fertig hatte. Denn er schrieb eine Antwort.
    Dann aber ging er hinaus und winkte dem Muteferrika.
    Drei Sätze sprach er, nicht mehr.
    „Tritt ein“, bedeutete er ihm.
    Damit führte er den Behelmten vor die Gebetsecke.
    „Berichte ihr, was du jetzt siehst“, sagte er dann und hängte den Perlenverschluß um Rosskas Ikone.
    Zuletzt griff er eins der Kätzchen, das seine Füße umspielte, und legte es zart mit der Antwort in den kriegerischen Arm seines Gastes. „Bring ihr das“, schloß er und entließ Rosskas Boten aus seinem Haus.
    Sein eigener Brief war nur kurz.
    „Deine Katze sende ich Dir“, hieß es darin. „Jetzt hast Du sie, und ich habe sie auch. Ganz Chortiza ist voll von ihr. Das Kreuz aber gebe ich Dir zum zweitenmal mit meinem Segen. Wer bin ich, daß ich Dich lehrte? Gott ist die Liebe, und sie ist unteilbar wie Gott. Daß Du nicht wie Er zu lieben vermagst - dafür bist Du ein Mensch. Aber wer viel liebt, dem wird viel vergeben.“

51
    Bei seiner Rückkehr aus Persien fand Soliman den neu erbauten Palast in Skutari vor, mit dem er gehofft hatte, Roxelane eine Freude zu machen, und überhaupt stand in den nächsten Jahren nach dem Friedensschluß mit Persien und dem Waffenstillstand mit Wien das Bauen im Vordergrund.
    Roxelanes Moschee auf dem Weibermarkt hielt sich in einfachen, edlen Formen. Sie war nur mit einer Kuppel und einem Minarett versehen. Aber allmählich hatten sich die Pläne zu ihrer Anlage doch so erweitert, daß sich zuletzt nicht nur eine Schule, sondern auch eine Akademie, eine Armenküche, ein Narrenhaus und ein Hospital für bedürftige Frauen angliederten. Mirmahs Moschee am Adrianopeler Tor besaß nur eine Akademie, dafür aber ein Bad. Am kühnsten jedoch sollte sich ihre andere Moschee, die sie am Hafen von Skutari plante, auf einer vielstufigen Estrade hoch über die Stadt erheben. Auch für Dschihangir, der mit der Moschee der Prinzen bereits Allahs Gnade empfohlen war, befand sich noch eine zweite Moschee in Galata in
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