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Roulette der Liebe

Titel: Roulette der Liebe
Autoren: Elizabeth Lowell
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düsterer Racheengel.
    Eve nickte, um zu zeigen, daß sie begriffen hatte. Langsam ließ Caleb sie los. Als sie wieder auf ihren eigenen Füßen stand, bedeutete er ihr mit einer Daumenbewegung, ihm in Deckung zu folgen.
    Einen Augenblick später trat noch ein Mann vor. Sein Haar war von dem gleichen Schwarz wie das von Caleb, aber damit endete die Ähnlichkeit auch schon. Calebs Haar war leicht gelockt. Wolfe Lonetrees war so glatt wie ein Lineal. Seine Augen zeigten ein so dunkles Blau, daß sie fast schwarz wirkten. Sein Gesicht hatte die hohen Wangenknochen seiner indianischen Mutter und den scharf geschnittenen Mund seines schottischen Vaters. Obwohl er nicht so groß und kräftig wie Caleb oder Reno war, bewegte Wolfe sich mit einem physischen Selbstvertrauen, das beeindruckender war, als Größe allein es hätte sein können.
    Calebs Hände bewegten sich in Zeichensprache, elegant und präzise. Wolfe nickte und ging an Eve vorbei, tippte dabei in einer stummen Begrüßung an seine dunkle Hutkrempe. Die Hand, die er an den Hut hob, hielt zwei Schachteln mit Patronenhülsen. Seine andere hielt ein Repetiergewehr.
    Eve starrte ihn einen Moment lang an, dann ergriff Caleb ihren Arm und zog sie tiefer in den Schutz der Bäume. Sobald sie gefahrlos sprechen konnte, erklärte Eve den beiden Männern die Situation.
    »Ein Schacht ist eingestürzt. Reno ist darin gefangen. An der nächsten Kaskade stehen zwei Wachen.«
    Calebs Augen verengten sich. »Lebt er?«
    Sie nickte stumm, unfähig zu sprechen, weil ihr die Angst die Kehle zuschnürte.
    »Ist er verletzt?« wollte Caleb wissen.
    »Ich weiß es nicht. Ich konnte nicht an ihn herankommen.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Nichts. Er konnte mich nicht hören.«
    Caleb fragte nicht erst, woher Eve wußte, daß Reno noch lebte. Er hatte die Wildheit und die unbeugsame Entschlossenheit in ihren Augen gesehen.
    »Um die Wachen habe ich mich schon gekümmert«, sagte Caleb. »Gehen Sie zurück zu der feuchten Wiese, und warten Sie dort. Wir werden in Kürze da sein.«
    »Aber Reno...«
    »Gehen Sie! Wir können nicht das geringste für Reno tun, solange Jericho Slater sich darauf vorbereitet, uns in den Rücken zu fallen.«
    Caleb wandte sich ab, dann blieb er stehen und warf Eve einen Blick über seine Schulter zu.
    »Rafe Moran ist hier irgendwo in der Gegend. Falls Sie einen Mann auf sich zukommen sehen, der so groß wie Reno ist, mit blondem Haar, sehr leichtfüßig, mit einer Bullenpeitsche in der einen Hand und einem Gewehr in der anderen... dann schießen Sie nicht auf ihn!«
    Eve nickte wie betäubt.
    »Ungefähr eine Meile den Weg hinunter wartet ein Knirps von einem Rotschopf namens Jessi Lonetree«, fuhr Caleb fort. »Sie soll sich dort nicht von der Stelle rühren, aber es könnte sein, daß sie auf die Idee kommt, nach ihrem Mann zu suchen, nachdem die Schießerei aufhört.«
    »Jessi? Dann war das eben Wolfe?«
    Caleb grinste. »Richtig, das war er. So, und jetzt gehen Sie zu der Wiese und warten auf uns. Wenn Wolfe mit seinem Repetiergewehr dort oben auf dem Felsvorsprung erscheint und Slaters Kumpanen eine Predigt über den Lohn der Sünde hält, werden sie schnell den Irrtum ihres Handelns einsehen. Es wird eine regelrechte Massenflucht von Bekehrten geben, die den Berg hinunterstürzen.«
    »Ich kann mithelfen«, sagte Eve.
    »Und ob Sie das können. Sie können Ihren Allerwertesten zu der Wiese hinaufbewegen und dort warten. Falls Ihnen irgendwas zustößt, weiß kein Mensch, wo wir nach Reno suchen sollen.«
    »Dann gehe ich zu der Mine zurück. Vielleicht ruft er nach mir.«
    »Gehen Sie nicht in die Mine hinein, bevor ich dort bin«, erwiderte Caleb barsch.
    Eve öffnete den Mund, um zu streiten.
    »Ich meine es ernst, Eve. Ich schnüre Sie wie einen Gänsebraten zusammen, wenn es sein muß.«
    »Aber...«
    »Verdammt, kriegen Sie es doch endlich in Ihren Schädel hinein!« knurrte Caleb. »Ohne Sie haben wir keine Chance, Reno zu helfen.«
    Langsam nickte Eve und wandte sich ab. Sie spürte nicht einmal die Tränen, die silberne Spuren auf ihren schmutzigen Wangen hinterließen.
    Sie hatte erst die Hälfte des Weges zu der Kaskade zurückgelegt, als Wolfe Lonetree mit seinem Gewehr das Feuer eröffnete. Schuß auf Schuß peitschte durch die Hochgebirgsluft und hallte von den Gipfeln wider. Von unten, vom Camp aus, wurden die Gewehrschüsse krachend erwidert.
    Bis Eve die Wiese erreicht hatte, waren die Schüsse schon seltener geworden. Als sie die
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