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Rotkäppchen und der böse Wolf

Rotkäppchen und der böse Wolf

Titel: Rotkäppchen und der böse Wolf
Autoren: Agatha Christie
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zwei, drei, vier, fünf…« Er hatte bis acht gezählt, da krachte der Schuss. Er fiel im Stuhl nach vorn, einen verblüfften Ausdruck auf dem breiten, roten Gesicht. Er hatte sein Opfer so gierig gespannt im Auge behalten, dass ihm entgangen war, wie sich die Tür hinter ihm langsam öffnete.
    Wie der Blitz sprang Tuppence auf, rannte durch die Schar der uniformierten Männer im Korridor und umklammerte einen Arm in rauem Wollstoff.
    »Mr Grant!«
    »Ja, ja, liebe Mrs Beresford, es ist alles in Ordnung. Sie haben sich einfach wunderbar gehalten.«
    Aber Tuppence schnitt ihm die Lobesrede ab.
    »Rasch! Keine Zeit zu verlieren. Haben Sie ein Auto hier?«
    »Ja«, erwiderte er verständnislos.
    »Ein schnelles? Wir müssen sofort ins Sans Souci, sofort! Mein Gott, wenn wir nur noch rechtzeitig kommen! Bevor man hier anruft und keine Antwort erhält.«
    Zwei Minuten später saßen sie im Auto und rasten durch die Straßen von Leatherbarrow. Dann waren sie auf freiem Gelände, und die Nadel des Tachos stieg und stieg.
    Mr Grant fragte nichts. Er saß ganz still, während Tuppence mit wachsender Angst auf den Tacho starrte. Der Chauffeur hatte seine Anweisungen bekommen und holte alles, was nur möglich war, aus dem Wagen heraus.
    Nur einmal sprach Tuppence.
    »Tommy?«
    »Keine Sorge. Vor einer halben Stunde befreit.«
    Endlich, endlich näherten sie sich Leahampton. Jetzt ging es langsamer, erst durch die Stadt, dann den Hügel hinauf.
    Tuppence sprang aus dem Wagen und stürzte mit Mr Grant über den Gartenweg zum Haus. Die Tür zur Halle stand offen wie gewöhnlich. Niemand war drin. Leichtfüßig raste Tuppence die Treppe hinauf.
    Im Vorbeigehen warf sie einen Blick in ihr eigenes Zimmer. Alles war durcheinander geworfen, die Schubladen herausgezogen, das Bett in Unordnung. Sie nickte und lief durch den Korridor, ins Schlafzimmer von Mr und Mrs Cayley.
    Das Zimmer war leer. Es sah tieffriedlich aus und roch nach Medikamenten.
    Tuppence ging flink zu den Betten und riss die Laken heraus. Sie fielen zu Boden, und Tuppence fuhr mit der Hand unter die Matratze. Triumphierend wandte sie sich Mr Grant zu, ein zerlesenes und halb zerrissenes Kinderbuch in der Hand.
    »So! Da haben wir alles!«
    »Was, in Gottes Namen…«
    Sie drehten sich um. Da stand Mrs Sprot in der Tür und starrte sie an.
    »Und nun«, sagte Tuppence, »will ich Ihnen M. vorstellen. Jawohl, Mrs Sprot! Ich hätte es schon längst merken sollen.«
    Mrs Cayley, die einen Augenblick später eintrat, löste die starre Spannung.
    »Mein Gott«, stieß sie empört hervor und betrachtete entsetzt ihres Eheliebsten zerwühltes Bett, »was wird nur mein Mann sagen?«

15
     
    » L ängst hätte ich es wissen müssen!«, sagte Tuppence.
    Sie belebte ihre zerrütteten Nerven mit einem großen Glas Kognak und strahlte abwechselnd Tommy und Mr Grant an – nicht zu vergessen Albert, der mit einem Krug Bier am Tisch saß und von einem Ohr zum andern grinste.
    »Nun erzähle uns alles, Tuppence«, drängte Tommy.
    »Du zuerst«, entgegnete Tuppence.
    »Da gibt es nicht viel zu erzählen«, sagte Tommy. »Es war reiner Zufall, dass ich den Geheimsender entdeckte. Ich dachte dann, Haydock würde mich laufen lassen, aber er war mir über.«
    Sie nickte. »Er rief natürlich sofort Mrs Sprot an. Sie lief in den Garten hinaus und lauerte dir mit dem Hammer auf. Sie war nur drei Minuten vom Bridgetisch fort. Mir fiel auf, dass sie etwas atemlos zurückkam, aber gerade sie hätte ich nie verdächtigt.«
    »Alles übrige«, fuhr Tommy fort, »ist ausschließlich Alberts Verdienst. Er durchschnüffelte die Gegend wie ein treuer Hund. Ich schnarchte ein paar Morsezeichen, und er begriff. Dann lief er mit seiner Neuigkeit zu Mr Grant, und beide kamen gestern Abend zurück. Weiteres Verständigungs-Geklopfe und -Geschnarch! Ergebnis: Ich blieb, wo und wie ich war, sodass wir das deutsche Boot bei seiner Landung erwischen konnten.«
    »Als Haydock heute Früh fortging«, fügte jetzt Mr Grant seinen Anteil zur Ergänzung bei, »besetzten unsere Leute das ›Schmugglernest‹. Und abends haben wir glücklich das Boot geschnappt.«
    »Und nun du, Tuppence«, sagte Tommy. »Heraus mit deiner Geschichte!«
    »Vor allen Dingen«, begann Tuppence, »war ich die ganze Zeit über einfach dumm. Jeden Menschen hatte ich in Verdacht, nur nicht Mrs Sprot! Es ist richtig, einmal spürte ich eine furchtbare Bedrohung – nachdem ich das Telefongespräch abgehört hatte, die Nachricht über den
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