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Rotes Pferd mit schwarzer Mähne

Rotes Pferd mit schwarzer Mähne

Titel: Rotes Pferd mit schwarzer Mähne
Autoren: Walter Farley
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sie also! Georg, Onkel Wilmer und Tom betrachteten all das Neue mit großen Augen. Sie sahen die grell grün-weißen Planen auf dem Anspannplatz und dahinter die Rennstrecke, die vollständig mit dickem Papier abgedeckt war, um sie vor Beschädigung durch Wind und Regen zu schützen.
    Sie fuhren daran vorbei auf die Stallungen zu. Noch nie im Leben hatten sie so viele Pferde und so viele Boxen auf einmal gesehen!
    «Hier müssen ja an die fünfhundert Pferde in den Ställen stehen!» staunte Georg.
    An diesem Nachmittag kümmerten sie sich nur darum, einen Stall zu finden und Feuerteufel zu versorgen. Er betrachtete alles mit wachen, interessierten Augen.
    «Es ist eine richtige Rennfabrik!» stellte Georg fest. «Ein Geschäft, aufs modernste aufgezogen.»
    Tom nickte. Onkel Wilmer rückte seinen Stuhl nur näher zu Feuerteufel, als ob er ihn beschützen müßte vor all den überwältigenden neuen Eindrücken. Feuerteufel nieste, und Tom legte ihm schleunigst die Decke über.
    Nachdem die Sonne untergegangen war, wurde es kühl. Tom blieb neben seinem Pferd, liebkoste es und gab ihm Mohrrüben. Noch zwei Abende, dachte er, heute und morgen. Übermorgen werden wir auf der «Bühne» stehen. Als solche betrachtete Tom die Roosevelt-Rennbahn am Ende des ersten Tages. Als es dunkelte, begann die Rennbahn zum Leben zu erwachen. Riesige Neonlampen tauchten die Bahn und das Gelände in grelles Licht, als wäre es Tag.

    Georg und Tom schlossen den oberen Teil der Tür zu Feuerteufels Box. Er sollte seine Ruhe haben. Onkel Wilmer weigerte sich, mit ihnen zu kommen, als sie einen Rundgang vorschlugen — er wollte bei dem Hengst bleiben. So wanderten sie zu zweit durch die dichten Menschenmengen, die durch den Haupteingang hereinfluteten und die Tribüne füllten. Es war ihnen nicht möglich, an den Zaun zu gelangen, ohne den Tribüneneingang zu passieren. So gingen sie hinein und harrten in dem Bereich zwischen der ersten Sitzreihe und dem Zaun aus.
    Als Tom die Bahn vor sich sah, verstärkte sich sein Eindruck, daß es sich um eine «Bühne» handelte. Der Schutzbelag war entfernt worden, glatt und unberührt kg die Rennstrecke im grellen Flutlicht. Das Innenoval war grün, zu intensiv grün, um natürliches Gras zu sein. Hinter der erleuchteten hinteren Geraden war übergangslos schwarze Nacht. So modern, so glanzvoll — und dabei alles so künstlich, so aufgezogen, so geschäftsmäßig. Blickte er hinter sich, sah er auf der Tribüne Tausende, die sich nicht von ihren Sitzplätzen zu bewegen wagten, weil sie sie nicht verlieren wollten. Auf der rechten Seite der Tribüne schloß sich unmittelbar der Anspannplatz an, auf dem sich die Pferde eine volle Stunde vor dem Rennen aufhielten. Zuschauer hatten keinen Zutritt, nur Beamte der Bahn, Fahrer und Pferdepfleger waren zugelassen.
    «Zu meinem Erstaunen entdecke ich hier auch sehr viele ältere Fahrer. Jimmy irrt sich, hier tummeln sich nicht ausschließlich junge Wichtigtuer!» bemerkte Georg.
    Tom verteidigte Jimmy: «Immerhin sind es überwiegend junge Menschen.»
    «Die brauchen wir auch. Nichts auf der Welt kann immer im Althergebrachten verharren, auch der Trabrennsport muß mit der Zeit gehen!»
    Pünktlich zwanzig Minuten vor neun Uhr rief eine Glocke die Pferde auf dem Anspannplatz zum Start für das erste Rennen, und gleich darauf gingen sie in der Reihenfolge ihrer Startnummern auf die Bahn. Es gab keinerlei Verzögerung, alles geschah auf die Minute genau.
    Ein sogenannter «Marschall» im roten Rock führte die Parade an. Ein Pferd kam hinter dem anderen. Der Ansager stellte sie vor, während sie an der Tribüne vorbeischritten. Kein Fahrer, der sich nicht diszipliniert eingefügt hätte, kein Pferd bummelte, keines preschte vor. Zwei Aufwärmeläufe wurden kurz und schnell absolviert, dann begaben sich die Teilnehmer zur Startmaschine am Anfang der Geraden.
    Tom sah die auffallend lange, weiße Limousine, die langsam anfuhr, während sich hinter ihren Schranken die Pferde der Startlinie näherten. Die blankgestriegelten Pferdeleiber und die bunten Seidenblusen der Fahrer boten unter dem Flutlicht ein schönes Bild. Als sie vom Start gingen, verdunkelte sich das Licht auf der Tribüne; die gleißendhell beschienene Bahn stand im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Die Schau hatte begonnen!
    Tom verfolgte genau, wie jeder Fahrer darum kämpfte, als erster in den Bogen zu gehen. Einige hielten sich an den Innenzaun, andere warteten auf die erste Gelegenheit,
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