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Rotes Pferd mit schwarzer Mähne

Rotes Pferd mit schwarzer Mähne

Titel: Rotes Pferd mit schwarzer Mähne
Autoren: Walter Farley
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Tom gönnte sich noch einige Minuten, um es anzusehen, dann sprang er auf: Vor allem mußte er nun den Stall sorgfältig säubern!
    Er arbeitete emsig, und als er nach einer halben Stunde sein Werk beendet hatte, setzte er sich befriedigt auf den Rand der Tränke. Das Fohlen schlief noch immer in der Sonne. Nach einiger Zeit hörte er auf der Landstraße ein Auto herankommen. Es war, aus dem Rattern und Spucken zu schließen, unzweifelhaft das uralte Fordmodell des Onkels. Er ging an den Koppelzaun, um Onkel und Tante zu begrüßen.
    «Aha, es ist also tatsächlich heute nacht zur Welt gekommen», sagte Tante Emma und wandte sich dem Onkel zu, der sich über den Zaun lehnte, «nach allem, was du geschwätzt hast!» Wilmer starrte auf das Fohlen, das aufgewacht war und jetzt neben seiner Mutter stand.
    «Und es ist ein Hengst!» sagte Tom mit glänzenden Augen, «wie sich’s Jimmy gewünscht hat!»
    Die Tante nickte, während der Onkel fragte: «Was hat er gesagt?»
    «Daß es ein Hengst ist!» schrie sie ihm ins Ohr.
    «Nun ja, das sehe ich auch», knurrte er.
    Das Fohlen trippelte um die Stute herum und betrachtete die drei Zuschauer aus neugierigen Augen.
    Gleich darauf entdeckte Tante Emma die beiden nassen Geschirrtücher, die zum Trocknen am Zaun hingen. Ihre Augen verloren alle Freundlichkeit, als sie sie vom Zaun herunter riß. «Thomas!» kreischte sie, «was hast du mit meinen teuren neuen Geschirrtüchern gemacht?»
    «I — i — ich habe das Fohlen damit trockengerieben...» stotterte er, «ich habe etwas ganz Weiches gesucht. Verzeih bitte, ich werde sie ganz sorgfältig auswaschen...»
    Die Tante blickte das Fohlen, darauf den Jungen an. «Gut, gib dir Mühe dabei, Tom!» Ihre Stimme war erstaunlich sanft im Vergleich zu dem Ton, den man sonst an ihr gewöhnt war.
    Onkel Wilmer löste sich vom Zaun, nicht ohne zuvor noch einen Blick auf das Fohlen zu werfen. «Ein kräftiges, gesundes Tier», meinte er und fügte hinzu: «Die Hühner hast du doch wohl gefüttert, Tom?»
    Der Junge ließ beschämt den Kopf sinken. «Nein, ich hab’s vergessen.»
    Ohne sich nach ihm umzusehen, ging der Onkel zum Tor und sagte: «Ist schon gut! Ich werde es übernehmen, schau du zu den Pferden!»
    So blieb der Junge auf der Weide und beschloß, den ganzen Tag dort zu verbringen, wenn es möglich war. Keinen Moment in der Entwicklung des Fohlens wollte er sich entgehen lassen.
    Er schrieb einen Brief an Jimmy.

4 Ein Rückschlag bringt doch noch Erfolg

    Während der folgenden Wochen geschah es häufig, daß Tante Emma unwirsch zu Tom sagte, er sollte doch gleich im Stall übernachten! Er wäre ja reinweg närrisch, sie würde sich nicht wundern, wenn er nächstens auch noch Hafer äße.
    Jedesmal wenn das Wort «Hafer» fiel, schüttelte Onkel Wilmer mißbilligend den Kopf und wiederholte: «Du verschwendest gutes Geld, Junge! Die Stute braucht keinen Hafer! Sie hat Gras in Menge, das genügt. Gras erzeugt Milch für das Fohlen.»
    Tom antwortete jedesmal geduldig: «Sie braucht beides, Onkel! Jimmy Creech hat mir gesagt...»
    «Jimmy Creech hat dies, Jimmy Creech hat das gesagt!» pflegte Onkel Wilmer zu knurren.
    Jedoch seines Onkels Nörgeleien berührten Tom wenig. Stunde für Stunde, Tag für Tag beobachtete er das Fohlen. Die hervorstehenden Rippen wurden immer weniger sichtbar, denn der kleine Körper rundete sich. Schon nach dem zweiten Tag trabte das Fohlen sicher über den Hof. Nur wenn es sich gelegentlich zu schnell umwendete, kam es zu Fall. Es war erstaunlich, wie ungeheuer rasch es sich veränderte. Am Ende der ersten Woche wurde ihm der Hof zu klein, so unbändig sprang es umher. Die Zeit war gekommen, Mutter und Kind auf die Koppel hinauszubringen. Da das Weidegelände hügelig war, hatte Tom gewartet, bis das junge Tier mehr Standfestigkeit in den Beinen gewonnen hatte. Überdies wollte er es erst auf dem engen Hofraum zutraulich machen. Jimmy hatte ihm eingeschärft, sich vom ersten Lebenstag des Fohlens an so viel wie möglich mit dem Tier zu beschäftigen, und Tom tat nichts lieber.
    Das Fohlen sah ihm immer neugierig entgegen, aber es hielt sich eng an die Mutter. Tom blieb einige Schritte vor der Stute stehen und machte sich dann klein; denn er hatte entdeckt, daß das Fohlen um so mehr Zutrauen zu ihm gewann, je kleiner er war. Queen kam heran, suchte seine Taschen nach Mohrrüben ab. Das Fohlen folgte. Während er die Stute fütterte, verhielt er sich möglichst unbeweglich. Er versuchte nie, das
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