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Rotes Pferd mit schwarzer Mähne

Rotes Pferd mit schwarzer Mähne

Titel: Rotes Pferd mit schwarzer Mähne
Autoren: Walter Farley
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übermütig umher, die Stute sah ihm zu. Plötzlich galoppierte sie hinter dem Fohlen her. Sie stürmten nebeneinander dahin, daß die Erdklumpen nur so flogen. «Sie müssen jetzt hinaus auf die Weide», sagte Onkel Wilmer.
    «Ich wollte sie morgen früh hinausbringen», schrie Tom. «Übrigens, wo kann man in der Stadt einen Halfter kaufen?»
    «Du brauchst noch lange keinen, es ist noch viel zu früh!» antwortete Wilmer.
    Tom wies auf den Brief, den er in der Hand hielt.
    «Jimmy Creech hat mir geschrieben...»
    Onkel Wilmer schüttelte seinen Kopf so heftig, daß sein abgetragener Hut zu Boden flog. Er bückte sich danach und murmelte zornig: «Jimmy Creech hin, Jimmy Creech her — was anderes höre ich wohl nie von dir!» Dann zuckte er die Schultern und fuhr fort: «Wenn es mein Fohlen wäre und nicht das von Jimmy Creech, dann würde ich...» Er stockte und schüttelte wieder den Kopf, ehe er fortfuhr: «...aber es gehört mir nun einmal nicht. Ich habe in der Sattelkammer noch einen alten Ponyhalfter; den kann ich dir leihen, er wird ihm passen. Etwas Besseres wirst du in der Stadt auch nicht finden.»
    Tom wartete, während sein Onkel in den Stall ging und mit dem Halfter zurückkam.
    «Nun leg ihn dem Fohlen an!» rief er.
    Tom befühlte das Leder, es schien ihm weich und schmiegsam. Sicher würde er genügen, bis er den von Jimmy gewünschten Stoffhalfter besorgen konnte. Nur mußte er noch ein paar Löcher in den Lederriemen bohren, um ihn anzupassen. Er bat seinen Onkel um sein Taschenmesser. Wilmer indes nahm ihm den Halfter aus der Hand und bohrte die Löcher selbst. Das Fohlen tobte nun kreuz und quer über den Hof. Es nahm eine Ecke zu kurz und stürzte hart zu Boden. Ein paar Sekunden lag es still, dann hob es den Kopf und sah ein wenig erschrocken umher.
    «So, hier hast du ihn!» sagte der Onkel und gab ihm den Halfter.
    Tom nahm ihn und kletterte durch die Latten des Zaunes. Das Fohlen hörte auf zu spielen und blickte ihm entgegen. Er streckte ihm die mit Zucker gefüllte Hand hin, blieb stehen und hoffte, daß das Fohlen näherkommen würde.
    Seine Vorderbeine hatte es weit gespreizt, die Augen auf die vertraute Gestalt gerichtet, die ihm freundlich zuredete. Es zögerte einige Augenblicke, kam dann aber langsam auf die ausgestreckte Hand zu und leckte den Streuzucker ab.
    Tom verhielt sich zunächst still, hob dann aber vorsichtig den Halfter. Das Fohlen zuckte zurück, als das Leder seinen Kopf berührte. Schnell sprang es zu seiner Mutter und versteckte sich hinter ihr.
    Der Onkel kicherte vom Zaun herüber. «Greif doch endlich zu! Auf diese Weise wirst du ihm das Ding nie über den Kopf streifen!»
    Tom ging langsam zu Queen hinüber. Das Fohlen hielt sich auf ihrer anderen Seite, und Tom ging um sie herum. Husch! entwischte ihm der kleine Bursche. Tom wartete ein paar Minuten, ehe er ihm folgte. Das Fohlen wußte instinktiv, daß etwas mit ihm geschehen sollte, und dem wollte es unbedingt ausweichen. Tom holte wieder Zucker aus der Tasche, aber das Fohlen wollte nichts davon wissen, wohingegen Queen den Kopf wandte und zu lecken begann. Tom ließ sie gewähren in der Hoffnung, daß der Kleine es ihr nachmachen würde, aber die Rechnung ging nicht auf; er blieb hinter seiner Mutter versteckt.
    «So sicher wie zwei mal zwei vier ist, machst du es auf diese Weise scheu!» lärmte Onkel Wilmer. «Es entwischt dir immer wieder, wie ich dir prophezeit habe. Du mußt ihm zeigen, wer der Herr ist — und zwar auf der Stelle!»
    Länger als eine Stunde setzte Tom seine fruchtlosen Bemühungen fort. Die Sonne ging bereits unter, als er noch immer hinter dem Pferdchen hersprang und versuchte, ihm den Halfter überzustreifen.
    Ob Onkel Wilmer nicht doch recht hat? Überlegte Tom, müde und leicht verzweifelt geworden. Jimmy hatte ja nicht nur Geduld gepredigt, sondern ihm gleichfalls geraten, «eine feste Hand» zu beweisen. Gehorsam habe das Fohlen so früh wie möglich zu lernen...
    Tom wartete, bis die Aufmerksamkeit des Fohlens abgelenkt wurde. Es trank jetzt bei der Mutter. Leise näherte er sich ihm und streichelte es. Nachdem es gesättigt war, wandte es sich zu ihm um, machte aber keine Miene, davonzulaufen. Tom schlang den Arm um den Körper und preßte ihn an sich. Jetzt mußte er das Tier eine Minute festhalten, um ihm den Halfter über den Kopf zu streifen. Er redete beruhigend auf das Fohlen ein und hob den Halfter.
    Das Fohlen sah das Ding, vor dem es sich fürchtete, und wehrte sich
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