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Rote Spur

Rote Spur

Titel: Rote Spur
Autoren: Deon Meyer
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den Kindern.
    Die Schrift auf der Glastür verkündete kurz und bündig:
    Mat Joubert
    Ermittlungen
    Er rückte das gerahmte Zertifikat gerade, als es an die Tür klopfte. Bestimmt die Telkom, die sein Telefon anschließen wollte.
    »Herein.«
    Ein Mann öffnete die Tür, mittelgroß, fast farblose Haare, militärisch kurz geschnitten.
    »Mat Joubert?«, fragte er.
    »Ja.«
    Er schloss die Tür hinter sich, trat näher und reichte Joubert die Hand. »Ich bin Lemmer.« Sein Händedruck war kräftig.
    Doch nicht die Telkom, dachte Joubert und musterte den Mann. Die geschmeidige Mühelosigkeit seiner Bewegungen und die Wachsamkeit in den kühlen Augen erinnerten ihn an ein Raubtier. Er kannte diese Sorte von Männern. Sie bedeuteten meistens Ärger. Er hatte schon mit solchen Leuten gearbeitet und einige von ihnen verhaftet, meist unter ziemlichen Schwierigkeiten.
    Der Mann griff in die Brusttasche seines Hemdes, zog ein zusammengefaltetes Stück Papier heraus und klappte es auseinander – ein Zeitungsartikel. Er reichte ihn Joubert, der ihn annahm und ihn sich anschaute.
    Rätsel um Spurenleserin immer mysteriöser
, lautete die Überschrift. Er kannte den Artikel, in dem auch sein Name erwähnt wurde. Er war vor über einer Woche erschienen.
    »Ich habe Informationen darüber«, sagte Lemmer.
    Joubert blickte auf. »Dann sollten Sie damit zur Polizei gehen.«
    Lemmer schüttelte den Kopf. »Lieber nicht.«
    Joubert faltete den Artikel wieder zusammen, gab ihn dem Mann zurück und ging zu seinem Bürostuhl. »Dann setzen Sie sich bitte.«
     
    |611| Der Mann zog noch ein Papier aus seiner Brusttasche, legte es auf den Schreibtisch und schob es Joubert hinüber. »Ist sie das?«
    Auf leicht glänzendem Papier war das Foto eines jungen Mädchens abgedruckt – es war ein Ausriss aus einer Schwarzweißpublikation, vielleicht aus einem Schuljahrbuch, denn das Mädchen trug eine Schuluniform. Die langen schwarzen Haare waren im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, das Gesicht war schön. Das angedeutete Lächeln verriet eine gewisse Aufsässigkeit, als hätte sie es faustdick hinter den Ohren.
    Joubert nahm das Bild in seine große Hand, studierte die Gesichtszüge und verglich das Foto in Gedanken mit der verstümmelten Frauenleiche, die er auf dem Schießstand in Atlantis gesehen hatte. Es hatte große Ähnlichkeit.
    »Könnte sein.«
    »Hatte sie ein kleines rotes Muttermal, dicht hinter ihrem linken Ohr?«
    »Keine Ahnung.«
    »Könnten Sie das herausfinden?«
    Joubert nickte. »Das kann ich. Haben Sie sie gekannt?«
    »Nein.«
    Fragend blickte Joubert von dem Foto auf.
    »Ihr Name ist Helena Delfosse. Sie hatte das Muttermal. Sie wurde am 21. September letzten Jahres zum letzten Mal in Nelspruit gesehen, in der Damenboutique, in der sie arbeitete. Und zwar in Begleitung ihrer Cousine, Cornelia Johanna van Jaarsveld, auch als Floh bekannt. Ich vermute außerdem, dass Delfosse irgendwann in der Nacht des 26. September in Loxton, in der Bo-Karoo war, um Floh dort abzuholen.«
    Wieder betrachtete Joubert den Mann ihm gegenüber. »Was haben Sie damit zu tun?«
    Die grüngrauen Augen wanderten zu dem Zertifikat an der Wand. Dann stand Lemmer auf. »Das Foto können Sie behalten. Die Adresse ihrer Eltern steht auf der Rückseite.« Er drehte |612| sich um und ging zur Tür. Mit der Hand auf der Klinke blickte er sich um. »In der Zeitung stand nicht, ob auch eine Waffe gefunden wurde …«
    Ohne zu reagieren, verschränkte Joubert die Arme vor der Brust.
    Er sah den Anflug eines Lächelns über Lemmers Gesicht huschen, dann kehrte der langsam zurück und legte die Hände auf die Lehne des Mahagonistuhls. »Ich habe achtzehn Stunden lang mit Floh van Jaarsfeld in einem Lkw gesessen. Zufällig, durch ein Zusammentreffen verschiedener Umstände. Diese Zeit hat ihr gereicht, um mich zu belügen, zu betrügen und zu bestehlen. Und da habe ich mich auf die Suche nach ihr gemacht, weil ich wiederhaben wollte, was mir gehört.«
    Joubert löste die Arme. »Und, haben Sie es zurück?«
    »Nein.«
    »Was hatte ihr Führerschein in Delfosses Portemonnaie zu suchen?«
    Lemmer überlegte einen Augenblick, bevor er antwortete. »In Nelspruit erzählt man sich, Delfosse sei die zahmere Ausgabe von Floh gewesen – ein bisschen wild, ein bisschen rebellisch, aber nie über eine gewisse Grenze hinaus. Gerade so sehr, dass sie die Lieblingsenkelin ihres Opas war, Groot Frik Redelinghuys, der seine andere Enkelin, Floh, niemals
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