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Rot

Rot

Titel: Rot
Autoren: Taavi Soininvaara
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Industriegebäude.
    Mit geübtem Griff verdrehte ihm Manas den Arm, er musste sich auf die Knie fallen lassen. Dann riss der Kirgise mit ein paar schnellen Bewegungen den Schnürsenkel aus seinem Armeestiefel,wickelte ihn um Karas Handgelenke und zog ihn so straff, dass er einschnitt. Er gab Kara einen Stoß, sodass er ganz zu Boden stürzte, trat vor die Schränke an der Wand, öffnete die Türen und suchte etwas.
    In Karas Kopf pulsierte nur ein Gedanke – er musste fliehen. Diesmal würde Manas nicht versagen. Er ließ den Blick über die Versuchstiere wandern und entdeckte einen Gasherd und daneben Flüssiggasbehälter mit der Aufschrift Propan. Der Ventilmechanismus der zwanzig Kilo fassenden Behälter sah anders aus als bei normalen Gasflaschen …
    Er schob ein Bein langsam zu einem der Gasbehälter hin, das war seine einzige Chance. Blieb nur zu hoffen, dass es reines, völlig geruchloses Propan war. Er stieß mit der Schuhspitze an das Ventil, zu schwach. Plötzlich schaute Manas kurz zu ihm hin und Kara tat rasch so, als wollte er seine Haltung ändern. Ein zweiter Versuch, ein leichter Schlag mit der Schuhspitze gegen das Ventil des Propanbehälters – es drehte sich. Er roch nichts, hörte aber ein gedämpftes Rauschen. In der Halle gab es einige Dinge, die brennbar waren: die Zwischenwände, Teppiche, ein paar Sessel. Vielleicht würden auch einige der Gefäße mit Chemikalien auf den Metalltischen Feuer fangen. Aber wie zum Teufel sollte er das Propan entzünden?
    Manas hatte gefunden, was er suchte. Der Kirgise wischte mit dem Arm die Sachen herunter, die auf einem der Metalltische lagen, packte Kara im Genick und zwang ihn, sich rücklings auf den Tisch zu legen. Innerhalb von wenigen Sekunden hatte er Karas Hand- und Fußgelenke mit Nylonstricken an den Tischbeinen festgebunden und schnürte zum Schluss auch noch ein Seil um seine Hüften. Kara konnte sich nur noch einige Millimeter bewegen, er sah wie ein Tierfell aus, das gegerbt werden sollte. Dann ging der Kirgise zu einem kleinen Metallkäfig, öffnete ihn, schob die Hand vorsichtig hinein und wandte sich Kara zu. »Diesmal habe ich die Zeit, das zu tun, was ich will. Deine Hinrichtungmuss nur so erledigt werden, dass ich behaupten kann, ich hätte dich bei einem Fluchtversuch getötet. Es dürfen keine Spuren zurückbleiben.«
    Kara sagte nichts, er war gar nicht dazu imstande. Er starrte auf das Tier, das Manas am Schwanz hochhielt: eine riesige rotbraune Ratte, die anscheinend mit ihrem Leben alles andere als zufrieden war.
    »Dieser Ort bietet interessante Möglichkeiten für Improvisationen«, erklärte Manas und hielt die Ratte eine Handbreit von Karas Gesicht entfernt. »Das ist eine Rattus norvegicus , eine ganz gewöhnliche Großratte. Sie hat messerscharfe Vorderzähne und einen ausnehmend aggressiven Charakter. Ich setze sie dir auf den Bauch und stülpe einen kleinen Metalltopf darüber. Und wenn ich den Topf erhitze, nagt die Ratte sich ihren Weg in die Freiheit. Durch deinen Bauch.«
    »Ist dir selber klar, wie krank du bist?«, fragte Kara, und die beiden Männer schauten sich eine Weile unverwandt an. »Eben hast du gesagt, dass keine Spuren zurückbleiben dürfen.«
    Manas zog aus seinem langen Mantel eine Schrotflinte hervor, deren Läufe unmittelbar am Kolben abgesägt waren. »Ich verwende diese Lupara wirklich selten. Sie hinterlässt in deinem Bauch ein ungefähr genauso großes Loch wie die Ratte. Und man wird ja keine Obduktion durchführen, es genügt, wenn alles oberflächlich so aussieht, als wäre es in Ordnung. Allerdings muss man die Ratte aus deinen Eingeweiden herausreißen, bevor sie dich finden. Aber alle Berufe haben eben auch ihre Schattenseiten.«
    Manas kramte in den Schränken herum, kehrte zu Kara zurück und drückte ihm ein Stück Panzerband auf den Mund. »Wir gehen es langsam an, wir haben keine Eile.«
    Kara versuchte vergeblich zu schreien, als er die scharfen Krallen des Nagers auf seinem Bauch fühlte. Manas stülpte einen kleinen, schweren Metalltopf über die Ratte. Das Tier gebärdete sich eine Weile wie verrückt, beruhigte sich aber dann.
    Plötzlich hämmerte jemand an die Tür und rief etwas in Deutsch.
    Manas nahm den Topf und die Ratte von Karas Bauch herunter, trat aus der Halle hinaus und schloss die Tür hinter sich.
    Kara zerrte an den Nylonseilen, zog aber dadurch die Knoten nur noch fester. Er musste seine Hände oder Beine freibekommen, sonst würde er auf dem Stahltisch bei
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