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Rot

Rot

Titel: Rot
Autoren: Taavi Soininvaara
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lebendigem Leibe verbrennen – der Kirgise hatte die Absicht, den Rattentopf mit einer Flamme zu erhitzen, dann würde das Propangas explodieren.
    * * *
    Nur eine knappe halbe Stunde, nachdem Ukkola den Namen von Vilmas Vater verraten hatte, parkte Kati Soisalo ihr Auto vor dem Haus des Kabinettsvorsitzenden in der Sandelsinkatu. Am Telefon hatte er sich überrascht, aber zugleich interessiert angehört und zugesagt, sich unverzüglich mit ihr zu treffen.
    Kati Soisalo stieg die Treppe hinauf und schüttelte immer wieder den Kopf. Sie würde gleich den Vater ihrer Tochter sehen, einen Mann, dem sie nach ihrer Erinnerung nie begegnet war, dem Mann, der die Entführung Vilmas beschlossen und dafür gesorgt hatte, dass sie von seiner Tochter Helena Poulsen aufgezogen wurde. Kati Soisalo war innerlich aufgewühlt und beherrscht von chaotischen Gefühlen: Sie schämte sich für das, was vor Jahren in der Huvilakatu geschehen war, sie konnte es nicht fassen, was der Mann ihr und Vilma angetan hatte, und sie war angesichts der Absurdität der ganzen Situation völlig konsterniert.
    Sie brauchte nicht zu klingeln, die Tür stand einen Spalt weit offen, und der Vorsitzende des Kabinetts wartete im Flur.
    »Na also, Mädchen. Drei Jahre hat es gedauert, aber nun hast du doch den Weg hierher gefunden.« Der Vorsitzende nahm höflich den Mantel entgegen, den Kati Soisalo ausgezogen hatte, und hängte ihn an die Garderobe.
    Kati Soisalo spürte das Metall ihrer Pistole im Kreuz, der Saum des Hemdes verdeckte den Griff der Waffe, die im Hosenbund steckte. Sie stand regungslos da, starrte den ehemaligen finnischen Ministerpräsidenten an und suchte in seinem Gesicht nach irgendeinem Beweis dafür, dass er Vilmas Vater war, sah sich aber enttäuscht. Der Vorsitzende erinnerte mit seinem kräftigen Kinn, der geröteten Haut und den kleinen Augen eher an einen Bauern, der Ende des neunzehnten Jahrhunderts auf einem Schwarz-Weiß-Foto posierte. Zum Glück hat Vilma ihr Äußeres von der Mutter geerbt, dachte Kati Soisalo und spürte, wie die Wut wieder in ihr hochkochte, als sie bemerkte, dass der Mann sie amüsiert musterte.
    »Ich habe eben mit Ukkola gesprochen. Ich weiß, was los ist«, sagte der Vorsitzende. »Ich kann nur immer noch nicht glauben, dass du nichts von dieser Nacht im Gedächtnis behalten hast, nicht mal mich.«
    »Wahrscheinlich war an dir nicht viel, was man im Gedächtnis behält«, entgegnete Kati Soisalo.
    Das Gesicht des Vorsitzenden rötete sich noch mehr. Er dirigierte sie mit einer Handbewegung ins Wohnzimmer und setzte sich in einen Sessel, auf den alle anderen Sitzgelegenheiten des Raumes ausgerichtet waren. Kati Soisalo blieb mitten auf dem orientalischen Teppich stehen.
    »Du bist mir aufgefallen, kurz nachdem ich Jukka Ukkola als Mitglied in das Kabinett aufgenommen hatte. Damals sahst du noch ziemlich scharf aus. Es war kein Zufall, dass wir uns auf der Party vor drei Jahren in der Huvilakatu getroffen haben. Ukkola hat mir mitgeteilt, wo du bist. Er wusste, dass er steril war, und wollte, dass du schwanger wirst, angeblich warst du zu der Zeit unheimlich versessen darauf, ein Kind zu kriegen. An dem Abend bist du dann zufällig sturzbetrunken und geil auf einen Mann gewesen. Aber dass du auf einen Schlag gleich schwanger geworden bist, das war völlig überraschend.«
    »Ist das sicher? Dass du Vilmas Vater bist?«
    »Ukkola hat bei der KRP die DNA-Tests machen lassen.«
    Kati Soisalo setzte sich in den Biedermeiersessel. »Warum? Sag mir, warum du mir Vilma wegnehmen wolltest.«
    »Das war nun eher Zufall. Helena, meiner Tochter, ist es einfach nicht gelungen, schwanger zu werden. Sie konnten kein finnisches Kind für eine Adoption bekommen, und ein ausländisches wollte Helena nicht. Das Mädchen ist verdammt eigensinnig, da kommt sie nach mir. Aber ihnen darfst du das alles nicht vorwerfen. Helena und Joakim haben sich nur damit einverstanden erklärt, dass ich meine Beziehungen nutze und ihnen ein finnisches Adoptivkind ohne Bürokratie besorge. Helena bekam das, weswegen sie allen so lange in den Ohren gelegen hatte: ein Kind. Und ich bekam die Möglichkeit, meine neue Tochter zu treffen, wann immer ich Zeit hatte und wollte. Das war eine hervorragende Lösung.«
    »Für alle, außer für mich und Vilma«, erwiderte Kati Soisalo und verspürte den brennenden Wunsch, diesen überheblichen Fiesling auf der Stelle zu erschießen. »Du Idiot wirst ja wohl kapieren, dass sich all das vor Gericht so
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