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Rot wie das Meer

Titel: Rot wie das Meer
Autoren: Maggie Stiefvater
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mich, ob es Holly gelungen ist, Sean vom Strand wegzulocken. Oder ob Sean dort unten übernachten wird. Normalerweise ist er unglaublich vernünftig, aber nicht wenn es um Corr geht.
    »Warum geben wir ihm dann nicht was ab von dem Geld?«, will Finn wissen.
    Ich schlucke. »Weil der Gewinn nicht für das Haus und Corr reicht.«
    Finn kramt in seiner Tasche. »Wir können ja das hier nehmen.«
    Als ich das dicke Bündel Geldscheine in seiner Hand sehe, bleibe ich so abrupt stehen, dass Doves Kopf meine Schulter rammt. »Finn!«, keuche ich. »Finn Connolly, wo hast du das her?«
    Ich sehe ihm an, wie sehr er sich bemühen muss, nicht breit zu grinsen. Von der Anstrengung bekommt er sofort wieder sein Froschgesicht. Ich kann den Blick nicht von dem Geldbündel in seiner Hand wenden, das fast genauso dick ist wie der Beutel mit dem Preisgeld.
    »45:1«, erwidert er knapp.
    Ich brauche eine Weile, bis mir klar wird, woher mir diese Zahlen bekannt vorkommen – von der Tafel bei Gratton. Plötzlich habe ich einen Verdacht, wohin der Rest des Geldes aus unserer Keksdose verschwunden ist.
    »Eine Wette? Du hast auf mich ...« Ich kann den Satz nicht einmal zu Ende führen.
    Finn setzt sich wieder in Bewegung und jetzt hat sein Gang einen beinahe stolzen Ausdruck, als er entgegnet: »Dory Maud hat gesagt, du wärst der Geheimtipp.«

65
    Puck Meine Mutter hat immer gesagt, man solle seine beste Kleidung anziehen, wenn man wütend ist, weil das die Leute einschüchtere. Ich bin nicht wütend, aber ich will furchterregend aussehen, also gebe ich mir am Morgen nach dem Rennen besonders viel Mühe. Ich verbringe eine geschlagene Stunde vor dem kleinen ovalen Spiegel im Zimmer meiner Mutter, drehe meine roten Haare auf eine Bürste und zupfe die Locken mit den Fingern zurecht. Dann bürste ich sie glatt, während ich die ganze Zeit an Peg Grattons Haare denke. In dieselbe Richtung gekämmt, scheinen sie viel weniger zu sein, und als ich meine Haare schließlich mit Nadeln zurückstecke, blicke ich im Spiegel in das Gesicht meiner Mutter.
    Ich öffne ihren Schrank und sehe ihre Kleider durch, aber keins davon wirkt sonderlich einschüchternd. Also entscheide ich mich stattdessen für eine Hose und ein Hemd mit Kragen und schlüpfe in meine Stiefel, nachdem ich den Strand heruntergebürstet habe. Zum Schluss borge ich mir noch Mums Armband aus Korallen und die dazu passende Halskette aus. Dann trete ich auf den Flur.
    »Kate«, sagt Gabe völlig perplex. Er sitzt am Küchentisch und starrt mich an. Letzte Nacht habe ich gehört, wie er gepackt hat. »Wo willst du hin?«
    »Zum Malvern-Hof.«
    »Tja, du siehst jedenfalls wirklich hübsch aus.«
    Ich öffne die Tür. Der Morgen draußen begrüßt mich mit Pastellfarben und einem leichten Duft nach Holzfeuern. Er ist so mild, wie der gestrige rau war. »Ich weiß.«
    Ich schnalle mir meinen Schulranzen auf den Rücken und setze mich aufs Fahrrad – denn wenn sich Dove gestern irgendetwas verdient hat, dann wohl einen Tag Ruhe – und radele durch den freundlichen Morgen los zum Malvern-Hof.
    Wie das letzte Mal, als ich dort war, herrscht auf dem Hof emsige Geschäftigkeit. Pfleger bringen Pferde auf die Weiden, Reiter bewegen auf der Galoppbahn die Vollblüter und die Stallburschen fegen das Kopfsteinpflaster.
    »Kate Connolly«, begrüßt mich einer der Pfleger. »Sean ist nicht hier.«
    Das hatte ich auch nicht erwartet, aber die Nachricht beunruhigt mich trotzdem. Ich erwidere: »Eigentlich möchte ich zu Benjamin Malvern.«
    »Er müsste im Haus sein – erwartet er dich?«
    »Ja«, sage ich, denn falls er mich nicht erwartet, ändert sich das spätestens, wenn ich durch die Tür komme.
    »Na dann, bitte schön«, sagt der Pfleger und öffnet für mich und mein Fahrrad das Tor.
    Ich bedanke mich und schiebe mein Rad zum Haus der Malverns. Es steht ein Stück vom Stall entfernt, ein großes, altehrwürdiges Gebäude. Genau wie Malvern selbst ist es eindrucksvoll und Ehrfurcht gebietend, aber nicht unbedingt schön anzusehen. Ich lehne mein Fahrrad an die Wand, gehe zur Tür und klopfe.
    Einen Moment lang passiert nichts, dann aber öffnet Benjamin Malvern selbst die Tür.
    »Guten Morgen«, sage ich und trete an ihm vorbei in die Eingangshalle. Sie ist ziemlich kahl, mit einer hohen Decke und nichts als einem kleinen Tisch an einer Wand. Durch eine Tür blicke ich in ein Wohnzimmer und sehe eine einzelne Teetasse auf der weißen Tischdecke.
    »Ich war gerade beim Tee«, sagt
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