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Rosenschmerz (German Edition)

Rosenschmerz (German Edition)

Titel: Rosenschmerz (German Edition)
Autoren: Hannsdieter Loy
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Katharina
Silbernagl. »Und dann ist der Vater zu mir gekommen.«
    »Du musst mir helfen, Bub«, hatte Paul Silbernagl gesagt und Robert
die Situation beschrieben. »Schließlich geht’s auch um dein Erbe.« Dann hatte
er einen Plan gemacht.
    Der Plan war, den Erpresser ruhigzustellen. Und wie stellst du so
einen ruhig? Na siehst du.
    Robert hatte zuerst nicht mitmachen wollen. Er hatte sich geweigert.
Doch dann war der Vater rabiat geworden. »Du kennst dem Kirchbichler seine
Gewohnheiten«, hatte er gebrüllt. »Du weißt am besten, wie du mit ihm umgehen
kannst. Und« – jetzt war er drohend geworden – »dein Erbe muss dir
schon was wert sein. Wenn ich mich erpressen lasse, ist es weg.«
    Robert hatte gewusst, dass der Niki an dem Tag in die Sauna gehen
wollte. So gegen sechs am späten Nachmittag. Um fünf heizte der Franz immer an.
»Das reinigt die Gedanken und die Stimmung«, war Nikis geflügeltes Wort
gewesen.
    »Da, nimm«, hatte der Robert um Mittag herum gesagt. »Das ist eine
neue Mischung. Besser noch als unser Fluopram. Das hilft bestimmt. Da wirst du
locker.« Dass Robert in dem Becher zwölf Fluopram in Wasser aufgelöst hatte,
das konnte der Niki natürlich nicht ahnen. Sie waren ja geschmacklos. Und dass
Robert sich vorher im Internet gründlich schlau gemacht hatte, davon konnte er
natürlich auch nicht ausgehen. Schlau gemacht war eigentlich weit untertrieben.
Er hatte sich zu einem Mini-Kardiologen herangebildet. Im Detail wusste er
Bescheid, wie eine Überdosis des Mittels wirkt, wenn der Körper erhitzt wird.
»Torsade de pointes« hieß das. Nichts anderes als Herzkammerflimmern mit
tödlichem Ausgang, hervorgerufen durch Kalium-, Magnesium- und Sauerstoffmangel
durch heftiges Schwitzen in der Sauna. Die Überdosis durften sie ruhig finden,
so war Roberts Überlegung, denn dass Niki das Mittel nahm, war allgemein
bekannt. Falls sein Tod nicht sowieso als natürlich durchging.
    »Also ein perfekter Mord«, schloss Robert Speckbacher und
trank sein Bierglas leer. »Nimm dich in acht vor mir, Schwesterherz.« Er sprach
mit der Raffinesse eines routinierten Mörders.
    Kathi warf einen Blick hinüber zum Tisch in der Ecke. Der Platz war
leer. Dunkle Wolken hingen über der grauen Landschaft und den Gipfeln.
Schroffe, gewaltige Bergrücken. Das Schwarz der Rinnen, Kare und Tannen
überdeckt von der Helle des Schnees.
    Sie schauderte. Nicht weil es so kalt war. Sondern weil sie noch nie
einen Mord so hautnah mitbekommen hatte. Roberts Behauptung, er sei ihr
Halbbruder, rückte vor der Wucht dieses Geständnisses in den Hintergrund. Das
konnte warten. Sie kam sich fast hilflos vor. Robert saß da mit sicherem, fast
heiterem Blick, der den ihren erwiderte, ohne auch nur einen Millimeter
auszuweichen. Und doch sah sie ihn plötzlich mit vollkommen anderen Augen.
Erinnerungen stellten sich ein.
    Der Champagner hatte sie leicht beschwipst gemacht.
    »Hast du eigentlich keine Eltern?«, hatte Niki sie in diesem Zustand
dummerweise gefragt.
    Da hatte sie von ihrer Mutter erzählt. Ihre tote Mutter sei für sie
nur noch eine Frau auf ein paar vergilbten Fotos, hatte sie gesagt. Von dem
Unfall hatte sie erzählt, bei dem ihre Mutter ums Leben gekommen war. Von ihrem
Vater. Dass sie ihn seit dem Unfall nicht mehr gesehen hatte. Weil sie mit
vierzehn Jahren vor ihm geflüchtet war.
    »Warum?«, hatte er gefragt.
    Noch ein halbes Glas Champagner. »Weil er sie umgebracht hat.«
    »Wieso?«
    »Das steht in diesem Brief. Und ich hab’s gesehen.«
    So ein dummes Zeug, dachte sie heute. Muss ich vielleicht vernagelt
gewesen sein. Da hat der Niki sich gleich seinen Reim drauf gemacht. Irgendwie
musste er es geschafft haben, den Brief zu kopieren. Sie hatte natürlich keine
Ahnung gehabt, in welcher bescheuerten Lage sich der Niki befunden hatte. Das
war alles erst hinterher hochgekocht.
    Sie schüttelte den Kopf. Die Erinnerungen überschwemmten
sie. Indirekt war sie also schuld daran, dass Niki ihren Vater erpresst hatte,
und auch daran, dass Niki nun tot war.
    »Glaubst mir nicht, was?«, sagte Robert.
    Sie fühlte sich wie ausgehöhlt. »Schad, dass ich kein Tonband
dabeihab«, sagte sie.
    Er lachte kurz auf und musterte sie durchdringend. »Dass du meine
Schwester bist, mein ich. Äh, Halbschwester. Das nimmst mir nicht wirklich ab. Oder?«
    »Woher soll ich wissen, dass das stimmt?«, sagte sie bitter.
    »Dann muss ich dir’s halt beweisen. Komm mit.«
    *
    »Herr Ottakring, Polizeimeister Nagl hier. Ich
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