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Rosenschmerz (German Edition)

Rosenschmerz (German Edition)

Titel: Rosenschmerz (German Edition)
Autoren: Hannsdieter Loy
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Leiche im Garten entdeckt?
    Es war keine Leiche.
    Es war eine mobile Beschallungsanlage. Ein Verstärker mit
     angeschlossenem CD -Spieler und zwei Lautsprechern. Die
     Geräte waren auf dem Rasen zwischen den Thujen und der Zypresse in Ottakrings
     Garten platziert. Der Balken auf dem Einsatzfahrzeug tauchte die Szene abwechselnd
     in alarmblaues und nachtschwarzes Licht.
    »Hier. Die CD «, rief ein Polizist.
    »Abspielen«, sagte Ottakring laut.
    »Abspielen? Jetzt?«
    »Abspielen, sag ich! Nur leiser stellen.«
    Die aufsteigende Wut würgte ihn. Seine Augen schossen Blitze auf den
     Beamten mit dem Meerschweinchengesicht ab.
    »Verdammt!«, brüllte Ottakring. Er holte aus und drosch auf die
     unschuldige Zypresse ein.
    »Mitnehmen, das Ding!«, befahl er. »Untersuchen!«
    Dass alle vier Reifen des Porsche aufgeschlitzt worden
     waren, bemerkte Ottakring erst, als er Montag früh zum Dienst fahren wollte. Es
     musste sich in der kurzen Zeitspanne seines Sekundenschlafs ereignet haben.
    »Soll ich mich hinter den Busch setzen und Wache schieben, Herr
     Ellmaier?«, fragte Ottakring den Leiter der Polizeiinspektion. »Außerdem hab
     ich immer noch keinen Zeugen, ums gerichtsmäßig zu machen. Tut ihr doch mal
     endlich was gegen diesen Terror. Ich kann erst tätig werden, wenn die jemanden
     umbringen.«
    »Was sollen wir machen? So ist unser Rechtssystem halt«, sagte der Polizist.
     »Und Sie müssen selber aufpassen, Herr Ottakring. Die glauben bestimmt, dass
     Sie es waren, der uns alarmiert hat. Deshalb sind die Reifen geschlitzt.«
    Aber das wusste Ottakring ja selbst.
    Am Dienstag früh parkte der russische Landrover wieder vor dem Haus.
     Eine tote Katze lag auf Ottakrings Rasen neben den Obstbäumen. Die Augen waren
     starr ins Gras gerichtet, als ob sie dort eine Maus vermutete. Eine rot-weiß
     gemusterte Schnur war um ihren Hals geschlungen. Niedliche rote Zunge zwischen
     gefletschten Zähnen.
    Nun war das Maß voll. Er ging hinüber. Die P7 steckte routinemäßig im Halfter am Gürtel.
     Kein Name am Klingelschild. Nur zwei Knöpfe. Er drückte aufs Geratewohl den
     unteren. Ein kleiner Junge öffnete. Er trug einen grünen Pulli.
    »Ich möchte deinen Vater sprechen«, sagte er langsam und so höflich
     er konnte.
    »Vater. Ja«, sagte der Junge. Sein grüner Pulli stank nach kaltem
     Zigarettenrauch.
    Der Bub, der vor ihm weggerannt war! Ottakring machte einen Schritt
     nach vorn und streckte den Arm nach dem Jungen aus. Wollte ihn fragen, ob er
     das mit dem Porsche gewesen war.
    Vor Ottakrings Nase schlug die Wohnungstür zu.
    Der Junge hatte ein Bein nachgezogen. Aha, dachte Ottakring. Doch er
     sah ein, dass er so nicht weiterkam.
    Der Hausflur war verqualmt wie ein Dorfwirtshaus vor dem
     Rauchverbot. Ottakring setzte einen Fuß auf die Treppe zum ersten Stock.
    »Hallooo!«, brüllte er. »Ich möchte den sprechen, der die tote Katze
     in meinen Garten geschmissen hat.« Er erschrak vor der Gewalt seiner eigenen
     Stimme. »Und die herrliche Technik im Garten installiert hat.«
    Nichts rührte sich. »Und meine Reifen aufgeschlitzt hat.«
    »Hallooo!«, brüllte er noch einmal. Unwillkürlich hatte sich seine
     Hand über den Griff der Dienstpistole am Gürtelholster gelegt. Die Heckler
     Koch P7,
     geladen und gesichert, ein Kilogramm schwer, acht Neun-Millimeter-Patronen,
     Halbautomatik. Ottakring hatte unbewusst die Hand um die Fingermulden am
     Griffrahmen gelegt. Er zuckte zurück, als er es merkte.
    In diesem Augenblick wurde eine Tür aufgerissen.
    »Ja!«, zischte der im blauen Trainingsanzug aus der unteren Wohnung.
     »Was wollen Sie?«
    Und – ohne dass Ottakring auch nur eine einzige Bewegung
     registriert hätte, stand auch der Herr aus der oberen Etage zwei Stufen über
     ihm. Er hatte einen glänzenden Anzug an, kaute auf der Unterlippe herum und zog
     lange an seiner Zigarette. Dabei sah er Ottakring durchdringend an.
    Ottakring sah sich einem Kreuzfeuer aus bösen Blicken ausgesetzt.
     Und er hatte das dumme Gefühl, in einer Falle zu stecken. Denn wie ferngesteuert
     schlug die Haustür zu. Er war eingeschlossen. Ottakring war sich bewusst, dass
     er zwar bewaffnet, aber hilflos war. Seine Nerven waren gespannt wie
     Drahtseile. Er wusste sich nicht anders zu helfen als zu lachen. Er lachte. Ein
     fremder, harscher Laut in der geisterhaften Stille dieses Hauses. Ein Geräusch,
     das da nicht hingehörte.
    Lust auf mehr?
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