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Ronja Räubertochter

Ronja Räubertochter

Titel: Ronja Räubertochter
Autoren: Astrid Lindgren
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ihnen ein, und sie erzählten davon. Alle Räuber lauschten mit Wohlbehagen und gewaltigen Lachsalven. Auch Birk und Ronja, die weit unten an der Tafel saßen, machte das Zuhören Spaß. Ihr Lachen perlte so hell und klar über dem rauhen Gewieher der Räuber, daß Mattis und Borka ihre Freude daran hatten. Eine düstere, lange Zeit hatten keine Ronja und kein Birk in der Mattisburg gelacht, und noch hatten sich Mattis und Borka nicht an das Glück gewöhnt, daß ihre Kinder bei ihnen waren. Darum klang ihnen dieses Lachen wie die lieblichste Musik in den Ohren, und es ermunterte sie dazu, die Streiche ihrer Kindheit noch breiter auszumalen.
    Plötzlich aber sagte Mattis:
    »Du, Borka, gräm dich nicht, daß es heute übel für dich ausgegangen ist.
    Vielleicht kommen mal bessere Zeiten für die Borkasippe. Wenn wir beide nicht mehr sind, wird wohl dein Sohn Häuptling werden. Denn meine Tochter will ja nicht. Und wenn sie nein sagt, dann meint sie nein, das hat sie von ihrer Mutter.«
    Als Borka das hörte, sah er ungemein zufrieden aus. Aber Ronja rief quer über die Tafel:
    »Und du glaubst Birk will Räuberhauptmann werden?«
    »Das will er«, versicherte Borka mit Nachdruck.
    Da stand Birk auf und ging bis in die Mitte der Steinhalle, so daß ihn alle sehen konnten. Und er hob seine rechte Hand und schwor einen Eid, daß er niemals ein Räuber werde, komme, was wolle.
    Ein drückendes Schweigen legte sich über die Steinhalle.Borka waren die Augen feucht geworden vor Kummer über seinen Sohn, der so aus der Art schlug. Aber Mattis versuchte ihn zu trösten.
    »Ich hab mich dran gewöhnen müssen«, sagte er, »und das wirst du auch tun.
    Heutzutage hat man bei seinen Kindern nichts mehr zu melden. Die machen, was sie wollen. Damit muß man sich eben abfinden. Leicht ist es aber nicht!« Die beiden Häuptlinge saßen lange da und blickten düster in eine Zukunft, in der das stolze Räuberleben der Mattissippe und der Borkasippe nur noch eine Sage und alsbald verblichene Erinnerung sein würde.
    Erst allmählich kamen sie wieder auf ihre Rattenjagd im Schweinestall zurück und beschlossen, ihren Spaß zu haben trotz ihrer eigensinnigen Kinder. Und ihre Räuber wetteiferten darin, allen Griesgram und Verdruß mit derben Räuberliedern und wilden Tänzen zu vertreiben. Sie wirbelten herum, daß die Dielen knarrten und knackten, auch Birk und Ronja hüpften im Reigen mit, und Ronja brachte Birk viele übermütige Räubersprünge bei.
    Währenddessen saßen Lovis und Undis allein in einem Gemach. Sie aßen und tranken und plauderten. In den meisten Dingen waren sie verschiedener Ansicht, nur in einem waren sie sich einig: Wie mächtig wohl es tat, ab und zu mal Ruhe zu haben und von den Mannsleuten keinen einzigen Mucks zu hören.
    Und in der Steinhalle ging das Fest weiter. So lange, bis Glatzen-Per plötzlich vor Erschöpfung umfiel. Trotz seines Alters hatte er einen vergnüglichen und munteren Tag gehabt, aber jetzt war es mit seinen Kräften vorbei, und Ronja brachte ihn in seine Schlafkammer. Dort sank er matt und zufrieden auf sein Bett, und Ronja deckte ihn mit seinen Felldecken zu. »Es beruhigt mein altes Herz«, sagte Glatzen-Per, »daß keiner von euch, weder du noch Birk, Räuber werden will. Früher konnte man das mit Lust und Liebe sein, das muß ich schon sagen.
    Aber heutzutage ist es eine heikle Sache, heute kann man aufgeknüpft werden, ehe man sich's versieht.« »Ja, und außerdem weinen und schreien die Leute, wenn man ihnen ihr Eigentum wegnimmt«, sagte Ronja. »Das könnte ich nie ertragen.«
    »Nein, mein Kind, das könntest du nie ertragen«, sagte Glatzen-Per. »Aber jetzt will ich dir mal das hübsche, kleine Geheimnis verraten, wenn du mir versprichst, es keiner Menschenseele weiterzusagen.« Und das versprach Ronja.
    Da ergriff Glatzen-Per ihre warmen, kleinen Hände, um die eigenen, die so kalt waren, zu wärmen, und erzählte: »Du, meine Herzensfreude«, sagte er. »Als ich noch jung war und mich im Wald herumtrieb genau wie du jetzt, da konnte ich einem kleinen Graugnomen, den die Druden unbedingt umbringen wollten, das Leben retten. Na ja, Graugnomen sind schon ein scheußliches Pack, aber dieser war irgendwie anders, und dankbar war er hinterher so sehr, daß ich ihn kaum loswerden konnte. Er bestand darauf, mir etwas zu schenken, nämlich ... Nein, schau an, da haben wir ja Mattis«, sagte
    Glatzen-Per, denn plötzlich stand Mattis an der Tür und wollte wissen, wo Ronja so lange
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