Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ronja Räubertochter

Ronja Räubertochter

Titel: Ronja Räubertochter
Autoren: Astrid Lindgren
Vom Netzwerk:
ratsam, Mattis zu reizen. Deshalb begannen sie auch sofort, das Neugeborene zu loben und zu preisen. Ihm zu Ehren leerten sie auch viele Humpen Bier, und das alles freute Mattis. Er ließ sich mitten unter ihnen auf den Hochsitz nieder und zeigte ihnen immer wieder sein bestaunenswertes Kind.
    Da wird sich Borka die Pest an den Hals ärgern«, sagte er. Soll er doch ruhig in seiner elenden Räuberhöhle hocken und vor Neid mit den Zähnen knirschen. Ja, potz Pestilenz, das gibt ein Heulen und Zähneklappern, daß sich alle Wilddruden und Graugnomen im Borkawald die Ohren zuhalten müssen, glaubt mir!«
    Glatzen-Per nickte zufrieden und sagte mit einem kleinen Glucksen: Und ob sich Borka die Pest an den Hals ärgern wird! Denn jetzt lebt die Mattissippe weiter, aber mit der Borkasippe geht's bergab, ja, schnurstracks zum Donnerdrummel.« Genau«, bestätigte Mattis, »schnurstracks zum Donnerdrummel, so sicher wie der Tod! Denn soweit mir bekannt, hat Borka noch kein Kind zustande gebracht. Und wird auch nie eins fertigkriegen.«
    In diesem Augenblick gab es einen Donnerknall, wie ihn bisher noch nie jemand im Mattiswald gehört hatte. Sogar die Räuber erbleichten, und Glatzen-Per kippte um, hinfällig wie er war.Ronja stieß unerwartet ein klägliches, kleines Wimmern aus, und dieses Wimmern fuhr Mattis ärger in die Glieder als der Donnerknall.
    »Mein Kind weint«, schrie er. »Was tut man, was tut man bloß?«
    Aber Lovis stand ganz gelassen da. Sie nahm ihm das Kind weg und legte es an ihre Brust, und dann gab es kein Wimmern mehr.
    »Das hat ja wacker geballert«, meinte Glatzen-Per, nachdem er sich etwas erholt hatte. »Ich freß einen Besen, wenn das nicht eingeschlagen hat.«
    Ja, gewiß hatte es eingeschlagen, und zwar gründlich. Man sah es, als es Morgen wurde. Die uralte Mattisburg hoch oben auf dem Mattisberg war geborsten, mittendurch. Von den obersten Zinnen bis hinab zum tiefsten Kellergewölbe war die Burg jetzt in zwei Hälften geteilt, und dazwischen lag ein Abgrund.
    »Ronja, dein Kinderleben beginnt großartig«, sagte Lovis, als sie mit dem Kind im Arm an der zerschmetterten Mauerkrone stand und die ganze Zerstörung sah.
    Mattis aber raste wie ein wildes Tier. Wie konnte so etwas der alten Burg seiner Väter geschehen? Doch seine Wut verrauchte meistens schnell, er fand immer einen Grund, sich zu trösten. »Na ja, dann sind wir wenigstens die vielen Irrgänge und Kellerhöhlen und all das Gerumpel los. Von Stund an braucht sich keiner mehr in der Mattisburg zu verirren. Ihr wißt doch noch, wie es war, als Glatzen-Per sich verlaufen hat und erst nach vier Tagen wieder auftauchte!«
    Daran wollte Glatzen-Per nicht gern erinnert werden. Konnte er denn was dafür, wenn es ihm so übel ergangen war! Er hatte ja nur herausfinden wollen, wie riesig und gewaltig die Mattisburg tatsächlich war, und hatte dabei herausgefunden, daß sie groß genug war, sich darin zu verirren. Der arme Kerl, fast halbtot war er gewesen, als er endlich zur großen Steinhalle zurückgefunden hatte. Zum Glück hatten die Räuber so gelärmt und gegrölt, daß er sie von weitem gehört hatte, sonst hatte er wohl nie zurückgefunden.
    »Die ganze Burg haben wir ja doch nie benutzt«, sagte Mattis. »Und wir können in unseren Sälen und Kammern und Turmzimmern ja wohnen bleiben wie bisher.
    Das einzige, was mich wurmt, ist, daß wir unseren Abtritt losgeworden sind. Ja, potz Pestilenz, der liegt jetzt drüben jenseits des Abgrunds, und wer es sich nicht verkneifen kann, bis wir einen neuen gezimmert haben, der kann einem leid tun.«
    Doch diese Angelegenheit wurde schnell in Ordnung gebracht. Und das Leben auf der Mattisburg ging weiter wie bisher. Nur mit dem Unterschied, daß es dort jetzt ein Kind gab, ein kleines Kind, das Mattis und alle seine Räuber mit der Zeit mehr oder weniger närrisch machte, fand Lovis. Nicht, daß es geschadet hätte, daß sie jetzt weniger grob zupackten und sich um ein bißchen mehr Anstand bemühten, aber schließlich mußte alles seine Grenzen haben. Und ganz gewiß war es unnatürlich, wenn zwölf Räuber und ein Räuberhauptmann dümmlich grinsten und jubelten, als hätten sie nie ein größeres Wunder auf Erden erlebt, bloß weil ein kleines Kind gerade gelernt hatte, in der Steinhalle herumzukriechen. Gewiß krabbelte Ronja ungewöhnlich flink herum, sie hatte nämlich einen Kniff, sich mit dem linken Fuß abzustoßen, was die Räuber geradezu einzigartig fanden. Aber schließlich und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher