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Romeo und Jabulile

Romeo und Jabulile

Titel: Romeo und Jabulile
Autoren: Lutz van Dijk
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darf keine von uns aufgeben. Wenn wir das Unentschieden halten, wäre es schon eine gute Leistung.
    Als wenn es nur eine Minute gewesen wäre, ist die Pause auch schon wieder vorbei. Während wir erschöpft zurück auf den Platz trotten, scheinen unsere Gegnerinnen erst richtig aufzudrehen. Sie lachen sich aufmunternd gegenseitig zu. Einen Moment denke ich, die haben uns die erste Halbzeit nur geschont, damit wir für die zweite überhaupt noch wiederkommen. Und richti g – schon nach gut fünf Minuten knallt das erste Tor bei uns rein. Andiswa hatte nicht die Spur einer Chance.
    Pastor Khanya winkt uns ein verabredetes Signal z u – beide Hände Richtung Tor. Es bedeutet: alle in die Verteidigung! Haltet, was zu retten ist! Unsere Fans aus Masi trompeten, als müssten sie alle Elefanten aus dem Kruger-Park zur Verstärkung rufen. Auch die kleine Gruppe von der staubigen Nordseite hat sich ihnen jetzt angeschlossen und brüllt aus Leibeskräften Worte, die ich nicht verstehe. Immerhin sind es offenbar auch Fans von uns.
    Obwohl wir nun mit allen elf Spielerinnen ganz überwiegend in unserer Hälfte beschäftigt sind, brechen die weiblichen Muskelberge aus Gugs wieder und wieder durch. Wie eine Bombe fetzt zum zweiten Mal der Ball ins Netz. Da ich nicht weit von ihr weg bin, sehe ich, wie Ma Dudula zufrieden grinst. Was mag sie noch vorhaben mit uns?
    Pastor Khanya ruft uns weiter aufbauende Worte zu: »Ihr schafft es! Durchhalten! Mauern!« Ich habe keine Ahnung, wie lange wir noch durchhalten müssen. Mein Hemd ist völlig durchgeschwitzt und klebt unangenehm am Körper. Einen Moment schaue ich zu Vater und Lonwab o – da kracht schon wieder ein Ball ins Netz. » Laduma, laduuuum a – Tor, Tooor!«, schreien die Fans aus Gugs . Für sie hat sich der Ausflug fraglos gelohnt.
    Es ist nach diesem dritten Tor, dass ich aus gar nicht so großer Entfernung Unathis schrille Stimme höre. Unathi ist am Spielfeldrand entlanggelaufen, um auf meine Höhe zu kommen: »Jabuuuu!«, schreit sie. »Jabu, es liegt nur an mir, dass du heute kein Tor schießt. Bitte verzeih mir, bitte!« Ich sehe, dass sie den Tränen nahe ist.
    Ich habe nicht mehr genug Atem, um zurückzurufen. Aber das ist nun wirklich totaler Quatsch. Ich schüttle den Kopf in ihre Richtung, aber sie kapiert nicht. Und während ich ihr noch verständlich zu machen versuche, dass ich auch mit vier Augen keine Chance hätte, höre ich plötzlich, wie Sandiswa neben mir heranstürmt. »Lauf!«, keucht sie, »lauf, Jab u …!«
    Mir ist augenblicklich klar, was sie vorhat. Wie durch ein Wunder hat sie es geschafft durchzubrechen. Vielleicht weil unsere Gegnerinnen dachten: Was soll die Kleine aus der Verteidigung schon im Sturm ausrichten?
    Aber dann haben sie mich übersehen. Und ich renne, als wäre eine ausgebrochene Elefantenherde hinter mir her. Die spitzen Steine unter meinen Fußsohlen sind wie Federn, die meinen Lauf nur noch beschleunigen. Weiter, weiter! Wo ist Sandiswa? Sie hat den Ball noch immer vor sich. Da nähert sich eines der Riesenmädchen von hinten und holt sichtlich auf. Schieß, Sandiswa! Warum gibt sie denn den Ball nicht ab an mich?
    Ich bin nur noch gut fünfzehn Meter vom gegnerischen Tor entfernt. Die Torhüterin aus Gugs hat jedes Grinsen verloren. Im wirklich allerletzten Moment tritt Sandiswa das Leder zu mir. Der Ball kommt passgenau. Ein Wunder, so gut hat Sandiswa noch nie geschossen. Eine Traumvorlage! Der Muskelberg im Tor wirft sich in die linke Torhälft e – ich schieße in letzter Sekunde nach rechts. LADUUUMA! TOOOR!
    Unsere Masi-Fans sind aus dem Häuschen. Obwohl das Spiel noch nicht abgelaufen ist, rennen mehrere auf den Platz, um uns zu umarmen. Mein Bruder und ein Nachbarsjunge nehmen mich und Sandiswa auf die Schultern und lassen uns hochleben. Wohl noch nie zuvor war Lonwabo so stolz auf mich.
    Ich höre, wie Pastor Khanya alle Zuschauer über Lautsprecher auffordert, sich ordentlich zu betragen und das Spielfeld zu verlassen. »Noch zehn Minuten zu spielen!«, hallt seine Stimme über den Platz.
    Als Lonwabo mich von seinen Schultern absetzt, steht plötzlich ein Junge vor mir, den ich noch nie gesehen habe. Auch er strahlt mich an und sagt mit einem mir nicht bekannten leichten Akzent in Englisch: »Dein Tor war klasse!« Dann streckt er höflich seine Hand aus, wie um mir zu gratulieren.
    Bevor ich reagieren kann, springt Lonwabo dazwischen. »Pfoten weg von meiner Schwester!«, fährt er den Jungen an, der beinah
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