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Romeo und Jabulile

Romeo und Jabulile

Titel: Romeo und Jabulile
Autoren: Lutz van Dijk
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seinem Büro und gibt mir alles, was ich so nötig brauche. Ohne noch weitere Fragen zu stellen. So ist Pastor Khanya.
    »Stellst du ihn mir mal vor?», sagt er freundlich, bevor er das Büro wieder abschließt und uns beide auf dem Flur allein lässt.
    In großer Eile schreibe ich, so deutlich ich kann:
    Geliebter R.!

Mein Bruder hat herausgefunden, dass wir zusammen sind. Er läuft Amok. Aber er weiß zum Glück bisher nicht, wo du wohnst oder arbeitest.
Bitte frage deinen Boss, ob du wenigstens für eine Weile woanders arbeiten kannst, bis sich hier wieder alles beruhigt hat.
Ich sende diesen Brief über meine beste Freundin Unathi, da mein Bruder und seine Leute mich pausenlos bewachen.

Was immer geschieh t – ich liebe dich und werde dich immer lieben.

Viele Küsse, deine J.
    Dann falte ich den Brief zusammen und klebe den Umschlag sorgfältig zu.
    Bevor sie aufbricht, umarmt mich Unathi. »Du kannst dich auf mich verlassen.«
    Noch niemals war ich bei den Besprechungen für unser Fußballtraining so unaufmerksam wie heute. Aber Pastor Khanya lässt alles durchgehen. Um nicht aufzufallen, bleibe ich bis zum Schluss. Beim Verlassen des Gemeindehauses sehe ich, wie einer von Lonwabos Freunden auf der gegenüberliegenden Straßenseite herumlungert. Ich tue so, als bemerkte ich ihn nicht, und laufe normal wie sonst nach Hause.
    Daheim kann ich kaum still sitzen. Hat Unathi den Brief rechtzeitig abgegeben? Wenn Lonwabo oder einer seiner Helfer nun aber Romeo schon auf der Straße abfängt, bevor er bei seiner Mutter eintrifft? Wissen sie überhaupt, dass er hier Familie hat?
    Ich schalte den Fernseher an, kann mich aber weder auf einen Tierfilm über Giraffen noch auf einen Zeichentrickfilm mit Piraten konzentrieren.
    Romeo, Romeo, Romeo. Dir darf nichts passieren. Du bist der wertvollste Mensch, den ich kenne.
    Wo Lonwabo genau ist, weiß ich nicht. Da er aber nie viel zu tun hat, wird er bestimmt nicht weit weg sein und nur darauf warten, dass ich einen Fehler mache und ihnen zeige, wo sie Romeo finden und verprügeln können.
    Wo bleibt nur Unathi mit der erlösenden Nachricht, dass sie zumindest den Brief bei seiner Mutter hat abgeben können?
    Irgendwann halte ich es nicht mehr aus. Am späten Nachmittag beschließe ich, selbst zu Unathi zu gehen, um zu erfahren, ob die Briefzustellung gelungen ist. Im Hof ist niemand zu sehen, aber sobald ich auf die Straße trete, erblicke ich Lonwabo mit mehreren Jungen, die nicht weit von der Kreuzung am Straßenrand sitzen und Karten spielen. Als er mich sieht, gibt er einem seiner Jungs einen Wink, der sofort aufspringt, um mir zu folgen.
    Ich laufe ohne Umwege zu Unathi. Ihre Mutter weiß von nichts: »Ich dachte, Unathi ist bei dir?« Was nun? Wo ist sie mit dem Brief nur geblieben?
    Nur ein Mensch fällt mir jetzt außer Makhulu ein, den ich um Rat fragen kann.

Das Feuer – Umlilo

    Normalerweise ist Sonntagnachmittag die einzige Zeit, wo Pastor Khanya freihat und sich seiner eigenen Familie widmen kann. Entsprechend ist auch heute das Gemeindehaus ebenso wie die Kirche abgeschlossen. Aber ein Fenster in der Wohnung im ersten Stock des Gemeindehauses steht offen. Jemand aus der Familie wird da sein. Von der Straßenecke her beobachtet Lonwabos Spitzel genau, was ich tue.
    Ich drücke die Hausklingel und hoffe, dass der Pastor oder seine Frau aufmachen werden.
    Zunächst geschieht nichts. Als ich gerade erneut klingeln will, taucht ein Kopf oben am Fenster au f – Unathi. Was macht sie um Himmels willen hier?
    »Gut, dass du kommst!«, ruft sie mir zu. Dann ertönt der Summer, und ich kann die schwere Eisentür aufdrücken.
    Oben an der Treppe erwartet mich eine zweite Überraschung: Romeos Mutter steht dort und zittert am ganzen Körper.
    Schnell springe ich die Treppen hinauf und gebe ihr vorsichtig die Hand. Es ist ihr anzusehen, dass sie geweint hat.
    »Wie können Menschen bloß so was tun?«, stößt sie unter leisem Schluchzen hervor.
    Was ist nur geschehen? Von Romeo keine Spur. Pastor Khanya winkt mich ins Wohnzimmer. Ich sehe, wie seine Frau die Tür zum Kinderzimmer schließt, in das sie die Kleinen geschickt hat.
    Als wir endlich alle um den großen runden Tisch sitzen, beginnt der Pastor zu berichten: »Heute Nacht wurde in Frau Chimaras Shack eingebrochen. Eine Bande von Jugendlichen hat die drei dort wohnenden Frauen bedroht und alles gestohlen, was sie mitnehmen konnten. Am Ende haben sie gesagt, dass sie, wenn die Frauen nicht bis heute Abend
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