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Rollende Steine

Rollende Steine

Titel: Rollende Steine
Autoren: Terry Pratchett
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den Felsen des Klippenrands. Mit geschlossenen Augen holte er Luft und zog an dem Rad.
    Eine Hand tastete nach seiner Schulter.
    »Nein!«
    Buddy öffnete die Augen.
    Er drehte den Kopf, sah in Susannes Gesicht und blickte zum Karren auf.
    »Was…?« brachte er undeutlich hervor.
    Eine Hand ließ los, griff nach dem Gitarrenriemen und streifte ihn unbeholfen von der Schulter. Die Saiten heulten, als Buddy das Musikinstrument am Hals packte und es in die Finsternis warf.
    Die andere Hand glitt am feuchten, kalten Rad ab. Von einem Augenblick zum anderen verlor er den Halt und fiel.
    Ein weißer Schemen huschte herbei. Der junge Mann landete auf etwas, das sich samtweich anfühlte und nach Pferdeschweiß roch.
    Susanne stützte ihn und trieb Binky an. Das Pferd lief durch den Schneeregen nach oben.
    Kurz darauf erreichte es die Straße, und dort sank Buddy in den Schlamm. Mühsam hob er den Kopf.
    »Du?«
    »Ja«, bestätigte Susanne.
    Sie zog die Sense aus dem Halfter. Die Klinge klappte auf und schnitt Schneeflocken in zwei Hälften, ohne daß sich ihr Fall verlangsamte.
    »Kümmern wir uns nun um deine Freunde.«
     
    In der Luft gab es eine Art Reibung, als bekäme die Aufmerksamkeit der Welt einen neuen Fokus. Tod blickte in die Zukunft.
    OH, MIST.
    Dinge lösten sich auf, fielen ab und brachen auseinander. Der Bibliothekar hatte sich alle Mühe gegeben, aber Knochen und Holz konnten solchen Belastungen nicht standhalten. Federn und Glasperlen lösten sich und landeten qualmend auf der Straße. Ein Rad trennte sich von der Achse, tanzte davon und verteilte Speichen, während der Apparat fast horizontal durch eine Kurve raste.
    Eigentlich machte es gar keinen Unterschied. Etwas Seelenartiges glühte und nahm die Stelle der fehlenden Teile ein.
    Wenn man eine glänzende Maschine nahm und sie beleuchtete, damit sie glänzte und schimmerte, wenn man dann die Maschine wegnahm, so daß nur das Licht übrigblieb…
    Nur noch der Pferdekopf erinnerte an das Gerät. Und das Hinterrad: Von Rauch umhüllt, drehte es sich in einer Gabel aus flackerndem Glanz.
    Das Etwas raste an Schnapper vorbei, worauf sein Pferd ihn in den Graben schleuderte und voller Panik floh.
    Tod war an schnelle Reisen gewöhnt. Rein theoretisch befand er sich bereits überall und wartete auf alles andere. Die schnellste Art des Reisens besteht darin, schon am Ziel zu sein.
    Nie zuvor war Tod im Langsamen so schnell gewesen. Er hatte die Landschaft oft nur als Schemen gesehen, doch jetzt betrug ihr Abstand zu seinen Knien in den Kurven nur zehn Zentimeter.
     
    Der Karren bewegte sich erneut. Daraufhin sah auch Klippe in die Dunkelheit hinab.
    Etwas berührte ihn an der Schulter.
    HALT DICH DARAN FEST. ABER FASS NICHT DIE KLINGE AN.
    Buddy beugte sich an ihm vorbei.
    »Laß den Beutel los, Glod. Dann kann ich…«
    »Kommt überhaupt nicht in Frage!«
    »In einem Leichentuch gibt es keine Taschen, Glod.«
    »Dann sollte man den Schneider wechseln.«
    Schließlich griff Buddy nach einem Bein und zog daran. Einer nach dem anderen kletterten die Mitglieder der Band Mit Steinen Drin übereinander hinweg und kehrten auf die Straße zurück. Dort sahen sie Susanne.
    »Weißes Pferd«, sagte Asphalt. »Schwarzer Umhang. Sense. Äh.«
    »Könnt ihr sie ebenfalls sehen?« fragte Buddy.
    »Hoffentlich bedauern wir es nicht«, erwiderte Klippe.
    Susanne hob eine Lebensuhr und betrachtete sie kritisch.
    »Ich schätze, jetzt ist es zu spät für irgendeine Art von Vereinbarung, oder?« erkundigte sich Glod.
    »Ich wollte nur feststellen, ob ihr noch lebt oder nicht«, erklärte Susanne.
    »Ich glaube, ich bin noch am Leben«, sagte Glod.
    »Bleib auch weiterhin davon überzeugt.«
    Sie drehte sich um, als es hinter ihnen knarrte. Der Karren rutschte über den Rand der Schlucht und stürzte in den Abgrund. Es krachte, als er an einen Felsvorsprung stieß, und der Aufprall tief unten verursachte ein dumpfes Pochen. Mit einem Wuuusch entflammte das Öl der Lampen. Orangefarbene Flammenzungen leckten.
    Ein brennendes Rad rollte aus dem lodernden Durcheinander.
    »Wir da drin gewesen wären«, sagte Klippe.
    »Glaubst du vielleicht, jetzt sind wir besser dran?« fragte Glod.
    »Ja«, bestätigte Klippe. »Weil wir nicht sterben in den Trümmern von brennendem Karren.«
    »Aber die junge Dame… Sie wirkt ein wenig okkult .«
    »Hab nichts dagegen. Okkultes mir ist in jedem Fall lieber, als zu verbrennen in einer tiefen Schlucht.«
    Hinter ihnen wandte sich Buddy an
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