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Rollende Steine

Rollende Steine

Titel: Rollende Steine
Autoren: Terry Pratchett
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nickte.
    »Es ist… wie eine Legende! Es muß geschehen! Und ich kann nichts dagegen unternehmen – wie soll man Musik töten?«
    Susanne eilte zum Rand der Schlucht. Unten brannte der Karren. Sie erscheinen nicht plötzlich in dem Trümmerhaufen. Wenn es so weitergeht, haben sie den Karren nie verlassen!
    »Ich kann nichts dagegen tun! Es ist nicht fair !«
    Sie schüttelte die Fäuste.
    »Großvater!«
     
    Blaue Flammen flackerten zwischen den Felsen im trockenen Flußbett.
    Ein kleiner Fingerknochen rollte über die Steine, bis er einen anderen, größeren Knochen erreichte.
    Ein dritter fiel von einem Felsvorsprung und gesellte sich dazu.
    Im Halbdunkel klapperte es, als sich kleine weiße Schemen bewegten, zwischen den Steinen hin und her tasteten, bis sich schließlich eine Hand hob und mit dem Zeigefinger gen Himmel deutete.
    Kurz darauf klapperte es erneut, diesmal dumpfer, als längere Dinge durch die Düsternis krochen.
     
    »Ich wollte es besser machen!« rief Susanne. »Was hat es für einen Sinn, der Tod zu sein, wenn man ständig irgendwelche dummen Regeln beachten muß?«
    BRING SIE ZURÜCK.
    Susanne drehte sich um und sah, wie ein Zehenknochen unter Tods schwarzen Umhang kroch, um dort an seinen Platz zurückzukehren.
    Ihr Großvater trat vor, griff nach der Sense, holte aus und schmetterte sie an einen nahen Felsen. Die Klinge zerbrach.
    Er bückte sich und hob einen kleinen Splitter auf, der wie ein winziger Stern aus blauem Eis zwischen seinen Fingern glänzte.
    ICH HABE KEINE BITTE AN DICH GERICHTET.
    Der fallende Schnee tanzte, als die Musik sprach.
    Du kannst mich nicht töten.
    Tod holte die Gitarre unter dem Umhang hervor. Ihr fehlten einige Teile, doch darauf kam es nicht an. Ihre Konturen glühten, ebenso die Saiten.
    Tod nahm eine Haltung ein, von der Crash nur träumen konnte. Er hob die Hand, und zwischen seinen Fingern funkelte der Klingensplitter. Wenn Licht Töne von sich geben könnte, hätte man jetzt ein Ting gehört.
    Er wollte der berühmteste Musiker der Welt werden. Es muß ein Gesetz geben. Das Schicksal nimmt seinen Lauf.
    Dieses eine Mal schien Tod nicht zu lächeln.
    Die Hand senkte sich den Saiten entgegen.
    Es erklangen keine Geräusche.
    Im Gegenteil: Stille beendete ein Geräusch, von dem Susanne erkannte, daß sie es dauernd gehört hatte, die ganze Zeit über. Ein Geräusch, das man überhaupt nicht merkt, bis es plötzlich verschwindet…
    Die Saiten schwiegen.
    Es gibt Millionen von Akkorden. Und es gibt Millionen von Zahlen. Doch niemand denkt an die Null. Ohne die Null sind Zahlen nur Arithmetik. Und ohne den leeren Akkord ist Musik nur… Lärm.
    Tod spielte den leeren Akkord.
    Der Takt verlangsamte sich. Und wurde schwächer. Das Universum – und jedes einzelne Atom darin – drehte sich weiter. Aber es würde nicht mehr lange dauern, bis alle Bewegungen aufhörten, bis die Tänzer verharrten, sich umsahen und fragten, was nun geschehen sollte.
    Die Zeit DAFÜR ist noch nicht gekommen! Spiel etwas anderes!
    ICH KANN NICHT.
    Tod nickte in Buddys Richtung.
    ABER ER KANN ES.
    Er warf Buddy die Gitarre zu. Sie durchdrang ihn einfach und fiel hinter dem Jungen auf den Boden.
    Susanne lief los und hob sie auf.
    »Nimm sie! Und spiel! Du mußt dafür sorgen, daß die Musik wieder beginnt!«
    Sie zupfte an den Saiten, klimperte verzweifelt. Buddy schnitt eine Grimasse.
    »Bitte!« rief Susanne. »Lös dich nicht einfach auf!«
    Zwischen ihren Schläfen schrie die Musik.
    Buddy gelang es irgendwie, die Gitarre zu ergreifen, doch er starrte so darauf, als sähe er sie zum ersten Mal.
    »Was geschieht, wenn er nicht spielt?« fragte Glod.
    »Dann sterbt ihr alle in den Trümmern des Karrens!«
    UND ANSCHLIESSEND STIRBT AUCH DIE MUSIK, sagte Tod. DANN ENDET DER TANZ. DER GANZE TANZ.
    Der geisterhafte Zwerg hüstelte.
    »Wir werden für diese Nummer bezahlt, oder?« erkundigte er sich.
    IHR BEKOMMT DAS UNIVERSUM.
    »Und Freibier?«
    Buddy hob die Gitarre und sah Susanne an.
    Er berührte die Saiten und spielte.
    Ein einzelner Akkord klang über die Schlucht und hallte mit seltsamer Harmonik wider.
    DANKE, sagte Tod. Er trat vor und nahm die Gitarre.
    Er holte abrupt aus und schlug zu. Das Instrument zerbrach an einem Felsen. Die Saiten rissen, und etwas sauste fort, raste durch die tanzenden Schneeflocken den Sternen entgegen.
    Tod richtete einen zufriedenen Blick auf die zertrümmerte Gitarre.
    DAS IST MUSIK MIT STEINEN DRIN.
    Er schnippte mit den Fingern.
     
    Der Mond
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