Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rolf Torring 087 - Der Krokodil-Gott

Rolf Torring 087 - Der Krokodil-Gott

Titel: Rolf Torring 087 - Der Krokodil-Gott
Autoren: Hans Warren
Vom Netzwerk:
herangeschwommen kommen, wenn er sich am Ufer zeigt und sie vielleicht ruft. Sie würden aber wahrscheinlich auch kommen, wenn er sie nicht rufen würde.  
      Der alte Narr ist übrigens zur Zeit hier auf der Insel. Sein Reittier hat er zurückgeschickt. Seit wir hier sind, besucht er uns täglich und hält uns lange Predigten und Vorlesungen religiösen Inhalts. Wir hören seinen Worten höflich zu. Er behauptete, daß er uns sonst von den Inseln verjagen müßte, das würde uns nicht in den Kram passen. Ich kann mir zwar nicht denken, wie der alte Narr seine Drohung wahr machen wollte. Aber vielleicht verfügt er in der Gegend ringsum über viele Anhänger, die uns unangenehm werden könnten. Da hören wir uns seinen Unsinn lieber an und tun so, als würden wir durch seine Worte allmählich überzeugt."  
      „Wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, sich etwas mit der Lehre zu beschäftigen, die Ihnen der Brahmane gepredigt hat, würden Sie nicht von 'Unsinn' reden. Sie würden zumindest die Harmonie und die Schönheit erkennen, die in der Lehre enthalten ist. Ich weiß zwar nicht, welche Geschäfte Sie auf der Insel festhalten. Aber kein Geschäft hätte Sie und Ihre Kollegen abhalten sollen, sich ernsthaft mit den Worten des alten Brahmanen zu befassen."  
      Rolf hatte sehr ernst gesprochen, und es schien, als ob die Eindringlichkeit seiner Redeweise ihre Wirkung auf Tom nicht ganz verfehlte.  
      Dann aber gab sich Tom sichtbar einen Ruck, sagte wieder „Unsinn!" und schüttelte die Bedenken, die in ihm aufgestiegen sein mochten, ab.  
      „Unser Glaube," fuhr Tom nach einer kurzen Pause fort und erläuterte damit das eben gesagte Wort „Unsinn", indem er seine Lebensanschauung charakterisierte, „unser Glaube besteht in dem Wissen, daß sehr viel Geld glücklich macht. Davon wird uns auch der alte Gowida nicht abbringen, selbst wenn er auf einem Krokodil reitet."  
      „Spotten Sie nicht," sagte Rolf noch immer mit dem gleichen eindringlichen Ernst. „Es gibt in Indien Geheimnisse, die Europäern immer verschleiert bleiben werden. Ich zum Beispiel glaube fest daran, daß der alte Brahmane Gowida durch eine unerklärliche Macht Gewalt über die Krokodile hat, die hier leben. Ich würde mich an Ihrer Stelle hüten, ihn zu verspotten. Das könnte Ihnen unter Umständen sehr schlecht bekommen."  
      „Lassen Sie sich nicht auslachen," rief Tom. „Herr Torring, Sie sind doch ein vernünftiger Mensch, der sich vor Tod und Teufel nicht fürchtet — und nun wollen Sie mir Dinge einreden, an die Sie sicher selbst nicht glauben? Na, jeder Mensch soll nach seinem Geschmack selig werden. Ich werde Ihnen den alten Narren herschicken, wenn ich ihm begegne. Er muß sich hier in der Nähe herumtreiben. Merkwürdig erscheint mir allein die Tatsache, daß ihn das große Krokodil stets nach Einbruch der Dunkelheit wieder abholt. Na, das mag Dressur sein, mit der die Götter seiner Lehre sicher nichts zu tun haben."  
      Tom lachte noch einmal auf und wandte sich an die beiden Wächter, die während seiner letzten Worte den Raum wieder betreten hatten.  
      „Ist Jack aufgewacht?"  
      „Noch nicht," antwortete Snowdon, „wir haben ihn gut gefesselt. Er wird sich nicht freimachen können. Vielleicht gelingt es, ihn eine Weile von hier fortzukriegen."  
      Tom nickte.  
      „Das wird bestimmt gelingen," meinte er.  
      „Es wäre für uns alle besser," bestätigte Kell.  
      „Paßt gut auf die Herren hier auf!" gab Tom den Wächtern Anweisung. „Ich hoffe, daß sie vernünftig genug sind, keinen Fluchtversuch zu wagen. Sollten sie doch glauben, damit weiterzukommen, so macht von den Pistolen Gebrauch! Ich wollte ihnen das Versprechen abnehmen, sich nicht mehr um uns zu kümmern, aber die Herren glauben, sich erst beraten zu müssen, ob sie uns ihr Ehrenwort darauf geben können. Ich halte es schon halb für eine Ablehnung. Wenn der alte Gowida kommen sollte, laßt ihn herein! Ich habe den Herren erlaubt, sich mit dem Inder zu unterhalten. Herr Torring scheint halb oder ganz an den Unsinn, den er daherredet, zu glauben. Jeder, wie es ihm schmeckt!"  
      Die beiden Wächter lachten halb erstaunt, halb belustigt auf, dann meinte Snowdon:  
      „Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Herr Torring und ein Herr Warren, die ich beide für aufgeklärte Europäer halte, an den indischen Zinnober glauben. Vielleicht haben sich die Herren die bekannten Namen Torring und Warren nur zugelegt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher