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Rolf Torring 073 - Der Würger

Rolf Torring 073 - Der Würger

Titel: Rolf Torring 073 - Der Würger
Autoren: Hans Warren
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sah, daß der Raum durch das Mondlicht mäßig erhellt war. Die Schlinge, die ich mit der Linken gepackt hatte, lief hoch oben an der Decke über eine Rolle. Rechts über mir mußte der Feind stehen, der das Ende des Lederseiles kräftig anzog.  
      Mit einem Ruck richtete ich mich empor und ließ gleichzeitig die Schlinge los. Wie ich erwartet hatte, hörte ich einen unterdrückten Ruf und einen dumpfen Fall. Der Inder, der seine ganze Kraft aufgewandt hatte, am Lederseil zu ziehen, war nach rückwärts auf den Boden gefallen, als der Widerstand plötzlich aufhörte.  
      Schnell richtete ich mich auf. Dicht vor mir versuchte ein Inder, sich zu erheben. Ehe mein Gegner noch recht zur Besinnung gekommen war, was ihm geschehen war, hatte ich mich nach oben durch die Öffnung geschwungen und schmetterte ihm den Kolben meiner Pistole zweimal gegen die Schläfe.  
      Mit dumpfem Stöhnen brach er zusammen. Ich zog die nach oben geschnellte Lederschlinge herab und streifte sie ihm über Oberkörper und Arme. Dann riß Ich ihm sein dunkles Hüfttuch ab und steckte es ihm als Knebel in den Mund. Mit einem Stück der festen Schnur, die wir immer bei uns führten, befestigte ich den Knebel, so daß er ihn nicht mit der Zunge heraus stoßen konnte.  
      Dann zog ich das Lederseil an, daß der Bewusstlose über dem Boden schwebte, ohne ihn mit den Füßen berühren zu können. Die Lederschlinge presste seine Arme so fest an den Körper, daß er sich auch bei größter Anstrengung allein nicht befreien konnte.  
      Das Ende des Lederseils band ich am Fenstergitter an. das fest genug saß, um einen noch größeren Zug aushalten zu können.  
      Während ich das tat, hatte ich nicht unterlassen, ständig zu lauschen. Aber ich hörte keine verdächtigen Geräusche. Alles Leben in dem alten Turm schien erstorben zu sein.  
      Wo waren Rolf und Pongo geblieben?  
      Wieder packte mich ein merkwürdig würgendes Gefühl, nicht entstanden aus einer persönlichen Angst um mich und um mein Leben, sondern aus der Sorge um meine Gefährten und die Kinder Nortons.  
      Da hörte ich doch einen Laut. Es klang wie ein fernes, qualvolles Stöhnen. Sollte das Rolf oder Pongo sein? Woher kam der Ton?  
      Die Lampe einzuschalten, wagte ich nicht. Erst mußte ich völlige Gewißheit haben, daß ich mich wirklich allein im Raume befand.  
      Wieder hörte ich das Stöhnen. Ich merkte, daß es von der Seite her erklang, die dem Fenster gegenüberlag. Schnell ging ich auf die Wand zu, beobachtete aber die Vorsicht, jeden Schritt, den ich tat, achtsam vorzusetzen, da ich prüfen mußte, ob der Boden auch hielt oder eine geheime Falle sich auftun könnte. Ich hatte keine Lust, gerade jetzt in einen Abgrund zu stürzen.  
      Als ich dicht vor der Wand stand, hörte ich das Stöhnen deutlich. Es klang aus den Steinen heraus. Ich schaltete die Lampe ein. Mochten mich die Feinde jetzt angreifen, ich würde sie im Lichtkegel haben, während ich selbst im Dunkeln stand. Erst mußte ich mich auf jeden Fall überzeugen, was das Stöhnen auf sich hatte.  
      Ich entdeckte gleich die Umrisse einer großen Tür. suchte ihre Ränder ab, da eine Klinke nicht vorhanden war, und entdeckte bald einen Punkt, an dem der Stein wie poliert und etwas vertieft schien Ich drückte auf den Punkt, fühlte, wie sich der Stein unter meinem Finger bewegte — dann erklang ein leises Schnarren, und die Tür sprang auf.  
      Sie war aus Holz gefertigt und nach meiner Seite zu mit dünnen Steinplatten belegt. So hatte sie früher vielleicht sogar einen Teil der Mauer vorgetäuscht Jetzt war sie in dem verfallenen Gebäude leichter sichtbar gewesen.  
      Als ich den Flügel ganz aufriß, taumelte ich im ersten Schreck ein Stück zurück.  
      Ich blickte in eine schrankartige Vertiefung, in der Rolf und Pongo nebeneinander standen. Beide trugen eine feste Lederschnur um den Hals, die straff nach oben gezogen und dort an eisernen, in die Wand eingelassenen Haken und Ringen befestigt war.  
      Ihre Arme wurden durch eine zweite Lederschlinge fest an den Leib geschnürt. In grausamer Weise waren die Schlingen so hochgezogen, daß Rolf und Pongo gerade noch mit den Zehenspitzen den Boden berührten.  
      Ich riß das Messer heraus und schnitt die Lederseile durch. Es war ein Zeichen der unheimlichen Energie, die sowohl Rolf als Pongo besaß, daß sie — kaum frei geworden — aus dem Schrank heraustraten und sich nur den Hals massierten.  
     
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