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Rolf Torring 071 - Matsu der Tiger

Rolf Torring 071 - Matsu der Tiger

Titel: Rolf Torring 071 - Matsu der Tiger
Autoren: Hans Warren
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so leise geführt worden, daß ein Mensch, der nur zwei Meter entfernt gestanden hätte, nichts verstanden haben würde. So war es möglich gewesen, daß Rolf ein verdächtiges Geräusch bemerkt hatte. Jetzt, als wir atemlos lauschten, war nichts zu hören.  
      Das heißt: es war nichts Verdächtiges zu hören. Mit den tropischen Verhältnissen unbekannte Menschen hätten die gefährlichsten Feinde rings um sich zu hören vermeint. Da waren die zahlreichen Eidechsen, Geckos und andere Lurche und kleine Reptilien, die zwischen den Steinen und Trümmern ihrer Nahrungssuche nachgingen.  
      Unser Ohr war so geübt, daß wir das Rascheln einer Eidechse oder den Laut, der vom täppischen Sprung einer Kröte herrührte, genau von dem Geräusch eines schleichenden Fußes unterscheiden konnten. Natürlich mußte man dazu in der Nacht kühle Nerven bewahren.  
      Nach einigen Minuten hörte auch ich ein verdächtiges Geräusch. Es kam vom Eingang des Tempels her. Leise kollerte ein Stein, den nur ein menschlicher Fuß ins Rollen gebracht haben konnte.  
      Wir hatten die Hüte abgenommen und die Köpfe nur so weit erhoben, daß gerade unsere Augen über die hohen Kräuter hinweglugen konnten.  
      Aus einer dunklen Öffnung vor uns schob sich langsam ein großer Tierkörper. Er trat ins bleiche Licht des Mondes — es war Matsu, der Tiger.  
      Ich muß offen gestehen, daß ich wohl an ihn gedacht hatte, aber erst jetzt wurde es mir klar, daß unser Versteck uns wenig nutzte, denn der Tiger würde uns sofort aufspüren.  
      Dann mußte es zu einem erbitterten Kampfe kommen, bei dem wir nicht im Vorteile waren. Vielleicht befand sich auch hinter uns, in der Mauer des Tempels, noch eine Tür, die wir nicht kannten. Durch sie konnten unsere Gegner kommen und uns überwältigen, während wir nach vorn auf den Tiger achteten.  
      Die Gedanken schossen mir wild durch den Kopf. Meine Augen lagen unverwandt auf dem Tiger, der ruhig vor der Tempeltür stehengeblieben war und umher schaute.  
      Wir hatten insofern Glück, als der schwache Wind, der sich erhob und den nahenden Morgen ankündigte, auf uns zuwehte. Matsu konnte uns nicht wittern. Aber Maha, der dicht neben uns lag, begann zu zittern. Ihm trug der Wind die Witterung des großen Raubtieres zu.  
      Ich streichelte den Geparden, um ihn zu beruhigen. Dabei behielt ich den Tiger im Auge. Er war kein angenehmer Gegner, aber lange nicht so gefährlich wie die Inder mit ihren hinterlistigen Waffen.  
      Leise trat ein hochgewachsener Inder aus dem Tempel, blieb neben dem Tiger stehen und blickte aufmerksam über den Hof des Tempels hin.  
      Er konnte uns unmöglich entdecken, denn das Geröll und die Pflanzen machten im Mondlicht einen so verwirrenden Eindruck von gedämpften Farbflecken, daß er unsere Stirnen nicht als solche erkennen konnte.  
      Tippu Nega war es nicht. Vielleicht hätten wir ihn sofort niedergeschossen. Wahrscheinlich war es der Wärter des Tigers, denn das Tier schmiegte sich eng an ihn an. Der Inder streichelte und liebkoste den gewaltigen Kopf.  
      Schließlich drehte der Inder sich um und schritt langsam in den Tempel zurück. Neben ihm Matsu. Als sie verschwunden waren, flüsterte ich:  
      „Rolf, das verstehe ich nicht! Wollen uns die Inder nicht suchen?"  
      „Ich kann es mir auch kaum erklären," erwiderte Rolf verwundert. „Es müßte denn sein, daß die Versammlung, der Tippu Nega seinen Plan entworfen hat, so wichtig ist, daß der Wärter seinem Fürsten noch gar nicht mitzuteilen wagte, daß er uns hier entdeckte. Ah, da ist ja Tippu Nega! Herr Harris, versuchen Sie, seine Worte zu verstehen!"  
      Im Tempel erklang die kalte, scharfe Stimme des Fürsten. Er mußte sich in einem Zustande unbeherrschter Wut befinden, sonst hätte er wohl größere Vorsicht beobachtet.  
      Harris hatte seinen Kopf weit vorgebeugt und lauschte gespannt. Einige male schüttelte er verwundert den Kopf. Als Tippu Negas Stimme plötzlich schwieg, flüsterte er uns zu:  
      „Sie haben recht vermutet, Herr Torring. Der Wärter hatte unser Auftauchen nicht sofort gemeldet. Tippu Nega hat ihn mit dem Tode bedroht, wenn es uns gelingen sollte, aus dem Tempelbereich zu entkommen. Er hat angeordnet, daß sofort alle Fallen in Bereitschaft versetzt werden. Zwei Leute hat er in die Stadt geschickt, die herausfinden sollen, ob wir den Tempel schon verlassen haben. Zum Glück hat er keine Anordnungen gegeben, die alte Ruine
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