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Rolf Torring 071 - Matsu der Tiger

Rolf Torring 071 - Matsu der Tiger

Titel: Rolf Torring 071 - Matsu der Tiger
Autoren: Hans Warren
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unbeweglich stand das Raubtier da und hielt den grausamen Blick der grünlich funkelnden Augen auf uns gerichtet. Sehr langsam und leise hob ich meine Pistole. Wenn wir gemeinsam schössen, mußten die Kugeln auf die kurze Entfernung tödlich wirken.  
      Mit einem Seitenblick bemerkte ich, daß auch Rolf die Waffe hob. Dann folgte Harris unserem Beispiel, obwohl er vielleicht nicht so überzeugt davon war, daß wir Erfolg haben würden.  
      Wir hatten keinen Ton gesprochen, jede hastige Bewegung vermieden und uns wortlos verstanden. Das gefiel mir besonders an Inspektor Harris; Rolf und ich waren ja schließlich abenteuerliche Situationen gewöhnt.  
      Ich wartete auf ein Kommando Rolfs und suchte mir inzwischen als Ziel das linke Auge des Tigers aus. Wenn die Kugel auch etwas höher ging und den Kopf des Räubers traf, die schwere Verwundung, die der Tiger erlitten hatte, mußte den Schädelknochen geschwächt haben.  
      Plötzlich geschah etwas Eigenartiges. Ein seltsam hoch klingender Ruf erscholl, der irgendwoher aus dem großen Raum kam.  
      „Matsu!"  
      Der mächtige Tiger warf sich mit blitzschneller Bewegung zur Seite und war im Dunkel verschwunden.  
      Das war uns mehr als unangenehm, denn ein Tiger gehört zu den gefährlichsten Gegnern der Tierwelt. Wenn es sich gar um einen dressierten Tiger handelte wie in diesem Falle, steigert sich die Gefahr. Wir hatten ähnliche Fälle schon erlebt. Tippu Nega hatte einen seiner Tiger als „man-eater" abgerichtet, als Menschenfänger, um unliebsamer Personen durch ihn habhaft zu werden. Wir hatten das Tier auf der Fahrt nach seinem Sommerpalast erschossen, als es uns überfiel. Sollte jetzt ein gleiches Untier gegen uns kämpfen?  
      Ich hielt meine Taschenlampe bereit, um sie beim geringsten Geräusch einschalten zu können. Tippu Nega hatte den Tiger sicher zurückrufen lassen, weil er genau wußte, wie sicher wir schossen. Den ersten dressierten Tiger hatten wir erlegt, während er uns schon ansprang (siehe Band 65). Das kostbare Exemplar hier wollte er wohl nicht aufs Spiel setzen.  
      Vielleicht schlichen jetzt unsere Gegner, gedeckt durch die umherliegenden großen Steinblöcke, heran, um uns mit ihren heimtückischen Waffen unschädlich zu machen. Was nutzte alle Kraft, alle Schießfertigkeit, aller Mut, wenn uns vergiftete Bolzen trafen, die lautlos herangeflogen kamen?  
      „Wir dringen langsam zum großen Tor vor," flüsterte Rolf. „Hier sind wir zu sehr gefährdet. Kurzen Abstand halten!"  
      Langsam und vorsichtig schritt Rolf voran. Der Weg war einer der unheimlichsten, an die ich mich aus den langen Jahren unserer Streifzüge durch die Welt erinnern kann. Wir mußten uns vorsehen, daß wir nicht über einen der zahlreichen Steine stolperten, mußten gleichzeitig umherspähen, ob wir nicht einen Feind entdeckten, und wußten ferner den gefährlichen Tiger um uns.  
      Pongo führte Maha am Halsband, der sich sehr unruhig zeigte. Er witterte die Nähe des großen Feindes, der ihn nach kurzem Kampf besiegen und zerreißen würde.  
      Ich blieb, wie ich es immer tat, als Rückendeckung hinten, aber ich muß offen gestehen, daß ich sehr wenig Hoffnung auf ein Entkommen hatte.  
      Eigentlich war ich nur so nervös und unruhig, weil — eben gar nichts geschah. Was hatte sich wohl Tippu Nega, unser erbitterter Feind, ausgedacht, daß er uns ruhig immer weiter auf den Ausgang zugehen ließ?  
      Wenn endlich eine Katastrophe eingetreten wäre, würde es fast eine Erlösung für mich bedeutet haben.  
      Wir kamen dem halb offenen Tor immer näher, und nichts ereignete sich!  
      Rolf stand schon unmittelbar vor dem schweren, metallenen Torflügel. Das Mondlicht, das den Hof übergoß, beleuchtete ihn. Er lauschte einige Sekunden. Dann schritt er vorsichtig hinaus. Harris folgte ihm, dann Pongo mit Maha, und als auch ich endlich auf den Hof trat, von niemand gehindert, wußte ich wirklich nicht, was ich davon halten sollte.  
      Allerdings befanden wir uns noch immer in der unheimlichen Ruine, waren immer noch im Machtbereich Tippu Negas, der alle Räume und Geheimnisse genau kannte. Also war es noch möglich, daß wir auf dem weiteren Wege in eine Falle geraten würden, aus der es kein Entrinnen mehr gab. Aber zunächst war es rätselhaft, daß wir ungehindert blieben. Vielleicht wollte er uns irgendwo alle zusammen fangen, an einer Stelle, wo wir uns gegenseitig nicht helfen konnten.  
      Unter Rolfs
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