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Rolf Torring 002 - Chinesische Raenke

Rolf Torring 002 - Chinesische Raenke

Titel: Rolf Torring 002 - Chinesische Raenke
Autoren: Hans Warren
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betrachteten uns das runde, grüne Ding, das die Größe einer Kokosnuß hatte und sich halb in den weichen Boden eingegraben hatte. „Eine Durian", rief dann Rolf, als er die kurzen, scharfen Stacheln bemerkte, mit denen die Frucht bedeckt war, „ich danke, wenn sie uns auf den Kopf gefallen wäre! Aber komisch, ich kann keinen Baum entdecken." Wir blickten beide empor, da sauste von einem hohen Zibetbaum eine zweite Frucht hernieder, der ich nur durch schnelles Zurseitespringen ausweichen konnte. „Komm schnell weiter", rief da Rolf, „es ist ein Maya, ein Orang-Utan, der uns zu seinem Vergnügen bewirft. Ich habe soeben seinen mächtigen Arm gesehen. Sicher haben wir ihn durch unser Erscheinen beim Frühstück gestört." Wir beschleunigten unser Tempo im Augenblick sehr bedeutend, denn schon kam eine dritte Frucht, mit unheimlicher Sicherheit geschleudert, herab geflogen. Und der furchtbare Bursche da oben schien sich ein besonderes Vergnügen daraus zu machen, daß er uns noch eine weite Strecke folgte und immer wieder seine schweren Geschosse herunter warf. Nun mußten wir beim Laufen auch noch stets rückwärts nach oben blicken, um den stachligen schweren Früchten auszuweichen.
    „Donnerwetter", rief Rolf im Laufen, „ich möchte doch vermeiden zu schießen, hoffentlich hört der alte Bursche da oben bald auf zu werfen."
    Als wären seine Worte für den Maya ein Kommando gewesen, warf er noch eine wohl gezielte Frucht zwischen uns, stieß dann einen Kehllaut aus, der wie höhnisches Lachen klang, und ließ uns in Ruhe. Aber wir verringerten unser Tempo erst, als wir ganz sicher waren, daß uns der unangenehme Geselle nicht mehr oben in den Bäumen folgte. Rolf blieb stehen und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    „Armer Hans", lachte er dann, „du hattest auch noch den Rucksack zu schleppen. Komm, ich werde ihn mal eine Weile tragen. Allerdings mußt du dann vorausgehen und für unsere Sicherheit sorgen."
    Auch ich lachte und rieb mir dabei die Stirn mit dem Taschentuch.
    „Ja, Rolf, der Urwald hier scheint sehr unangenehme Bewohner zu haben. Ich muß sagen, der alte Bursche konnte gut werfen. Hier, den Rucksack kannst du gern bekommen."
    Ich drehte mich um, damit Rolf mir helfen sollte, den breiten Tragegurt auszuhaken, aber schnell fuhr ich wieder herum und starrte meinen Freund an. Denn ganz in unserer Nähe war ein Laut aufgeklungen, bei dem wohl auch das Herz des kühnsten Jägers geklopft hätte. Ein fauchendes Schnarren, das gar nicht falsch gedeutet werden konnte. „Sehr nett", flüsterte Rolf, indem er gleichzeitig an seinen Gurt tastete, „jetzt scheinen wir auch noch den Besuch eines Tigers zu bekommen. Vielleicht kommt er aber nicht diesen Pfad entlang, sondern überquert ihn nur. Wollen ruhig stehen bleiben."
    Ich sah, daß Rolf aus alter Gewohnheit seine Mauserpistole gezogen hatte, gegen einen Tiger gerade nicht die geeignetste Waffe. Deshalb zog ich die Parabellum und segnete im stillen den Holländer, der sie uns geschenkt hatte. Der Pfad machte in einer Entfernung von vielleicht dreißig Metern vor uns eine scharfe Biegung, und hinter diesem Knick war der furchtbare Urwaldlaut erklungen. Wie gebannt starrten wir auf diese Ecke. Es mußte sich ja jeden Augenblick entscheiden, ob die Raubkatze den Pfad benutzen würde. Dann wäre allerdings ein Kampf nicht zu umgehen gewesen. Und hier in dieser Enge ging es auf Leben und Tod.
    Sekunden verstrichen, dann stand er plötzlich auf dem Pfad. „Er, den man nicht nennt", wie der Malaie in scheuer Ehrfurcht den Tiger bezeichnet. Es war ein riesiger Bursche, der jetzt verblüfft stillstand und uns musterte. Seine grünlichen Augen schlössen sich dabei zu schmalen Schlitzen, und sein Kopf sah dadurch fast hochmütig aus. Als wollte er sagen: „Was macht Ihr hier in meinem Reich?" Immer noch hatten wir die Hoffnung, daß er durch unsere hohen Gestalten eingeschüchtert würde und vielleicht die Flucht ergriffe. Aber dieser Herr schien keine Furcht zu kennen. Er kauerte sich mit unmerklichen Bewegungen zusammen und hob sich dann langsam auf seine Hinterpranken. Das war für uns das untrügliche Zeichen, daß er im nächsten Augenblick mit furchtbarem Gebrüll auf uns einspringen würde.
    Rolf hatte seine Pistole erhoben und wartete auf den richtigen Augenblick, denn kurz vor dem Sprung pflegen die Raubkatzen die Augen plötzlich aufzureißen, und dann ist es Zeit für den kaltblütigen Jäger, in die blitzenden Lichter zu schießen -
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