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Rolf Torring 001 - Das Gespenst

Rolf Torring 001 - Das Gespenst

Titel: Rolf Torring 001 - Das Gespenst
Autoren: Hans Warren
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diesem Augenblick war es mir doch, als sei ich zu Eis erstarrt. Ich dachte im tiefsten Innern, es sei ein Teufel, der da aus dem geheimnisvollen Urwald aufgetaucht sei, und schickte ein Stoßgebet zum Himmel empor. Dann wanderten aber meine Augen von dem grauenvollen Affengesicht dieses schwarzen Spuks an der riesigen, behaarten Brust hinunter, und ich entdeckte den Klewang und den Kris in der Gürtelschnur des Sarongs. Und da kam es mir langsam zum Bewußtsein, daß es doch wohl ein Mensch sein müßte, und ich nahm meinen rechten Arm vom Tisch, um meine Pistole aus der Hüfttasche zu ziehen.
    Aber diese Bewegung schien mein Besuch auch zu kennen, denn er stieß ein warnendes Grunzen aus, und als ich aufblickte, sah ich seinen gewaltigen Arm hochschnellen und in ihm die breite, lange Klinge einer Waffe, die ich noch nie gesehen hatte."
    „Es war ein Massai-Speer", erläuterte Rolf, als der Holländer wieder sinnend schwieg; „die Neger greifen mit diesen Speeren selbst den Löwen an." „Das glaube ich, das glaube ich gern", nickte Diersch, „denn ich habe ja gesehen, wie dieser schwarze Riese seine Waffe gebrauchte. Es heißt, das war später, denn er kam noch dreimal hierher. An dem Abend nun, an dem ich ihn das erstemal erblickte, legte ich wenigstens meinen Arm schnell wieder auf den Tisch, als ich die drohende Bewegung des Unheimlichen sah. Da ließ er abermals ein Grunzen hören, aber diesmal hatte es einen befriedigten Klang. Und jetzt bemerkte ich, daß seine Augen durch die Veranda schweiften, als wollte er sich ihr Bild einprägen. Oder auch, als suchte er irgend jemand. Dann machte er plötzlich eine weit ausholende Bewegung mit der breiten Waffe gegen mich, ich schloß unwillkürlich die Augen, denn ich hielt mein letztes Stündlein für gekommen, als aber nichts geschah und ich die Lider wieder hob, war das unheimliche Wesen verschwunden, als habe es die Erde verschluckt.
    Na, ich rieb mir erst für eine Weile die Augen, denn nun wollte es mir scheinen, ich hätte geträumt! Und, offen gesagt, ich hatte auch anfangs eine gewisse Scheu, mich zu erheben, denn dieses schwarze Gespenst konnte ja noch vor der Veranda im Dunkel stehen. Ich sage Ihnen, es war eine ganz unangenehme Situation, in der ich mich befand. Aber endlich ermannte ich mich, stand auf und schlich zur Haustür, die ich leider geschlossen hatte, um gänzlich ungestört zu sein. Auf dem Flur hatte ich nämlich meinen größten Hund eingesperrt, der allerdings den Gästen nichts tut, aber gegen diebisches Gesindel und gegen Raubtiere ungemein scharf ist. Nun, Pinh, wie er hieß, kam heraus, schnüffelte sofort an der Treppe umher, seine Haare sträubten sich, und es schien fast, als wollte er angstvoll zurückweichen. Als ich ihn dann aber anrief und ihm befahl zu suchen, schnellte er in den Garten hinunter und tobte bald darauf an der dichten Mangroven-Hecke, die mein Grundstück gegen den Atjeh-Fluß begrenzt. Der schwarze Riese mußte also über die hohe Hecke ins Wasser gesprungen sein, und ich möchte annehmen, daß er es in der Absicht getan hat, eine Verfolgung durch Hunde unmöglich zu machen. Können Sie sich das auch denken, Herr Torring?"
    „Das kann ich mir nicht nur denken, sondern das glaube ich auch", gab Rolf zurück. „Ich habe diesen Schwarzen gut beobachtet, als er den schwarzen Panther tötete, und trotz seines Affenkopfes halte ich ihn für äußerst zielbewußt, wie es das Leben in der Wildnis mit ihren Gefahren erfordert. Ich bin überzeugt, daß er diesen Fluchtweg nur gewählt hat, um einer Verfolgung durch Ihre Hunde zu entgehen."

    „Das freut mich wirklich", versicherte Diersch; „ich hatte immer gefürchtet, auf Unglauben mit meiner Erzählung zu stoßen. Na also, an jenem Abend vor zwei Wochen rief ich meinen Hund schleunigst zurück, ließ ihn über Nacht im Flur des Hauses, das ich sorgsam verschloß, und bestellte mir am nächsten Tage noch zwei Wachhunde aus dem Zwinger des Colonels. Sie waren zwar nicht so scharf und tüchtig wie mein Pinh, aber ich gewöhnte sie daran, nachts im Garten herumzulaufen, und hielt mich jetzt vor den Besuchen des Schwarzen für sicher. Aber am dritten Abend nach meinem ersten Zusammentreffen mit dem unheimlichen Gesellen sah ich aus meinem Schlafzimmer, als ich gerade an das Fenster trat, um die Gaze-Einsätze zu prüfen - mein sonst so tüchtiger Diener hat sie nämlich schon einige Male nicht ganz geschlossen, und ich hatte Moskitos im Zimmer -, daß die beiden neuen
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