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Roemisches Roulette

Roemisches Roulette

Titel: Roemisches Roulette
Autoren: Laura Caldwell
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Eingangstür und weiter in einen Salon, der in cremigen Weiß- und warmen Brauntönen gehalten war. Auf unserem Weg vorbei an Büros und Zeichentischen hielten wir Small Talk. Als wir schließlich den Konferenzraum erreichten – ein rundes Zimmer mit mittig platziertem, großem Mahagonitisch –, waren meine Akkus wieder aufgeladen, und ich fühlte mich gewappnet, Bruno und seinem aus vier Männern und zwei Frauen bestehenden Team unsere Spitzensoftware zu verkaufen.
    Bruno stellte mich dem Team vor und ich bedankte mich auf Italienisch, ehe ich ins Englische wechselte. “Herzlichen Dank, dass Sie mich heute empfangen und mir Ihre Zeit widmen.”
    Einer der Mitarbeiter, ein dickbäuchiger Mann in olivgrünem Anzug, drehte seinen Kopf und lieh mir sein Ohr. Ein paar der anderen nickten zur Begrüßung, aber als ich von den einleitenden Worten zu meiner Präsentation überging, schaute ich in lauter ratlose Gesichter. Ich verlangsamte mein Tempo, merkte jedoch schnell, dass bis auf Bruno niemand der Anwesenden besonders gute Englischkenntnisse zu haben schien. Einige kannten ein paar Floskeln, waren aber, was die architektonischen Fachtermini betraf, nur in ihrer Muttersprache firm. Als sich die verwirrten Blicke am Tisch häuften, sank mein Adrenalinspiegel rapide.
    Schließlich hielt ich inne. “
Capice?”
, fragte ich. Verstehen Sie?
    Der Mann im olivgrünen Anzug schüttelte den Kopf. Eine Frau hob die Hand und wiegte sie hin und her. “
Così, così.”
    Ich sah Bruno an, der mit den Achseln zuckte. “
Italiano?”
, schlug er vor.
    Ich nahm mich zusammen, um mir nicht nervös über das müde Gesicht zu fahren. Es stimmte zwar, dass ich als Kind sechs Monate in diesem Land gelebt und später auf dem College Italienisch studiert hatte; und es stimmte ebenfalls, dass ich mit viel gutem Willen Wein bestellen und hochnäsige Verkäuferinnen belauschen konnte. Dennoch glaubte ich nicht, eine komplette Präsentation auf Italienisch halten zu können, schon gar nicht, wenn sie schwierige Architekturbegriffe beinhaltete. Meine Firma, Randall Design, hatte mich zwar eigens für dieses Gespräch ausgesucht, da ich in unserem Verkaufsteam die Einzige mit Italienischkenntnissen war. Doch man hatte mir den Eindruck vermittelt, dass ich in englischer Sprache vortragen könnte und höchstens vereinzelte italienische Phrasen einstreuen müsste.
    Natürlich wollte ich trotzdem mein Bestes geben. Also begann ich den Vortrag in meinem Schulitalienisch. Die ersten Sätze kamen mir recht gut über die Lippen. Dann geriet ich ins Stocken. Ständig musste ich Pausen machen und über die richtigen Vokabeln, die korrekten Zeiten und einen anständigen Satzbau nachdenken. Von allen Seiten des Tisches erntete ich mitleidige Blicke.
    Schleppend fuhr ich fort, bis ich ein hohes, ruhiges
Scusi!
vernahm.
    Die Sprecherin war eine Dame mit weißem Haar, das im Nacken zu einem Dutt zusammengebunden war. Sie hielt ihre zarte Hand anmutig in die Luft. Ein geflochtenes Goldarmband zierte ihr schlankes Handgelenk.
    “
Si?”
, ermunterte ich sie eifrig. Wenn während meiner Vorträge Fragen gestellt wurden, motivierte mich das. Es zeigte, dass der Kunde interessiert war.
    Doch die weißhaarige Frau ratterte ihre lange Frage so schnell herunter, dass ich höchstens jedes fünfte Wort verstand.
    Ich holte Luft und versuchte auf das zu antworten, was sie gefragt haben könnte – irgendetwas zur 3-D-Tauglichkeit des Programms. Ich stammelte ein paar Worte und vergaß andere. Ein Mann zu meiner Rechten sah vollends verwirrt aus und beugte sich weiter zu mir herüber, als bräuchte ich nur lauter zu sprechen, damit er mich endlich verstand. Die Fragestellerin schüttelte geringschätzig den Kopf.
    Letztlich bot Bruno sich als Dolmetscher an, und so dauerte die Frage-und-Antwort-Runde anstatt zehn Minuten eine Dreiviertelstunde. Mein Vortrag hinkte.
    Nach zwei Stunden erhob sich Bruno von seinem Stuhl. “
Grazie
, Rachel”, bedankte er sich und sah auf seine Uhr. “Vielleicht machen wir jetzt eine Pause.”
    Ich hätte ihn vor Dankbarkeit am liebsten geküsst.
    Doch dann fuhr er fort: “Zwei meiner Mitarbeiter werden Sie zum Essen begleiten. Am Nachmittag machen wir dann weiter.” Er sprach Italienisch und seine Mitarbeiter nickten.
    “Oh …”, stammelte ich. Ich dachte an Kit, die im Hotel auf mich wartete. Ich hatte ihr versprochen, den Nachmittag mit ihr zu verbringen. Ich wollte ihr meine Lieblingsplätze in Rom zeigen – außer der
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