Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
ROD - Die Autobiografie

ROD - Die Autobiografie

Titel: ROD - Die Autobiografie
Autoren: Rod Stewart
Vom Netzwerk:
das in die Verlängerung ging, und so kamen sie zu spät zur Hochzeit. Mum war außer sich, und für einen Moment sah es so aus, als würden Dads Schuhe wieder im Feuer landen, aber diesmal, während er noch in ihnen steckte. Meine Mutter sagte immer: »Der vermaledeite Fußball hat in diesem Haushalt mehr Ärger verursacht als zwei Weltkriege.« Und das war keine Übertreibung.
    Ich kann nur vermuten, dass mein Vater viel in mein Probetraining bei Brentford investiert hat – streng genommen wohl mehr als ich. Ich nehme an, dass er sich hinreißen ließ zu glauben, meine große Zeit sei gekommen. Und als dann nichts daraus wurde und das Telefon nicht klingelte, hat ihn die Wahrheit wahrscheinlich härter getroffen als mich. Don und Bob waren gute Spieler, aber keiner von beiden ist Profi geworden. Ich war Dads letzte Chance auf Ruhm und Ehre im Fußball.
    Na ja, er ist drüber weggekommen. Später erzählte er der Presse, meine Profikarriere sei an einem eingewachsenen Zehennagel gescheitert, die Folge zu enger Schnabelschuhe. Die Zeitungen haben die Geschichte dankbar angenommen.
    Was mich angeht: Ich liebte Fußball, dafür hatten mein Vater und meine Brüder gesorgt. Sie nahmen mich 1959 zu meinem ersten Länderspiel England gegen Schottland ins Wembley-Stadion mit, jenem Spiel, in dem die englische Legende Billy Wright den hundertsten Sieg in einem Länderspiel einfuhr, und ich wunderte mich, warum meine Familie geschlossen Schottland zujubelte, bis der Groschen irgendwann fiel. Wir kehrten traurig nach Hause zurück: England gewann 1:0. Die Ereignisse jenes Tages und die Bilder schottischer Spieler an der Wand im Zimmer meines Bruders Bob machten mir meine schottische Herkunft bewusst; das war der Beginn eines langen, gewundenen (und teuren) Weges als Schottland- und Celtic-Fan, der ich noch immer bin. Aber mit Fußball den Lebensunterhalt verdienen? Darüber dachte ich nie ernsthaft nach. Fußball brannte kein Loch in meine Brust, wie es die Musik bald und sehr plötzlich tun sollte.
    Statt Fußball waren schon bald Tapeten angesagt. Mein Vater organisierte mir einen Vollzeitjob als Siebdrucker für die Shand-Kydd-Tapetenfabrik in Kentish Town. Die Arbeit war gut bezahlt – so gut, dass ich die Hälfte des Wochenlohns meinen Eltern für meinen Lebensunterhalt geben (warum tun meine Kinder das nicht?) und trotzdem noch stolzer Besitzer eines Sparkontos bei der Post werden konnte. (Anmerkung: Ich hatte schon immer ein Händchen für Geld.) Doch wie bereits erwähnt, bin ich ja farbenblind. Das schränkt die Aufstiegsmöglichkeiten in der Tapetenindustrie enorm ein. Ist man farbenblind, kann man nicht Luftwaffenpilot werden. Und einer der anderen Berufe, die ebenfalls wegfallen, ist Tapetendesigner.
    Also endete auch diese Karriere, und in meinem nächsten Job baute ich in einem kleinen Nebengeschäft eines Bestatters in Nordfinchley Bilderrahmen zusammen. Wieder eine kurzlebige Sache. Ein, zwei Tage half ich bei einem Elektriker in einem Haus in Richmond aus, schob in gebeugter Haltung Kabel in Kabelkanäle. Und an einigen Samstagen verdiente ich ein paar Kröten auf dem Highgate-Friedhof, wo ich Grabstellen ausmaß und mit einer Schnur absteckte. Man lernt eine Menge über sich selbst, wenn man körperliche Arbeit verrichtet. Was ich über mich lernte: dass ich keine körperliche Arbeit mag.
    Übrigens liegt in diesen wenigen Stunden Gelegenheitsarbeit der Ursprung des Mythos, ich sei einmal Totengräber gewesen. Diese herrlich mysteriöse Hintergrundgeschichte gefiel mir ganz gut, und ich ließ sie im Umlauf. Doch auch das können wir aus den Akten streichen. Ich war genauso wenig Totengräber, wie Gordon Ramsay je für die Rangers spielte.
    Und so rutschte ich als Jugendlicher von einem kurzen, unbefriedigenden Job in den nächsten. Ich lebte immer noch bei meinen Eltern – die bald nicht mehr in der Archway Road 507 wohnten, sondern in einer Zweizimmerwohnung in derselben Straße über einem Süßwarenladen und Zeitschriftenkiosk mit einem Schild, auf dem »JR Stewart – Süßwaren« stand. Der Laden war seit scheinbar ewigen Zeiten von einer exzentrischen alten Dame geführt worden, die alle Zeitungen selbst austrug und mit in Stoff gewickelten Füßen durch die Straßen stapfte. Unter den Anwohnern war er berüchtigt wegen seiner Enge, des muffigen Geruchs und des einsamen Schokoriegels in verblichenem Einwickelpapier, der die Fensterdekoration darstellte. Als die alte Dame starb, übernahm mein Vater
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher