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ROD - Die Autobiografie

ROD - Die Autobiografie

Titel: ROD - Die Autobiografie
Autoren: Rod Stewart
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sollten »den Jungen verdammt noch mal nicht zu hart angehen«, verstärkte meine Unsicherheit nur noch.
    Und dann? Vierzehn Minuten auf dem Platz, trabe ich einfach so daher und versenke einen Volleyschuss aus 25 Metern in den Winkel, vorbei an den vergeblich gestreckten Fingern des Torwarts. Na gut – es war ein Abstauber aus vielleicht einem halben Meter, der gar nicht hätte danebengehen können. Egal, das sehr erwachsene Gebrüll meiner Mannschaftskameraden habe ich heute noch im Ohr, und dann verbreitet sich die Nachricht zum Nachbarfeld, wo meine Brüder spielen, und auch dort erhebt sich das Gebrüll der Erwachsenen: »Hey, Don, der Junge hat tatsächlich getroffen!« In dem Augenblick war ich stolzer als je zuvor – so stolz, dass ich den Treffer noch Wochen danach in meinem Kopfkino in einer Endlosschleife ablaufen ließ.
    Später spielte ich in einer Amateurmannschaft meines Alters, bei der U15 der Finchleys, in einem Trikot meiner Größe. Während dieser Zeit wurde ich von Brentford zur näheren Begutachtung einbestellt. Der FC Brentford hatte in den Dreißigern eine größere Rolle in der englischen Ersten Liga gespielt, aber als ich 1960 auf der Bildfläche erschien, befand sich der Club schon lange in einer Phase des mittelmäßigen Auf- und Absteigens zwischen Dritter und Vierter Liga. Trotzdem wurde über diese Ehre im Sportteil der Lokalzeitung, dem Finchley Express , berichtet. Mit der Last der Hoffnungen von ganz Finchley auf meinen ziemlich schmalen Schultern fuhr ich tief in den Londoner Westen.
    Das Probetraining fand an einem lauen Sommerabend auf dem Sportplatz von Brentford statt. Wir spielten fünf gegen fünf auf einem halben Spielfeld, und ein paar Typen in Trainingsanzügen beobachteten uns von der Seitenlinie aus. Wie ich mich geschlagen habe? Ich weiß es nicht mehr. Anscheinend waren sie nicht besonders beeindruckt, jedenfalls haben sie danach nie angerufen. Wieder einmal blieb das Telefon im Flur der Archway Road 507 stumm. Und so endete meine Karriere im Profifußball.
    Pech für Brentford. Was haben sie seitdem schon gewonnen?
    Mein Vater hätte sich gefreut, wäre die Sache anders ausgegangen. Schließlich war er selbst ein richtig guter Fußballer. Er hatte in London für die Vagabonds gespielt und während seines Kriegsdienstes für eine Mannschaft der Luftschutzwache. Zu Hause war er sanftmütig – er nahm mich in den Arm und kuschelte viel häufiger mit mir als Mum –, aber auf dem Platz war er kraftstrotzend, unerschrocken und zweikampfstark, ein echter Schotte eben. Einmal habe ich gesehen, wie er ein ganzes Spiel auf nassem Rasen in Straßenschuhen spielte: Er hatte seine Fußballschuhe nicht dabei, wollte die Mannschaft trotzdem nicht im Stich lassen.
    Und dann war da noch die berühmte Schlacht von Highgate Woods – eigentlich ein stinknormales Samstagvormittagsspiel für Highgate Redwing, doch dann brach auf dem Rasen das Chaos aus, und es wurde ein richtiges Gemetzel. Ich war damals acht Jahre alt, stand an der Seitenlinie auf dem großen schwarzen Sanitätskasten und schnitt Orangen. Als ich aufsah, fand ich mich plötzlich in einem fast mittelalterlichen Handgemenge wieder – alle, auch meine beiden Brüder, schlugen wie wild aufeinander ein. Ich rannte zu meinem Vater und klammerte mich vor Angst an sein Bein, während er sich gerade mit einem Typen anlegte. Als sich die beiden aus vollem Halse anbrüllten, begriff ich plötzlich, wie ernst meine Familie dieses Spiel nahm.
    Auf einem meiner Lieblingsfotos von mir und meinem Vater kicken wir 1974 auf einem viereckigen Rasenstück in Glasgow einen Ball herum, bevor wir uns das Länderspiel Schottland gegen England im Hampden-Park-Stadion ansehen. (Für alle, die später eingeschaltet haben: Endstand 2:0 für Schottland.) Er war damals neunundsechzig und trug einen Anzug, das hinderte ihn jedoch nicht daran, den Ball wie ein Zweiundzwanzigjähriger zu beherrschen.
    Für Dad stand Fußball ganz klar an erster Stelle oder zumindest so nahe an der ersten Stelle, wie das in einer langjährigen Ehe möglich war. Einmal warf meine Mutter seine Fußballschuhe ins Feuer, weil er Weihnachten im Krankenhaus verbrachte, nachdem er sich in einem Spiel ein Bein gebrochen hatte. Sie hatte ihn vorher gebeten, nicht zu spielen. Und am Morgen der Hochzeit meiner Schwester Peggy sahen mein Vater und meine Brüder keinen Grund, nicht zu dem für den Tag angesetzten Highgate-Redwing-Spiel zu gehen. Dummerweise war es ein Pokalspiel,
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