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Rockfords tödlicher Bluff

Rockfords tödlicher Bluff

Titel: Rockfords tödlicher Bluff
Autoren: Mike Jahn
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neben einen silbernen Continental und parkte seinen Wagen. Die Tür zum Kirkoff-Besitz war drei Meter hoch und bestand aus fünf Zentimeter dickem Eichenholz. Riesige schwarze Beschläge hielten sie an der Wand fest. Mehr als alles andere ließ diese Tür das Haus wie einen mittelalterlichen Adelssitz erscheinen. Mitten in der Tür war eine emaillierte Platte mit der Aufschrift »Vorsicht, bissiger Hund« angebracht. Rockford räusperte sich und klopfte; er erwartete, gleich vor den üblichen Dobermannpinscherzähnen zu stehen.
    Doch als sich die Tür öffnete, wurde Rockford nicht mit einer vierbeinigen Sturmtruppe konfrontiert, sondern mit zwei Anblicken: den irgendwie beleidigenden Gesichtszügen von Larry Kirkoff und dem lächerlichen Antlitz eines fremdartigen Hundes; jedenfalls vermutete Rockford, daß es ein Hund war. Er hatte ungefähr die Größe eines Bernhardiners, aber kürzere Beine und einen gedrungeneren Körper mit einer Brust wie ein Faß und langem, gewellten braunschwarzem Haar. Das Tier hatte das gleiche Gesicht wie ein Bernhardiner, nur dümmer. Alles in allem sah es aus wie ein leicht vergifteter Braunbär. Es setzte sich hin und starrte Rockford ruhig an.
    »Was, zum Teufel, ist das?« rief Rockford aus.
    »Das, Mr. Rockford, ist Tyrone.«
    »Was ist ein Tyrone?«
    »Tyrone ist ein Neufundländer«, erklärte Kirkoff herablassend.
    »Ein Neufundländer. Heißt das: ein Hund?«
    »Ein Hund. Das ist richtig«, bestätigte Kirkoff.
    »Was geschah mit dem Dobermann, den Sie hatten?«
    »Sie meinen Salvatore?« fragte Kirkoff. »Ich mußte ihn auf Anraten meines Anwalts loswerden. Er hat ein Kind gebissen.«
    »Er war ein böser, ungezogener Kerl«, bemerkte Rockford.
    »Sie meinen natürlich das Kind«, sagte Kirkoff. »Ja, da haben Sie recht. Immer steckte er seine grabschigen kleinen Hände durch den Zaun. Er hat es wirklich verdient. Trotzdem, mein Anwalt stimmte mir nicht zu.«
    »Mit Anwälten kommt man ohnehin schlecht aus«, bemerkte Rockford nebenbei.
    »In der Tat.«
    »Wie sind Sie an Tyrone gekommen?«
    »Er war der Hund meiner Mutter«, erklärte Kirkoff. »Und nach ihrem Tod fühlte ich mich verpflichtet, ihn zu halten.«
    »Ich nehme an, Sie machen sich nicht viel aus ihm.«
    »Ich kann ihn nicht ausstehen, Mr. Rockford, wenn Sie schon die Wahrheit wissen wollen.«
    »Was macht er?«
    »Er schläft. Er frißt«, erklärte Kirkoff gelassen. »Er beschmutzt den Rasen. Von diesen Dingen abgesehen tut er nichts. Er ist nicht nur kein Wachhund, er bellt auch nicht. Er ist vier Jahre alt, und er hat noch nie gebellt.«
    »Warten Sie, bis er fünf ist. Ich habe gehört, daß sie in diesem Alter anfangen aufzublühen.«
    »Nun ja«, sagte Kirkoff, »wollen Sie nicht hereinkommen?«
    »Kann ich einfach über ihn steigen?« fragte Rockford zögernd.
    »Wenn Sie hereinkommen wollen, werden Sie das schon müssen«, antwortete Kirkoff.
    Rockford gehorchte und stieg über den Hund, der sich mitten in ihrem Gespräch auf der Türschwelle niedergelassen hatte und eingeschlafen war. Er folgte dem jungen Mann ins Wohnzimmer, einen rustikal wirkenden Raum, dessen Steinwände von bleiverglasten Fenstern und primitiven Skulpturen unterbrochen wurden. Über dem Kamin befand sich ein großes, in öl gemaltes Porträt des verblichenen Charles Kirkoff, eines vornehmen Mannes von 55 Jahren. Er hatte das spartanische Aussehen eines Mannes, der ein Leben lang seinen Willen durchgesetzt hat. Zwei Arbeiter entfernten gerade das Ölgemälde von seinem angestammten Platz und ersetzten es durch den Kopf eines Nashorns.
    Das tote Tier, vom jüngeren Kirkoff während einer Expedition in Afrika erlegt, stieß Rockford ab, dessen jagdliche Gelüste sich auf das gelegentliche Fangen eines Fisches beschränkten. Es stieß ihn nicht nur ab, sondern es wirkte auch schrecklich fehl am Platz in diesem Raum. Ebenso wirkte Larry Kirkoff, der sich mit 25 Jahren das übertriebene Gebaren einer Autorität zugelegt hatte, die ihm niemand abkaufte.
    »Was haben Sie zu berichten?« fragte Kirkoff neugierig.
    »Sehr wenig«, gab Rockford zu. »Sie kommen für die Tat immer noch mehr in Frage als jeder andere. Ich verstehe jetzt, warum Sie angezeigt worden sind.«
    »Und ich verstehe jetzt, warum Sie für Ihre Meinung keine Gebühren erhalten«, sagte Kirkoff. »Sie ist nämlich nicht viel wert. Wenn der Staatsanwalt einen Fall hätte, hätte er mich vor Gericht gestellt, was er nicht getan hat, und die Cops würden weiter ermitteln,
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