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Robinas Stunde null

Robinas Stunde null

Titel: Robinas Stunde null
Autoren: Alexander Kröger
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konzentrierte sich
auf den Weg, verdrängte Frust und Grübeleien.
    Dann tauchte gespenstig wie ein Ungeheuer aus der Tiefe
eines Ozeans das Beiboot vor ihr auf, noch immer mit dem
Bug dorthin weisend, wo einst in der stationären Bahn die
REAKTOM stand. Und wie seit langem nicht, überfielen
Robina Wehmut und Trauer, und sie spürte Hilflosigkeit und
Ohnmacht, die ihr jede Fähigkeit nahmen, sinnvoll in die
Zukunft zu denken.
    Sie bewegte die beiden am Eselchen montierten
Scheinwerfer, ließ den Lichtfleck über die Ebene und die
schräge Kristallfläche gleiten, die Schrift darauf tanzte im
Wechselspiel zwischen Reflexen und Schatten.
    Von den Fremden zeigte sich nicht die geringste Spur.
Und da dämmerte in Robina die Erkenntnis:
,Sie mögen mich nicht, wollen keinen Kontakt. Sie sind
gekommen und werden helfen, vielleicht um einem
allgemeingültigen Axiom, Notleidende nicht im Stich zu
lassen, nachzukommen. Was hat der Erste gesagt: Vorzeitig hätten sie ihren Stützpunkt aufgesucht. Vorzeitig heißt aber, in
absehbarer Zeit hätten sie es ohnehin getan. Was aber wäre
gewesen, wenn dieser Vorsatz nicht existiert hätte?’ Und
Robina bezweifelte nach ihren Erfahrungen der letzten
Stunden ernsthaft, ob sie auch allein ihretwegen gekommen
wären.
„Sie mögen mich nicht“, sagte Robina laut. „Sie mögen die
Menschen nicht.“
Und da teilte der Roboter Robina das für sie
Niederschmetterndste mit: „Sie kommen von deiner Erde.“ –
    So sehr Robina auch in den nächsten Tagen den Roboter
bestürmte, flehte, drohte, ihr Näheres mitzuteilen, er
antwortete stereotyp, mehr wisse er nicht, und ohnehin sei er
sich unsicher, ob er dieses von ihm Aufgeschnappte hätte
Robina zutragen dürfen.
    Robina brauchte lange, um mit dieser ungeheuren Nachricht
fertig zu werden. An ihrer Richtigkeit zweifelte sie keinen
Augenblick. Birne habe auf dem Zentralcomputer des
Mutterschiffes eindeutig die Kursaufzeichnung erkennen
können, als man seine Speicher auf die Beeinflussung durch
die Erdenbewohnerin kontrollierte. Natürlich, so erklärte er,
stände es ihm nicht zu, nachzufragen, und gewiss hätte man
ihm jede Auskunft verweigert, ihn womöglich wegen des
Verdachts zu kollaborieren annulliert. Man würde da nicht
lange fackeln, schließlich gäbe es nun von seiner Sorte
genügend; die meisten seien beschäftigungslos.
    Robina wurde nun klar, weshalb die Fremdlinge ihren
Informationen über die Menschheit so wenig Interesse
entgegen brachten. Wenn sie auf der Erde waren, hatten sie
über diese mehr Kenntnisse, als eine Robina Crux jemals zu
vermitteln in der Lage wäre.
    Mit Unverständnis und Wut dachte Robina an das Gespräch
mit dem Ersten. ,Weshalb hat er diesen für mich so wichtigen
Fakt verschwiegen? Wie hat sich der Kontakt vollzogen, was
ist geschehen?’ Und enttäuscht fühlte Robina sich auch. Ihre
Genugtuung und Freude, der erste Mensch zu sein, der auf eine
andere Zivilisation traf, zerstiebten. ,Dieser Erste weiß, was
sich in den letzten Jahrzehnten auf der Erde zugetragen hat.
Kann er sich nicht denken, dieser Stockfisch, dass mich das
brennend interessiert? Und wenn der treue Birne nicht… Ich
hätte jetzt von dieser Begegnung nichts erfahren! Na, wartet!’
    Spontan und voller Frust schwang sich Robina auf ihr
Fahrzeug und lenkte es Richtung Kuppel, da sie annahm, dass
sich die Besucher dorthin zurückgezogen haben würden.
    Obwohl das gestiftete Vehikel ihr mit seinen Scheinwerfern
weiter auf den Fersen blieb, musste sie sich nun stärker auf den
Weg konzentrieren. Doch nicht das war es, was ihren
Entschluss, den Ersten zur Rede zu stellen, immer mehr
bröckeln ließ. Sie würde den Birne, ihren treuen Gefährten,
bloßstellen, sich womöglich um seine Gesellschaft, seine
Dienste bringen. Und sie wusste, in Zukunft würde sie mehr
denn je auf ihn angewiesen sein. Dennoch, wenigstens
zwingen wollte sie diesen Ersten, mit ihr zu reden, ohne ihr
Wissen preis zu geben.
    Der Bequemlichkeit und herrschenden Finsternis wegen
entschloss sich Robina, über den Eingang in den Bau
einzusteigen, der direkt auf die Ebene mündete.
    Sie benötigte mehr als eine Stunde, um den Zugang zu
finden, was ihr während der Lichtpulsationen beinahe
schlafwandlerisch gelang. Die Schatten und die Reflexionen
der Sterne an den spiegelnden Kristallflächen narrten.
    Und dann weitere Enttäuschung und Wut: Der riesige
Pyritwürfel, der die leichtgängige Schwingtür bildete, rührte
sich nicht von der Stelle. Robina sprang
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