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Robina Krux

Robina Krux

Titel: Robina Krux
Autoren: Alexander Kröger
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eingefallen.
    Er erwiderte: „Ich grüße dich!“
    ‘Er äfft mich nach, begreift nicht, was er sagt. Wenn schon’, dachte sie.
    Sie verließ ihren Sitz, ohne den Verstärker zurückzunehmen, ging zwei, drei Schritte auf die Maschine zu, verneigte sich, obwohl sie sich etwas albern dabei vorkam, und sagte dann, indem sie sich auf die Brust klopfte: „Robina.“ Und sie trat noch einen Schritt näher, bis sie das unüberwindbare Abwehrfeld spürte.
    Ohne zu zögern, wiederholte er: „Robina.“
    Und obgleich nichts gewonnen schien und er ihre Absicht offenkundig nicht verstanden hatte, versagten Robinas Knie fast den Dienst. In der Kehle stieg ein verdächtiges Würgen empor, und die Augen wurden heiß. Nach langen, langen Monaten, nach lastender, verzweiflungsvoller Einsamkeit hatte jemand „Robina“ gesagt.
    Robina überfiel nach einem Augenblick der Rührung unbändige Freude. Sie wiederholte „Robina“ in allen Schattierungen, als Ruf, als Mahnung, als Aufforderung, in veränderten Tonlagen, kurz und langgezogen, und jedes Mal lauschte sie verzückt, wenn er ihr nachartikulierte. Und er tat es, empfand sie, immer besser, als lege er das Heisere nach und nach ab. Und dann flüsterte sie „Robina“, und wie von selbst verfiel sie in den Ton, in dem Boris den Namen immer geflüstert hatte, wenn sie allein und sich ganz nah waren. Und dann flüsterte sie „Robi“, wie Frank es getan hatte. Und sie berauschte sich an dem Echo, und es weckte Bilder.
    Robina schloss die Augen, flüsterte ihren Namen. Und dann überwältigten sie Erinnerungen und Sehnen, Verzweiflung und Freude. Sie wankte die drei Schritte vor, warf sich auf den Metallleib, umschlang ihn, presste ihr Gesicht an die Innenseite des Helms. Ihr Körper zuckte und wand sich in einer wilden, unbeherrschten Umarmung.
    Nur langsam beruhigte sie sich. Allmählich spürte sie die Härte des Panzers unter sich, das Verkrampfte ihrer Gliedmaßen, ihre verdrehte Körperhaltung.
    Und noch zögernder begann ihr Bewusstsein zu arbeiten. Ihr wurde es heiß und kalt über so viel Törichtes, Unbeherrschtes, und so etwas wie Scham bekroch sie.
    Aber plötzlich, als sie noch immer bewegungslos über den Birne gebreitet lag, durchjagte sie wie ein Blitz die Erkenntnis, die alle anderen Empfindungen löschte: ‘Er hat sein Abwehrfeld in dem Augenblick abgeschaltet, in dem ich mich auf ihn stürzte. Warum?’
    Robina löste langsam ihre Umklammerung und glitt vom Körper des Roboters herunter.
    Als sie von ihm ließ, wurde sie von sanfter Gewalt erfasst und sacht auf Distanz geschoben.
    ‘Da ist es also wieder’, dachte sie verwirrt. ‘Weshalb aber vorhin nicht? Ein Versehen?
    Unsinn! Er hat meinen Zustand erkannt und geschlussfolgert, dass ich ihm darin nicht gefährlich werden konnte. Kein Zweifel, eine andere Erklärung gibt es nicht. Das würde bedeuten, er nimmt meine Empfindungen besser auf, als ich je zu hoffen wagte.’
    Spontan verwarf Robina ihr Programm, das sie sich so mühevoll erarbeitet hatte. Sie löste den Notizer vom Gürtel, zeichnete darauf eine Figur und hielt sie so, dass der Birne sie wahrnehmen musste. Und sie zeichnete und sagte mit Nachdruck „Dreieck“ und sendete gleichzeitig die Aufforderung: „Du hast jetzt zu handeln, du bist am Zuge!“
    „Dreieck“, kam es zurück. Robina löschte die Figur so, dass er den Vorgang beobachten konnte, zeichnete sie erneut auf und sagte wieder: „Dreieck.“
    „Dreieck“, echote es.
    Robina wiederholte mit steigender Spannung den gesamten Vorgang. Als sie „Dreieck“ zu sagen begann, klang es synchron: „Dreieck.“
    Robinas Herz klopfte bis zum Halse. Hatte sie sich verhört? Sie zwang sich daher in aller Ruhe, ihre Tafel erneut zu bemalen.
    Noch ehe sie die dritte Seite der Figur gezogen hatte, sagte der Roboter: „Dreieck“.

Epilog
     
    Hätten irdische Raumfahrer jenen vagabundierenden Himmelskörper betreten und wäre ihre Überraschung über sein selbsttätiges Leuchten und die Pracht seiner Kristalle dem forschenden Alltag gewichen, hätten sie sich vom Schock der Entdeckung einer mit irdischer Schrift bedeckten Wand erholt, ihre Verwunderung über jenen ausgedehnten Garten, der sich am Ufer eines erstarrten Sees vor dem Eingang zu einer Grotte erstreckte, hätte gewiss noch lange Zeit angehalten.
    Ähnlich wäre es wohl auch anderen vernunftbegabten Wesen ergangen, vorausgesetzt, sie besäßen die biologischen und physiologischen Kontaktfähigkeiten. Sicher wären ihnen
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