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Robina Krux

Robina Krux

Titel: Robina Krux
Autoren: Alexander Kröger
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würde sie entscheidende Phasen des Aufblühens, der Samenbildung verpassen, Unwiederbringliches also, denn kein Blütenstand, kein Stängel und kein Blatt ist mit dem benachbarten, dem vorangegangenen, dem kommenden, vergleichbar. Und jetzt, da Robins das Wunder der Entfaltung erlebte, hatte sie das Gefühl, viel zu versäumen.
    Sie versorgte ihr Gärtchen, verstaute nur zögernd Werkzeuge und schwang sich dann, nach einem bedauerndem Blick auf die Blüten und einem zärtlichen Streicheln der Blätter, aus der Kabine.
    In der Kuppel zerschnitt sie rigoros das Kabel, dachte dabei zum ersten Mal daran, wie lange wohl der Ersatz noch reichen würde, kroch in die Spirale und richtete sich auf längeres Warten ein.
    Ihre Geduld wurde auf keine harte Probe gestellt. Bereits nach einer halben Stunde kam der Birne, führte stereotyp seine Reparatur aus und verschwand wieder, ohne der umwickelten Robina die geringste Aufmerksamkeit zu schenken, was sie veranlasste, ihm ein kräftiges „Stoffel“ hinterher zu rufen.
    Aber dieses eine Wort, über Funk ausgestrahlt, hatte eine unglaubliche Wirkung. Offenbar hatte der Roboter seine Sensoren für Bioströme und mittlerweile auch seine Erfahrungswerte mit diesem merkwürdigen Wesen Robina Crux äußerst geschärft.
    Er fuhr herum und stieß dabei – was Robina im höchsten Grade verwunderte – mit Kopf und Hinterteil an die Türfüllung. So etwas dürfte einer derartigen Maschine nicht passieren. Und Robina schloss daraus, dass der arme Kerl wahrscheinlich ein wenig durcheinander geraten war, was sie allerdings weniger mit Bedauern als mit Genugtuung erfüllte.
    Dann stand er und starrte sie an, sodass ihr wieder unheimlich zumute wurde; seine Augen flimmerten beträchtlich. Langsam schob er sich, rückwärts schwebend, zur Tür hinaus.
    Trotz der Beklemmung, die sie kurz zuvor noch verspürt hatte, lachte Robina jetzt lauthals. Sie freute sich, dass bereits ein Wort von ihr genügte, um den Birne aus der Fassung zu bringen. „Und noch dazu ein so schönes Wort“, sagte sie laut.
    In aller Ruhe und jetzt wirklich mit einem Gefühl der Überlegenheit oder zumindest der Zuversicht baute Robina ihre Verstärkeranlage in der Nähe der Tür auf, ging daran, das Kabel abermals zu zersägen, und überdachte ihr Vorhaben. Denn das nächste Mal sollte er nicht ungeschoren davonkommen, nahm sie sich vor. Dann kroch sie in die Spirale.
    Noch bevor er mit der Montage begann, streifte Robina die Spirale ab, schaltete auf volle Intensität und sendete: „Es ist alles in Ordnung, eine Reparatur ist nicht notwendig.“
    Wieder stand er und starrte sie an, wieder baute er das Antifeld auf, und abermals rang es Robina nieder.
    Dann herrschte Gleichgewicht.
    „Das Spielchen lässt sich beliebig wiederholen. Es kommt nichts dabei heraus…“, sagte Robina beinahe verzweifelt. Und sie wusste, er würde den längeren Atem haben.
    Zu Robinas grenzenloser Überraschung setzte er die Zeichen des Fortschrittes. Er sagte heiser, aber mit ausreichender Deutlichkeit: „Strolch!“ Und Augenblicke später: „Es kommt nichts dabei heraus.“
    Das Erste, was Robina einfiel, war jene Fahrt irgendwann an einem schönen Sommertag mit Boris und – wie hießen sie? – Ann und Egy, Freunden von ihm. Dieser Egy hatte einen Oldtimer, ein Auto, wie sie es nannten, aufgebaut, das unter entsetzlichem Krach nur auf befestigten Wegen fahren konnte.
    Erst hatte Robina Bedenken gehabt, dieses merkwürdige Vehikel zu besteigen. Als man ihr aber sagte, was es für eine Mühe gekostet habe, vom Territorialrat die Genehmigung zu bekommen, für einige Stunden diesen Umweltverschmutzer betreiben zu dürfen, und dass es gewiss lustig werde, gab sie nach. Dann fuhren sie offenen Verdecks wie weiland 1990 und sangen gegen den Wind und den Radau des Motors.
    Es wurde in der Tat ein schöner Ausflug. Nur hinterher brachten sie alle vier vor Heiserkeit kaum ein Wort mehr hervor.
    ‘Und so muss meine Stimme geklungen haben’, dachte Robina. ‘Es ist meine Stimme, mit der er spricht, kein Zweifel – nur eben heiser’. Als sich Robina von ihrer heftigen Überraschung erholt hatte, begann sie außerhalb des Programms Unsicherheit zu senden.
    Er verstand! Der Roboter wiederholte die Worte, ließ jedoch „Strolch“ weg.
    Robina bemühte sich, ihre Bewegung zu unterdrücken. Sie strengte sich vielmehr an, Neutralität zu senden, Gleichmäßigkeit, und sie sagte: „Ich grüße dich!“ In der Erregung war ihr nichts Besseres
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