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Ritualmord

Titel: Ritualmord
Autoren: Mo Hayder
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gelungen, wenn er nicht gestört worden wäre. Er hatte die Brust des Jungen mit Handtüchern umwickelt, um das austretende Blut aufzufangen, und auch welche unter sein Gesäß geschoben, vielleicht für den Fall, dass sein Darm sich dabei entleerte.
    »Er ist es.« Unter dem Tisch, in ihrer seltsamen Position, hatte Flea den Messbecher in der Blutpfütze entdeckt. »Er ist es«, murmelte sie, und langsam hob sie den Blick zur Unterseite der Tischplatte. »Stimmt's? Es ist Jonah.«
    Cafferys Blick wanderte hinüber zu der Videokamera auf dem Stativ, die schräg nach unten auf die Leiche gerichtet war. Die rote Aufnahmeleuchte blinkte. Er ist tot, sagte er sich und zwang sich, den Rest des Raums in Augenschein zu nehmen und über das Grauen auf dem Tisch hinauszusehen. Du kannst einen Scheißdreck tun. Du kennst ihn nicht. Du musst Prioritäten setzen. Vergiss Jonah, und finde das Schwein, das es getan hat.
    Flea grunzte und krabbelte wie ein Hund unter dem Tisch hervor. »O mein Gott, o mein Gott«, stammelte sie, als sie den Toten sah. »Fuck ...« Beim Aufstehen glitschte sie durch das Blut; krampfhaft streckte sie die Hände aus und starrte den Leichnam an.
    »Sschhh.« Caffery versuchte herauszufinden, woher das Geräusch gekommen war. » Seien Sie still.«
    Er ging zu dem Sofa, legte eine Hand auf die Lehne, beugte sich hinüber und sah sofort, was er suchte. Auch hier war ein Loch in die Wand geschlagen; es reichte bis in Hüfthöhe hinauf 
    Er zog das Sofa zurück und lauschte in das Loch, aber hinter ihm redete Flea mit sich selbst und keuchte laut.
    »Pst!«, flüsterte er. »Verdammt, Sie müssen still sein!« Das Loch war vielleicht mit einer Flex in die Wand geschnitten worden oder mit einer Metallsäge. Mattes blaues Licht - Tageslicht? - schimmerte auf dem Boden. »Seien Sie still. Das ist es!«
    Als sie nicht antwortete, drehte er sich um. Sie stand breitbeinig am Tisch, hatte Jonahs Kopf zurückgezogen und ihre Hände auf seiner Brust verschränkt. Sie drückte rhythmisch auf seinen Brustkorb, und jede Kompression ließ ein zaghaftes Blutrinnsal aus seinem Hals quellen.
    »Herrgott! Hören Sie auf damit!«
    Aber sie pumpte immer weiter.
    »Hey!« Er kam vom Sofa herüber und packte sie am Arm. »Er ist tot. Hören Sie auf, verdammt.«
    Sie erstarrte, aber ihre Hände blieben auf Jonahs Brust. Sie wirkte grau im Gesicht, und ihre Pupillen waren geweitet.
    »Vergessen Sie nicht, was wir hier machen«, knurrte er. »Vergessen Sie das nicht.«
    »Was denn?« Ihr Mund bewegte sich nur langsam.
    »Verflucht noch mal. Bleiben Sie bei mir, Sergeant Marley.« Er bohrte die Finger in ihren Arm. »Bleiben Sie bei mir. Wir müssen weiter.«
    Ihr Blick wanderte zum Sofa und zu dem Loch dahinter und kehrte dann zu der Leiche zurück. Er wollte sie gerade packen und schütteln, als etwas in ihrem Gesicht sich veränderte. Sie zog die Stirn in Falten und schien sich zusammenzureißen.
    »Ja«, sagte sie und wischte sich die blutigen Hände an der Weste ab. Dann beugte sie sich vor, legte beide Hände auf die Oberschenkel und atmete schnell durch den Mund ein und aus. »Ja, alles okay. Gehen wir los.«
    Caffery hob die CS-Dose vor sein Gesicht, packte das Messer 
    mit der anderen Hand und schlüpfte geduckt in das Loch. Dahinter lag ein kleiner Durchgang, der an einem ähnlichen Loch endete. Hier war eine Gitterpforte hineingeschweißt, wie sie sie schon einmal gesehen hatte, aber sie stand offen.
    Er bewegte sich in der Hocke darauf zu, während die Hand mit dem Messer bei jedem zweiten Schritt über den Boden streifte. Einen Moment war er allein - Flea hielt sich noch in dem anderen Raum auf und bemühte sich um Fassung -, aber bevor er das Ende des Durchgangs erreichte, hatte sie ihn eingeholt. Er spürte ihren Atem hinter sich. Aus irgendeinem Grund fiel ihm etwas ein, das er in dem Infomaterial von der Met gelesen hatte: dass der Tokoloshe sich unsichtbar machen konnte, indem er einen Kieselstein in den Mund nahm. Unwillkürlich sah er sich um und vergewisserte sich, dass es wirklich Flea war, die ihm folgte. Sie war es. Ihre Augen glänzten, und ihr kleines Gesicht wirkte ernst und entschlossen.
    Vor dem Loch am anderen Ende machten sie geduckt halt und lauschten wieder. Dahinter atmete jemand, heftig und panisch.
    »Einen Dreihundertsechzig-Grad-Schwenk«, flüsterte sie.
    »Was?«
    »Wir machen einen Dreihundertsechzig-Grad-Schwenk. Durch den ganzen Raum.«
    Er bestätigte, drehte sich in der Hocke leicht
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