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Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt - Schartz, S: Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt

Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt - Schartz, S: Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt

Titel: Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt - Schartz, S: Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt
Autoren: Susan Schartz
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Prolog
    Es beginnt
    Dafydd erwachte, als etwas seine Wange streifte. Er hielt den Atem an und verharrte still.
    Ein Blatt
, dachte der Elfenprinz.
Ich bin sicher, es war ein Blatt. Flüchtiger als die zarte Hand einer Frau, jedoch raukantig und leise raschelnd. Ein Blatt, wie ich es erst einmal erlebte, als der Zorn meines Vaters den Herbst über mich brachte. Damals war ich noch ein Kind

    Dafydd schüttelte den Schlaf endgültig ab und schlug die Augen auf. Das Entsetzen traf ihn unvorbereitet, wie ein heimtückischer Schwerthieb durch den Rücken ins Herz.
    Der Baum starb.
    Seine Rinde war rissig und braun, die stolze Krone stellenweise kahl. Überall rieselten welke, vertrocknete Blätter herab, sammelten sich zwischen den Wurzeln in raschelnden Haufen.
    Dafydds veilchenfarbene Augen füllten sich mit Tränen, sein Gesicht verzerrte sich vor Schmerz. Er
fühlte
das qualvolle Sterben des Baumes, als wäre es sein eigener Tod. Furcht ergriff ihn, denn nichts konnte auf
diese
Weise in der Anderswelt sterben – nichts starb, indem es einfach verging.
    Die Welt der Elfen war keinen Jahreszeiten unterworfen, keinem Wechsel zwischen Frühlingserwachen und Froststarre. Es gab keine Zeit, nur den Verlauf von Tagen und das Heranwachsen der Kinder.
    Ein Baum konnte sterben, wenn man ihn mit der Axt fällte oder er verbrannt wurde. Fiel aber nur ein einziges Samenkorn von ihm in weiche Erde, wuchs rasch ein neuer Stamm empor, mindestens genauso stolz und stark. Auch Elfen starben in ruhmreicher Schlacht, doch trug der Graue Nebel die Gefallenen fort nach Annuyn, in das Reich der Schatten jenseits des Grenzflusses. Manch ein Edler und Mächtiger durfte sogar zurückkehren ins Sonnenreich, wenn er drei Aufgaben des Grauen Mannes, des Herrschers von Annuyn, bewältigte.
    Doch nichts
verging
einfach. Nichts, was erwachsen war, veränderte sich nachhaltig, weder im Reich der Sidhe Crain, in Dafydds Heimat, noch anderswo im Elfenreich.
    »Es ist unmöglich«, flüsterte der Prinz. Er achtete nicht darauf, dass Tränen über seine Wangen rannen. Halb blind vor Kummer, starrte er in den leeren Himmel über sich, der nur von fahlem Licht erhellt wurde. Die Sonne war hinter dichten Schleiern verschwunden.
    Und das Land ringsum … Das Gras war braun und verdorrt, die Büsche standen kahl, die Bäche führten kein Wasser mehr.
    Dafydd ertrug es nicht mehr. Er verließ die geflochtene hängende Baummatte, seinen behaglichen Ruheplatz hoch oben im Wipfel, sprang auf den darunter liegenden knorrigen Ast und lief leichtfüßig zur Hängebrücke. Diese führte zu einer Plattform, die behutsam an dem mächtigen, viele Armlängen dicken Stamm angepasst und befestigt war. Von dort ging es hinunter zu den ausladenden, fast selbst wie Bäume so starken »Mittel-Ästen«, die das Dach des mehrstöckigen, fast bis zum Boden reichenden Baumschlosses bildeten. In geduldiger Arbeit waren Äste und Zweige auf gewaltigen Plattformen zu Wänden verbunden worden, kunstvoll verziert mit Strohblumen, süß duftenden Orchideen und glitzernden Juwelen. Die zarten Blüten waren ebenfalls braun und welk, nur die edlen Kristalle funkelten unverändert in kaltem Glanz.
    Voll düsterer Vorahnung stürmte Dafydd ins Baumschloss. Was, wenn er der Letzte wäre, der noch lebte? Wenn die ganze Sippe längst verschwunden war, dahingerafft von einem grausamen Zauber, der den Prinzen nur deswegen verschonte, weil der heimtückische Angreifer ihn übersehen hatte?
    Die Angst schnürte ihm die Kehle zu. Dafydd wollte nach Rhiannon rufen, seiner Schwester, aber kein Laut drang über seine trockenen Lippen.
    Kurz darauf fand er sie auf der Liege in ihrem einst lichten, duftenden Blütengemach, bleich und mit geschlossenen Augen. Mit klopfendem Herzen kniete sich Dafydd neben die Liege und legte eine Hand an Rhiannons Hals.
    Fast schluchzend stieß er einen erleichterten Seufzer aus. Rhiannons Haut war warm, und sie atmete. »Wach auf!«, flüsterte er. »Schwester, komm zu dir, etwas Furchtbares ist geschehen.«
    Weitere Blätter fielen, bis Rhiannon sich gefasst hatte. Ihr zartes Gesicht war überschattet von Kummer. Schließlich sagte sie leise: »Wir müssen unseren Vater wecken.«
    Dafydd nickte, aber sein Gesicht war wächsern. »Das sollten wir, aber ich wage es nicht«, murmelte er. »Du weißt, wie er ist …«
    Die Prinzessin schluckte. »
Ich
werde es tun.«
    Dafydd bewunderte die Schwester für ihren Mut und begleitete sie zum Gemach des Vaters. Der
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