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Ritter-Geist

Titel: Ritter-Geist
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stöberte die schwerste Kette auf, die sie noch tragen konnte, schüttelte ihr die Knochen aus dem Leib und zerrte sie hinaus in den Obsthain. Das Grabe n ungeheuer bekam einen gewaltigen Schreck, als sie sie über die Zugbrücke schleppte, denn das Geräusch auf den hölzernen Pla n ken war sehr laut.
    Keuchend vor Anstrengung brachte sie Jordan, der inzwischen etwas rundlicher geworden war, die Kette. »Damit muß du ra s seln!« sagte sie zu ihm.
    Verdutzt gehorchte er. Er nahm die Kette und schüttelte sie. Das rasselnde Geräusch erschütterte den Hain, so daß die Bäume ihre Blätter abwandten.
    Einen Augenblick später war auch in der Ferne ein Antwortra s seln zu hören. »Pook!« rief Jordan überrascht und erfreut zugleich. »Dieses Geräusch erkenne ich doch überall!«
    Tatsächlich war es das Gespensterpferd, das ewig zu leben ve r mochte, solange es seine Ketten trug und nicht umgebracht wurde. Pook kam herangaloppiert, stieß ein erstauntes Wiehern aus, als er Jordan erblickte, und warf ihn mit stürmischer Begrüßung beinahe zu Boden. »Ja, ich bin wieder lebendig!« sagte Jordan. »Hast du mich vermißt?«
    Pook zuckte die Schultern. Dann wandte er sich ab und wiehe r te. Er erhielt eine Antwort, wiederum ein Wiehern, und kurz da r auf kam Peek herbeigetrabt; hinter ihr ein kleines Fohlen mit s ü ßen kleinen Ketten.
    »Schätze, du hast dir schon die Zeit vertrieben«, bemerkte Jo r dan. »Aber vierhundert Jahre – wann hat der Storch denn bloß dieses Fohlen abgeliefert?«
    »Oooh, wie süß!« rief Ivy, von dem kleinen Gespensterpferd fa s ziniert. Das Gefühl schien ganz auf Gegenseitigkeit zu beruhen.
    »Na ja, solche Sachen brauchen schließlich ihre Zeit«, meinte Jordan schließlich. »Wenn man ein Gespenst ist… damit habe ich ja selbst einige Erfahrung. Möglicherweise ist dieses Fohlen schon hundert Jahre alt.« Und Pook nickte.
    »Ich werde dich Puck nennen«, sagte Ivy zu dem Gespenste r fohlen und tätschelte seine süße kleine Mähne.
    Jordan überprüfte Pooks Ketten. Er entdeckte die zerfetzten Überreste des Zauberbeutels. Den riß er heraus, worauf zwei u n benutzte weiße Zauber zu Boden fielen: ein Schild und ein Stein. »Einer davon muß der Wiederbelebungszauber sein«, rief er. »Und der andere…« Er überlegte eine Weile. »Der Ungeheuervertre i bungszauber.«
    »Aber welcher ist welcher?« wollte Ivy wissen.
    »Wir müssen sie eben beide ausprobieren. Aber zunächst einmal müssen wir Renees Knochen wiederfinden.«
    »Nein«, wandte Renee zaghaft ein. »Ich habe es wirklich nicht verdient…«
    »Entweder vereinigst du dich mit mir im Leben, oder ich verein i ge mich wieder mit dir im Tod.« Und Jordans Barbarenkiefer war so fest angespannt, daß es offensichtlich war, daß er auch meinte, was er sagte.
    »Du verstehst nicht«, widersprach Renee. »Lebendig würde ich dir nicht gefallen. Ich habe nicht vor, jemals wieder lebendig zu werden.«
    »Nun, ich hatte auch nicht vor, vierhundert Jahre lang tot zu sein«, konterte Jordan. »Daran war nur Threnodias grausame Lüge schuld. Verdammt soll sie sein auf alle Zeiten! Aber jetzt bin ich froh, daß ich gestorben bin, denn auf diese Weise bin ich dir b e gegnet. Ich liebe dich; entweder werde ich mit dir leben oder mit dir sterben.«
    »Komm schon, Renee«, sagte Ivy drängend. Sie liebte gute Li e besgeschichten, auch wenn die Sache Aspekte hatte, die sie bisher noch nicht zu ergründen vermochte. »Nun sei nicht scheu. Ich weiß, daß mein Vater euch auf Schloß Roogna einen Platz…«
    »Nein! Niemals!« schrie das Gespenst.
    »Aber du bist doch schließlich schon seit Jahrhunderten hier!«
    »Das ist etwas anderes. Gespenster zählen nicht. Wenn ich l e bendig wäre, könnte ich niemals hierbleiben«, protestierte Renee und rang ihre durchsichtigen Hände.
    »Dann können wir auch woanders leben«, meinte Jordan. »Wo immer du willst. Hauptsache, wir sind zusammen. Das willst du doch, nicht wahr?«
    »O ja! Aber…!«
    »Dann ist die Sache abgemacht«, sagte Ivy entschieden. »Zeig uns deine Knochen.«
    Zögernd führte Renee sie an einen anderen Ort, wieder unter e i nen Baum. Stanley erschnüffelte die Knochen und grub sie aus. Es waren sehr gut gestaltete Knochen. Offensichtlich war Renee ei n mal eine schöne Frau gewesen, folglich konnte ihr Aussehen nicht der Grund dafür sein, daß sie sich nur zögernd wiederbeleben la s sen wollte. Ivy wußte einfach, daß die beiden, Jordan und Renee, ein wunderschönes
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