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Ritter des dunklen Rufes

Titel: Ritter des dunklen Rufes
Autoren: David Gemmell
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dich schlossen, habe ich vieles gesehen. Ich sah, wie ein sterbender Hirsch wieder gesund gemacht wurde – und jung. Das ist allerhöchste Macht. Hast du über all das nachgedacht, was du mit dieser Macht tun kannst?«
    »Ich werde diese Macht nicht für dich benutzen, Dunkler.«
    »Nicht für mich, du Narr! Für ihn«, sagte Samildanach und deutete auf Elodan, der in der Lichtung unter ihm kniete. »Denk darüber nach.«
    Er trat einen Schritt zurück und verschwand. Lange Zeit saß Lámfhada da und grübelte über die Worte des Roten Ritters nach. Warum sollte ihm etwas daran liegen, Elodan zu helfen? Was konnte er dabei gewinnen? Lámfhada schloss die Augen und suchte die Farben, stieg rasch zum Gold empor, schwebte über dem Wald und sank dann herab, um hinter dem knienden Ritter anzuhalten. Er hob die Hände und konzentrierte seinen Willen darauf, alle Macht des Goldes in ihnen brennen zu lassen, dann schleuderte er sie Elodan in den Rücken. Der Ritter erstarrte und stöhnte auf. Lámfhada spürte, wie sich die Hitze aus seinen Händen im Körper des anderen ausbreitete. Plötzlich bog Elodan sich zurück, sein rechter Arm hob sich, und er begann, an der Ledermanschette zu zerren, die den Stumpf bedeckte. Er riss sie herunter. Die Haut des Stumpfes war rosa und blau unterlaufen, sie vertrocknete und schrumpfte. Elodan schrie auf, dann verlor er das Bewusstsein und sank zu Boden. Immer noch ließ Lámfhada seine Energie in den Ritter strömen, und der Stumpf schwoll an wie ein Ballon, verflachte sich zu einer Handfläche, von der neue Gelenke sprossen, aus denen Finger wuchsen. Schließlich zog Lámfhada sich zurück, und Elodan rührte sich und kam wieder auf die Knie. Er starrte auf seine neue rechte Hand und berührte sie prüfend mit den Fingern der Linken.
    »Das ist ein Traum«, flüsterte er. »Bei allen Göttern im Himmel, das ist nur ein Traum!«
    Lámfhada kehrte in seinen Körper zurück und stand erschöpft auf, als die Sonne über den Bergen aufging. Er ging zu Elodan und fand den Rittern auf Knien, aus vollem Herzen weinend.
     
    Lámfhada suchte Gwydion im Krankenbereich hinter den Kampflinien auf. Der alte Mann ruhte sich auf einem Hügel aus und betrachtete die Sterne. Lámfhada setzte sich neben ihn und erzählte ihm alles, was seit dem Erscheinen des feindlichen Ritters Samildanach geschehen war. Gwydion legte seine Hand auf die Schulter des Jungen. »Und das hat dich überrascht?« fragte er.
    »Ja, natürlich. Der Mann ist böse.«
    »Ja«, gab Gwydion zu, »er ist böse. Und was sagt dir das?«
    »Ich weiß nicht, Gwydion. Deswegen bin ich zu dir gekommen. Steckt dahinter ein verborgener, listenreicher Plan? War es falsch von mir, das zu tun, was er wollte, und Elodans Hand wiederherzustellen?«
    Der alte Mann schwieg einen Moment und starrte einen weit entfernten Stern an. Er strich sich den weißen Bart und deutete dann auf einen Wolf, der sich auf einem anderen Hügel im Mondlicht abzeichnete. »Ist er böse?« fragte er.
    »Der Wolf? Nein. Er ist ein Tier, er tötet, um zu leben.«
    »Und was macht einen Mann böse?«
    »Seine Taten«, antwortete Lámfhada. »Grausamkeit, Lust, Gier – all diese Dinge zeigen, was im Herzen eines Mannes vor sich geht. Samildanach ist ein Mörder und ein Seelentrinker. Seine Taten machen ihn zu einem furchtbaren Wesen.«
    »Alles, was du sagst, ist richtig«, pflichtete Gwydion ihm bei. »Und bist du böse?«
    »Ich glaube nicht. Ich versuche nur, uns gegen sie zu verteidigen.«
    »Aber bist du böser Taten fähig? Hast du nicht einmal gesagt, als Ruad erschlagen worden war, dass du wünschtest, du könntest ein Schwert so führen, um jeden einzelnen Mann des Königs zu töten?«
    »Alle Menschen sind des Bösen fähig, Gwydion. Wir alle haben Wünsche, denen wir widerstehen müssen.«
    »Und genau das ist der Punkt, mein Junge«, erklärte Gwydion. »Ich habe mit Manannan über seine Reise zu den Vyre gesprochen. Man hat ihm ein Getränk namens Ambria gegeben. Selbst in den wenigen Tagen, die er dort war, hat das Getränk seine Wirkung entfaltet. Es beeinträchtigt und zerstört die Wahrnehmung eines Menschen für das, was richtig und falsch ist. Soweit ich es verstehe, stärkt es das Gefühl für das Selbst. Was Genuss bringt, ist richtig, was begehrt wird, ist notwendig. Kannst du das verstehen? Es ist beinahe auch Manannan geschehen – und er konnte es nicht erkennen, bis Morrigan ihn rettete. Aber täusche dich nicht, Lámfhada. Hätte Morrigan
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