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Ritter des dunklen Rufes

Titel: Ritter des dunklen Rufes
Autoren: David Gemmell
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bekannt.
    Darin lag Wahrheit, aber das Problem musste er zunächst verschieben. Er bezahlte den Wirt und kehrte mit einem Sack voller Vorräte zum Stall zurück. Hyam war nicht mehr da, aber Hyams jüngster Sohn sattelte Ruads Stute. Der Junge hatte scharfe Augen und lächelte Ruad strahlend an.
    »Du solltest ein neues Pferd kaufen«, erklärte der Bursche. »Die hier ist ausgelaugt.«
    Ruad stieg auf und lächelte auf ihn hinunter. »Dieses Tier hat dein Vater mir vor zwei Monaten verkauft und bei der Seele seiner Söhne geschworen, dass es ewig laufen würde.«
    »Ja, ja«, erwiderte der Junge, »Vater ist auch nicht mehr so jung, wie er mal war. Aber ich habe hier einen Wallach, der von Buesecus abstammt, und selbst ein Mann deiner Größe könnte ihn den ganzen Tag reiten, ohne auch nur einen Schweißtropfen auf ihm zu finden.«
    »Zeig ihn mir«, sagte Ruad und folgte dem Jungen in die Koppel. Der schwarze Wallach war fast siebzehn Handbreit hoch, hatte einen starken Rücken und gute Beine.
    Ruad glitt aus dem Sattel. »Stimmt das?« fragte er das Pferd, »Dass Buesecus dein Vater war?«
    Der Wallach schüttelte den Kopf. »Nein«, antwortete er. »Der Junge ist genauso ein Lügner wie sein Vater.«
    Der Bursche wich mit weit aufgerissenen Augen zurück.
    Ruad schüttelte den Kopf. »Und dabei siehst du so unschuldig aus.«
    »Seid Ihr ein Zauberer?« wisperte der Junge.
    »Das bin ich allerdings. Und du hast mich beleidigt«, antwortete Ruad und fixierte den Knaben mit finsterem Blick.
    »Es tut mir leid, Herr. Wirklich. Bitte verzeiht mir.«
    Ruad wandte sich ab und bestieg wieder seine Stute. »Dein Vater ist vielleicht alt, mein Junge, aber er war nie dumm.« Er drückte der Stute die Fersen in die Flanken und hielt auf die Berge zu. Der Bursche war leichtgläubig und verdiente es, hinters Licht geführt zu werden. Selbst als Kind hätte Hyam den Unterschied zwischen Magie und einem simplen Trick sofort erkannt.
    Alle Geheimnisse werden bekannt.
    Er beruhigte sich und griff nach den Farben. Es dauerte eine Zeit, bis er das Weiß gefunden hatte, und seine Ängste schwanden. Auf dem Kamm eines Hügels drehte er sich im Sattel um und warf einen Blick zurück auf Mactha. Die Sonne ging hinter den Bergen unter, so dass die Stadt in rotes Licht getaucht war.
    Ruad schauderte, und bevor er sich dagegen wappnen konnte, erschütterte ihn eine Vision. Acht Ritter in roter Rüstung, mit geisterhaft bleichen Gesichtern, die Augen blutgefüllt, ritten mit dunklen Schwertern in den Händen über den Himmel.
    Mit großer Mühe riss sich Ruad von der Vision los. Er wischte sich den Schweiß vom Gesicht und trieb die Stute zu einem Galopp an.

2
     
    Die sechs Soldaten lagen tot am Boden neben der Kutsche, die beiden Frauen standen nebeneinander den Angreifern gegenüber. Grunzer wartete, seine Männer hinter sich, und betrachtete die Frauen anerkennend.
    Dass sie Schwestern waren, war ebenso offensichtlich wie die Tatsache, dass sie aus einem Patrizierhaus stammten. Die größere der beiden, gekleidet in einen weiten Rock aus grüner Seide und eine hochgeschlossene, weiße Bluse, hielt ein kurzes Schwert, das sie rasch aufgehoben hatte. Die andere stand neben ihr, ihre großen, grauen Augen verrieten keinerlei Zeichen von Furcht. Beide waren schön. Das Mädchen mit dem Kurzschwert hatte kurzes, lockiges Haar, dunkel und glänzend wie ein Biberfell. Ihre Schwester trug das rabenschwarze Haar lang, so dass es ihr lockig über die Schultern herabfiel. Sie trug ein fließendes Gewand aus dunkelgrauer Seide, das in der Taille von einem goldverzierten Gürtel zusammengehalten wurde.
    Grunzer spürte, wie Erregung ihn durchflutete. Er hatte noch nie Schwestern genossen – und diese hier würden kämpfen, kratzen und schlagen. Er schluckte schwer. Welche von beiden zuerst? Die große Stolze oder die kleinere Wohlgerundete mit den hochmütigen, grauen Augen?
    Einer seiner Männer sprang nach vorn, und das Schwert der größeren Frau holte sofort in einem wütenden Rückhandschlag aus. Im letzten Moment warf der Mann sich zur Seite, so dass die Klinge nur sein braunes Lederwams aufschlitzte. Er kroch auf allen vieren unter dem Gelächter seiner Kameraden rückwärts. Ja, dachte Grunzer, die Schwertkämpferin soll die erste sein.
    Er hörte das Getrappel eines trabenden Pferdes näher kommen und fuhr herum. Er erblickte einen Reiter, der in die Senke kam. Es handelte sich um einen großen Mann auf einem großen Pferd, und obwohl er
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