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Risotto Mit Otto

Titel: Risotto Mit Otto
Autoren: Angela Troni
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bei nichts erwischen! Baci Vale«, las ich.
    »Okay, werd mich dran halten«, simste ich grinsend zurück. Dann wandte ich mich an Beate. »Gibst du mir bitte noch deine Telefonnummer? Dann kann ich sie gleich einspeichern. Ich würde mich wirklich freuen, wenn wir uns bald mal bei dir oder auf einen Cocktail in der Stadt treffen könnten.«
    »Na klar«, meinte sie nur. »Du kriegst von mir eine Eins-a-Stadtführung inklusive Kneipentour. Keine Sorge, München ist echt nicht schlecht. Ein bisschen teuer für Studenten, aber wenn man die richtigen Ecken kennt, dann macht’s großen Spaß hier. Im Sommer fühlt man sich glatt wie im Urlaub, alles findet draußen statt, in den Biergärten und Cafés, und es gibt so viele tolle Open-Air-Veranstaltungen, dass man gar nicht weiß, wo man zuerst hingehen soll. Du musst unbedingt mal mitkommen zum Sommertheater in den Englischen Garten, das ist total klasse.«
    Ihre Begeisterung war ansteckend, und ich hatte auf einmal ein richtig gutes Gefühl. Der Zug hatte inzwischen angehalten, und Beate half mir mit meinem Gepäck, bis ich sämtliche Koffer, Taschen, Tüten und Fresspakete sicher auf meine beiden Arme verteilt hatte. Wir umarmten uns zum Abschied, und das gute Gefühl verfestigte sich. Wenn bloß jeder zehnte Mensch in diesem München auch nur annähernd so nett war wie meine Reisebegleiterin, dann konnte gar nichts schiefgehen.
    »Ciao«, rief sie mir noch mal über die Schulter zu, da war sie auch schon in der Menge verschwunden.
    Ich lief einfach mit dem Strom der anderen Reisenden mit, die zielstrebig auf die große Ankunftshalle zusteuerten. Staunend blickte ich mich auf dem breiten, extrem sauberen Bahnsteig um. Hier lag ja nicht mal ein Kaugummipapier oder eine Zigarettenkippe herum, alles wirkte wie aus dem Bilderbuch. Und erst die vielen Bäckereien, Kioske, Supermärkte und anderen Läden, die ich am Ende des Bahnsteigs in der großen Halle des Kopfbahnhofs erspähte. Haben die den Bahnhof aus Versehen in eine Shoppingmall reingebaut?, fragte ich mich. In Bologna an der stazione centrale gab es eine Bar, einen Zeitungskiosk und die Schalterhalle, mehr nicht. Während ich darüber nachdachte, wieso die Menschen in Deutschland auf die Idee kamen, auf einem Bahnhof shoppen zu gehen – ich konnte mir nichts Uncooleres vorstellen –, wäre ich fast über den Trolley eines älteren Herrn gestolpert, der in gemächlichem Tempo vor mir herging.
    Apropos älterer Herr: Ich begann, nach meinem Herbergsvater Ausschau zu halten, und reckte den Hals, um über die Köpfe der vor mir laufenden Menschen hinweg etwas zu erkennen. Am Ende des Bahnsteigs stand nur leider kein älterer Herr, sondern lediglich ein Mann mit seiner Tochter und einem Strauß roter Rosen in der Hand, zwei Frauen in gelben T-Shirts mit dem Aufdruck »Die Bonner Mädels auf Tour« und ein alles andere als vertrauenerweckend wirkender junger Typ mit einem braunen Karton in der Hand. Als ich näher kam und erkannte, was darauf stand, sog ich die Luft scharf ein.
    »Mamma mia!« , flüsterte ich nur, während mir der Schreck in alle Glieder fuhr. »Das soll Signor Colluti sein? Nie im Leben.«
    Etwa zehn Meter vor mir stand ein großer, durchtrainierter Mann Anfang dreißig, der aussah wie ein Mafioso aus dem Bilderbuch: lange, mit Gel zurückgekämmte Haare, beigefarbener, vermutlich maßgeschneiderter Anzug und eine verspiegelte Sonnenbrille auf der Nase. Auf dem Karton in seiner Hand stand in krakeliger Schrift: »Signorina Angela Troni«. Das musste ein Missverständnis sein, immerhin hatte mir babbo extra ein Foto von Signor Colluti gezeigt, damit ich ihn auch ja erkannte. Und die beiden passten nicht zusammen. Definitiv nicht.
    Wieso war der alte Herr nicht selbst zum Bahnhof gekommen? War er etwa krank? Dann hätte er doch meine Eltern benachrichtigen müssen. Wer war dieser Typ? Das alles erschien mir reichlich merkwürdig. Und irgendwie auch furchteinflößend.
    Reflexartig rieb ich mir über die Augen. Doch, doch, ich hatte die Kontaktlinsen drin. Ganz sicher. Und ich hatte ausnahmsweise auch nicht die linke mit der rechten Linse verwechselt, was hin und wieder vorkommt und mir ein wenig die Sicht vernebelt, da ich nicht auf beiden Augen gleich schlecht sehe. Die Sachlage war eindeutig: Entweder Signor Colluti hatte eine Verjüngungskur mit angegliederter Blitzkarriere bei der Mafia hinter sich, oder hier war etwas gehörig schiefgelaufen.
    Da hatte ich vierundzwanzig lange Jahre mitten in
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