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Risotto Mit Otto

Titel: Risotto Mit Otto
Autoren: Angela Troni
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Italien gelebt, ohne ein einziges Mal mit einem Angehörigen dieses gemeingefährlichen Vereins auch nur entfernt in Berührung zu kommen, und jetzt so was. Kaum betrat ich deutschen Boden, wartete die Mafia auf mich. Ich schluckte.
    Inzwischen war ich ihm aufgefallen, vermutlich weil ich mit meinem gesamten Gepäck, das mich umgab wie die Ausläufer des Indus, mitten im Weg stehen geblieben war und wie gebannt in seine Richtung starrte. Meine Schultern schmerzten fürchterlich, und ich spürte förmlich die Striemen, wo mir die Tragegurte eben noch in die Haut geschnitten hatten. Mamma hatte mir noch gesagt, ich solle den Rucksack nehmen, aber das war mir zu uncool gewesen. Das hatte ich nun davon, doch das war momentan nun wahrlich nicht meine größte Sorge.
    Mit hochgezogener linker Augenbraue wandte sich der unheimliche Geselle mir zu und versuchte, mit mir Blickkontakt aufzunehmen, was mit der verspiegelten Sonnenbrille nicht ganz leicht war. Dennoch spürte ich instinktiv, dass er mich meinte, daher wandte ich mich schnell ab und tat, als wäre ich ganz furchtbar mit meinem Gepäck beschäftigt.
    »He, was ist?«, fragte mein Gewissen. »Willst du etwa an ihm vorbeilaufen?«
    »Genau das ist der Plan. Sieh dir den Typen doch mal an!«, erwiderte ich und legte, ohne noch mal nach links und rechts zu schauen, einen gehörigen Zahn zu. Ich konnte unmöglich mit diesem Typen mitgehen. Mit einem waschechten Mafioso. Außerdem kannte ich den Kerl gar nicht. Wenn mein Vater davon erfuhr, würde er mit Anlauf in den Punto springen und nach München rasen – diesmal sogar über die Autobahn und ohne jede Rücksicht auf Geschwindigkeitsbegrenzungen. Und wenn es ein paar hundert Euro Maut kostete.
    Ich überlegte kurz, ob ich meine Eltern anrufen sollte, allerdings war es gerade mal eine Minute nach halb sieben, und wenn babbo eines hasst, dann früh aufzustehen. Was ich übrigens von ihm geerbt habe. Als Buchhalter in einer Agentur für Sportwetten muss er erst um halb zehn im Büro sein, weshalb er so gut wie nie vor acht Uhr aufsteht und mamma die morgendliche Erstversorgung der Familie überlässt. Außer in Notfällen. Das hier ist ein Notfall, überlegte ich und versuchte, im Laufen mein Handy aus meiner Mandarina-Duck-Handtasche zu ziehen. Schon mehr als einmal hatte ich mich über diesen kapitalen Fehlkauf geärgert, denn die Tasche war zwar todschick, aber auch total unpraktisch, da sie mit einem Reißverschluss und einem Druckknopf zu verschließen war und die breite Lasche jedes Mal in den viel zu kurzen Henkeln hängenblieb. Egal, das Teil war sündhaft teuer und machte was her.
    Während ich versuchte, die vielen Tüten am Handgelenk des Armes, mit dem ich den Rollkoffer hinter mir herzog, zu bändigen, rutschte mir die riesige Umhängetasche von der Schulter und verhedderte sich prompt mit der Handtasche. Hastig griff ich danach, damit ich nicht ins Stolpern geriet. Dabei segelte mein Handy, das ich inzwischen erfolgreich herausgeangelt hatte, in hohem Bogen durch die Ankunftshalle des Münchner Hauptbahnhofs und landete direkt vor einer schwarzen Schuhspitze. Einer blankpolierten schwarzen Schuhspitze, die zu dem finsteren Mafioso gehörte, der noch immer das Schild mit meinem Namen festhielt. Mein Blick wanderte von der Schuhspitze hinauf zu der Hand, die ein dicker goldener Siegelring zierte. Keine Frage, der Kerl war echt.
    Ich erstarrte zur Salzsäule und wagte es kaum, ihn anzusehen. Während ich reglos vor ihm stand, bückte er sich, hob mein wie durch ein Wunder heil gebliebenes Telefon auf und streckte es mir mit einem viel zu breiten Lächeln entgegen.
    » Grazie e scusami .«
    Vor Schock über die peinliche Nummer, die ich da gerade vollführt hatte, vergaß ich völlig, dass ich in Deutschland war, und redete Italienisch. Entschuldigt hatte ich mich auch noch. Wofür eigentlich? Dafür, dass ich zu dämlich war, mein Handy aus der Tasche zu holen?
    »Sie sprechen Italienisch?«, fragte er und musterte mich, als wäre ich Freiwild.
    Nichts wie weg hier, dachte ich, und noch ehe er die Frage wiederholen konnte, riss ich ihm das Telefon aus der Hand und rauschte davon.
    Nur: Ich kam nicht weit. Keine drei Meter ging mein Fluchtversuch gut, dann landete ich mit der Nase an der Schulter eines eher kleinen, extrem schlanken jungen Mannes, der einfach nur unverschämt gut roch. Leider verzog sich sein durchaus attraktives Gesicht gerade zu einer genervten Fratze.
    »Können Sie denn nicht
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