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Riskante Liebe

Riskante Liebe

Titel: Riskante Liebe
Autoren: Cara Enders
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bestimmte, dass wir ab sofort gemeinsam jagen sollten. Aber sowohl Arelea als auch ich waren lieber allein, trennten uns oft im Wald, jagten in völlig verschiedenen Gebieten, genossen unsere Unabhängigkeit und trafen erst abends am Waldrand wieder aufeinander, um unsere Beute gemeinsam ins Dorf zu schaffen.
    Vier Mondzyklen später setzte mich Seratta als ihre Nachfolgerin und Hauptjägerin ein. Arelea war von einem Streifzug tagelang nicht ins Dorf zurückgekehrt. Ein Suchtrupp, den ich anführte, hatte ihre sterblichen Überreste neben einem riesigen toten Luchs im Wald entdeckt. Aus dem aufgewühlten Boden rings um die Leichen und ihrem Zustand schloss ich, dass sich das Tier von einem Baum herab auf Arelea gestürzt hatte und sie, obwohl sie ihm tödliche Verletzungen beibrachte, ebenfalls so schwer verwundete, dass sie an ihrem Blutverlust gestorben war. Normalerweise handelte es sich bei diesen Wildkatzen um sehr scheue Tiere, von denen meist nur ihre Spuren zu sehen waren. Sie mieden die Menschen. Aber dieser Luchs hatte gelblichen Schaum vor seinem im Tod halbgeöffneten Maul gehabt. Man sah seine Rippen durch das zerzauste, glanzlose Fell hindurch. Er war also krank und unberechenbar gewesen.
    Seratta verfügte, dass alle Jägerinnen ab sofort nur noch gemeinsam in den Wald gehen durften. Außer mir gab es noch drei andere Frauen, die jagten. Aber sie erlegten nur Kleinwild wie Hamster, Beutelratten oder Kaninchen mit ihren Schleudern. Mit Pfeil und Bogen konnten sie nicht umgehen und keine von ihnen besaß die nötige Geschicklichkeit, Fährten aufzuspüren, sich anzuschleichen und größere Tiere wie Rehe oder Hirsche zu erlegen. Aus irgendeinem Grund mochten sie mich nicht – vermutlich wurden sie von Neid zerfressen – und redeten und lachten hinter meinem Rücken über mich. Nachdem sie mir mit ihrem ständigen Geschnatter mehrfach meine anvisierte Beute vertrieben hatten, bat ich um ein Gespräch mit Seratta und erklärte, ich wolle künftig lieber alleine jagen. Sie willigte nicht sofort ein, wies auf Areleas Schicksal hin. Aber da ich, trotzdem wir nun zu viert jagten, nicht mehr die großen Fleischmengen brachte, die wir benötigten, ließ sie sich doch überreden.
    Bald nach meinen ersten erfolgreichen Tagesjagdausflügen , als ich abends immer noch bei Sonnenuntergang ins Dorf zurückkehren musste, hatte ich Seratta erklärt, dass gerade in der Dämmerung und auch nachts viele Tiere unterwegs seien, die ich tagsüber nicht erwischen konnte. Und dass ich, wenn ich mehrere Tage und Abende hintereinander jagen durfte, noch wesentlich mehr Nahrung und Felle für die Menschen im Dorf heranschaffen könnte. Da es nach wie vor an guten Jägerinnen mangelte – nur wenige besaßen den Mut, sich außer Sichtweite der Hütten zu begeben, geschweige denn, sich im undurchdringlichen, gefährlichen Wald aufzuhalten – hatte sie mir die Erlaubnis erteilt, die Nacht draußen verbringen zu dürfen. Wohl in der Hoffnung, ich bekäme es mit der Angst zu tun und würde in Zukunft abends freiwillig wieder zurückkommen.
    A ber sofort an meinem ersten Abend in der freien Natur war mir der Himmel wohlgesonnen und es gelang mir, gleich zwei Rehe zu erlegen. Glücklich über meine kostbare Freiheit und die ganze Nacht, die ich heute allein draußen unter freiem Himmel verbringen durfte, war ich in der Dämmerung zu dem großen Waldsee gelaufen, den ich bei meinen ausgedehnten Streifzügen entdeckt hatte, und setzte mich an die Uferböschung. Ich genoss die Stille und war fasziniert von den verschiedenfarbigen Blautönen der einsetzenden Dämmerung. Das Wasser lag wie ein dunkler Spiegel mitten zwischen den hohen Bäumen und war rings um das morastige Ufer mit Felsen, wilden Blumen und Kräutern gesäumt. Und ganz plötzlich waren die beiden Rehe zum Trinken aus dem Unterholz hervorgetreten.
    Kurz hatte ich gezögert, die beiden anmutigen Tiere zu töten. Prüfend hoben sie die Köpfe mit den großen, dunklen Augen, stellten die Ohren und schnupperten. Da die abendliche Brise in meine Richtung wehte, konnten sie mich nicht wittern, näherten sich dem Wasser und tranken arglos. Ich kam mir hinterhältig vor. Aber mit dieser Beute würde ich Seratta beweisen können, dass sie mich öfter über Nacht im Wald bleiben ließ. Und so betäubte ich die beiden Tiere mit zwei rasch hintereinander abgeschossenen Steinen aus meiner Schleuder und tötete sie mit einem gezielten Stich meines Steinmessers ins Herz. Dann schleppte
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