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Ripley Under Water

Ripley Under Water

Titel: Ripley Under Water
Autoren: Patricia Highsmith
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schildert sie Begegnun-gen mit den Schriftstellerkollegen William Trevor, Margaret Atwood und Cees Nooteboom (den sie für einen Dänen hält). Im Sommer 1987 und abermals im Sommer darauf läßt sich die Kettenraucherin die Lunge röntgen, beide Male mit beruhigendem Ergebnis. Seit Frühjahr 1987 steht außerdem fest: Patricia Highsmith wird innerhalb der Schweiz von Aurigeno nach Tegna umziehen, wo auf einem gut zweitausend Quadratmeter großen Gelände ihr neues Haus entstehen soll.
    Vorfreude, gar Enthusiasmus sucht man im Tagebuch allerdings vergeblich. Vielleicht ist es als Erfolg zu verbuchen, daß sie gutbezahlte Artikel für Vogue und das New York Times Magazine sowie schlechtbezahlte Rezensionen für das Times Literary Supplement schreibt, doch noch immer kann sie nicht blind auf ihre Reputation vertrauen. Die Londoner Sunday Times etwa lehnt ein dreizehnseitiges Stück über Tanger ab, das die Autorin auf zwei Seiten herunterstreicht und an Le Monde verkauft. In einem längeren Eintrag vom 28.   Februar 1988 berichtet Patricia Highsmith von ihren häuslichen Arbeiten, die da heißen: Papiere ordnen, Keller aufräumen, Feuerholz spalten. Um dieser und anderer äußerer Verpflichtungen willen, die nichts mit ihrem Schreiben zu tun haben, fordert sie sich auf: »Ich muß mich aus diesem (geistig) trägen Zustand herausreißen.« Aber wie? Fast alle Wegzeichen deuten bergab, nur auf ihre unweinerliche Lakonie ist Verlaß. Als sie von beginnender Arthritis in ihrem rechten Daumen geplagt wird, kommentiert sie: »Gut zu wissen, daß meine linke Hand noch taugt.«
    Etwa zur selben Zeit, als sie die ersten konkreten Überlegungen zu einem neuen Ripley-Roman anstellt, notiert Patricia Highsmith einen Satz, dessen Bedeutung und Gewicht sie seit mehr als vierzig Jahren kennt: »Ich habe oft das Gefühl, meine Zeit nicht ›auf die beste Art‹ zu nutzen.« (Tagebuch vom 10.   März 1988) Ihr bäuerliches Arbeitsethos, auf das sie sich ein Leben lang verlassen konnte, sitzt ihr auch diesmal im Nacken, doch in einer von häuslicher Organisation, Reisen, Ablenkungen und schließlich vom Umzug durchlöcherten Lebensetappe kann sich die Schriftstellerin gegen verschwendete Zeit und verlorene Tage nicht auflehnen. Zwischendurch entstehen die Bemerkungen zu ihrem fünften Ripley-Roman, mit langen Abständen und in verschiedenen Büchern, dem diary (Nummer 17) sowie den notebooks (Nummern 36 und 37).
    Dem diary verdanken wir vier kurze Logbuch-Eintragungen, die Beginn und Ende der Arbeit präzise festhalten. »Am 13.   Dezember [1988]«, so heißt es dort, »zog ich nach Tegna. […] Ich denke über das fünfte Ripley-Buch nach. Bis ich nicht ein neues Buch anpacke, werde ich nicht zufrieden sein.« (30.   Januar 1989) Vier Monate später heißt es: »Habe Ripley-Buch angefangen und 4   Seiten (17   Uhr).« (28.   Mai 1989) Sieben weitere Monate später: »Ich versuche, zum Ripley-Buch zurückzufinden, habe jetzt 59   Seiten. Ich bin mir der Handlung nicht sicher, und sie muß von allein kommen.« (24.   Dezember 1989) Und gut fünf Monate darauf: »Am 27.   Mai habe ich die erste Fassung von ›Ripley Under Water‹ abgeschlossen. Ich hatte das Buch am 28.   Mai des Vorjahres angefangen und bin wahrlich oft herausgerissen worden! Aber Weihnachten und Ostern waren dieses Jahr für die Arbeit hervorragend.« (9.   Juni 1990)
    Der zunächst erwogene Romantitel Ripley Touches Madness, der erstmals am 1.   Januar 1988 im Notizbuch auftaucht, wird am 27.   März desselben Jahres wiederaufgenommen. In einer zehnzeiligen Eintragung zählt Patricia Highsmith einige Gespenster auf, die ihren Helden heimsuchen sollen. Zum Kabinett des Schreckens gehört jede Form des Sadismus (Ketten, Peitschen), dazu Tierquälerei sowie Gewalt gegen die eigene Ehefrau. Ohne weitere Begründung stellt die Schriftstellerin, die sich seit Beginn ihrer Karriere von Zwillingsfiguren, Doppelgängern und allen Schattierungen des Dualismus angezogen fühlt, zwei Reiche einander gegenüber: hier des Menschen kriegerische Aggressivität, die ihre Lust aus den niedrigsten Motiven bezieht, dort die Schönheit von Musik, Malerei und Architektur. Sie sieht darin »ein dramatisches Gleichgewicht«.
    Es ist aber noch mehr. Nämlich die unsichtbare Waage, auf der die Gewichte ihres Gesamtwerks ruhen. Der selten so explizit geäußerte Gedanke begleitet das Schreiben der Autorin ja von Anfang an, es kommt nur darauf an, ihn zu entdecken. Warum sonst
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